Bewegung in den Bausteinen des Lebens

Die 28 Doktoranden aus unterschiedlichen Fachbereichen haben wichtige Erkenntnisse über Proteine, die Arbeitstiere der Zellen, gewonnen und wollen sie renommierten Experten vorstellen, darunter Sir John E. Walker, Nobelpreisträger für Chemie 1997.

„In den vergangenen drei Jahren hat die Fülle der Forschungsergebnisse, gewonnen durch eine intensive Zusammenarbeit unter den Graduierten, unsere Erwartungen übertroffen“, sagt Prof. Dr. Milton T. Stubbs, Sprecher des Graduiertenkollegs, das sich seiner Ansicht nach zu einem „Vorzeigeprojekt für eine strukturierte Doktorandenausbildung“ entwickelt hat. Verschiedene Arbeitsgruppen aus den MLU-Instituten für Biochemie/Biotechnologie, Biologie, Chemie, Pharmazie und Physik sowie der halleschen Max-Planck-Forschungsstelle „Enzymologie der Proteinfaltung“ sind in enger inhaltlicher und methodischer Kooperation der Frage nachgegangen, wie die strukturelle Flexibilität von Biomakromolekülen (z. B. Proteinen) ihre direkten Wechselwirkungen untereinander und damit den zellulären Informations- und Energiefluss bestimmt.

Der offizielle Titel des Graduiertenkollegs 1026 lautet „Conformational Transitions in Macromolecular Interactions“. Im Mittelpunkt der Forschung stehen dabei Proteine. „Sie sind die entscheidenden molekularen Informationsträger in biologischen Systemen, sie sind die Arbeitstiere der Zellen“, erläutert Professor Stubbs. „Ihre Funktionen sind eng verbunden mit ihrer Struktur, zudem arbeiten sie natürlich nicht in der Isolation, das heißt ihre Funktion kann sich je nach Umgebung und Zeitpunkt ändern. Diese Problematik von Raum und Zeit gehen wir an.“

Erste Ergebnisse dieser Grundlagenforschung liegen vor und werden vom 28. Februar bis 1. März 2008 bei einer internationalen Konferenz in Halle präsentiert. Erwartet werden ausgewiesene Experten wie Sir John E. Walker von der University of Cambridge (Nobelpreisträger für Chemie 1997), Professor Nobutaka Hirokawa von der University of Tokyo (Eduard-Buchner-Preisträger 2005) und Professor Michael G. Rossmann von der Purdue University in West Lafayette/USA (Träger des Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstaedter-Preises 2001).

„Das wird eine gute Gelegenheit für uns sein, ein Feedback zu bekommen und auch Anregungen für Methoden, die sich vielleicht für unsere Arbeit noch nutzen ließen“, sagt Christian Löw. Der 28-Jährige ist nach eigenen Worten „dem Faltungsrätsel auf der Spur“ und promoviert derzeit bei Prof. Dr. Jochen Balbach, Leiter der Fachgruppe für Biophysik an der Martin-Luther-Universität. „Bevor Proteine ihre biochemische Arbeit aufnehmen, bauen sie sich selbst zusammen, sie 'falten' sich“, erläutert der Nachwuchswissenschaftler. „Dieser Prozess ist immer noch ein großes Geheimnis. Bekannt ist aber, dass es schwerwiegende Auswirkungen hat, wenn sich Proteine nicht richtig falten. Dadurch entstehen viele bekannte Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson.“

Der Forschergruppe um Professor Balbach sei es nun gelungen, den Faltungsmechanismus der weit verbreiteten sogenannten Ankyrin Repeat Proteine aufzuklären. „Besonders interessant sind dabei die Zwischenstufen“, sagt Christian Löw. „Es gibt offenbar ein allgemeines Prinzip bei der Faltung dieser Proteine. Daran kann man bei weiterer Forschung anknüpfen.“

Um komplexe Prozesse in Zellen geht es auch in der Promotionsarbeit von Christiane Harnisch unter der Leitung von PD Dr. Dirk Ostareck. Am Beispiel der Reifung roter Blutzellen untersucht die 28-Jährige, wie die spezifische Umsetzung der genetischen Information zur Differenzierung eines hoch spezialisierten Zelltyps führt. „Es geht unter anderem um die Identifizierung der Faktoren, die während der Reifung von roten Blutzellen den richtigen Zeitpunkt für die Synthese eines bestimmten Eiweißmoleküls, der r15-LOX, bestimmen. Die zeitlich begrenzte Funktion dieses Proteins ist für die Entstehung funktionstüchtiger roter Blutzellen essentiell. Die Aufklärung des molekularen Prozesses trägt dazu bei zu verstehen, wie die Umsetzung der genetischen Information zellspezifisch reguliert wird.“ Es handele sich um reine Grundlagenforschung, sagt Christiane Harnisch. „Schließlich muss man Prozesse, in die man später medizinisch eingreifen möchte, erst einmal verstehen.“ Aus der Arbeit der jungen hallischen Forscherin lassen sich Erkenntnisse ableiten, die später für medizinische Therapien nutzbar sein könnten.

Professor Milton T. Stubbs jedenfalls freut sich über die bisherigen Ergebnisse im Graduiertenkolleg. „Der Austausch untereinander hat einen echten Mehrwert gebracht. Erste Publikationen in Fachzeitschriften gibt es bereits, weitere werden im Jahresverlauf folgen.“ Bis Mitte 2009 wird das Graduiertenkolleg zunächst gefördert. Im Oktober dieses Jahres werden Stubbs und seine Kollegen bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft einen Fortsetzungsantrag stellen.

Konferenz:
Zeit: 28.02.2008 (13 Uhr) bis 01.03.2008 (12:30 Uhr)
Ort: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Audimax, Universitätsplatz 1, 06099 Halle
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Milton T. Stubbs
Tel.: 0345 55 24901
E-Mail: milton.stubbs@biochemtech.uni-halle.de
Christiane Harnisch
Tel.: 0345 55 24949
E-Mail: charnisch@biochemtech.uni-halle.de
Christian Löw
Tel.: 0345 55 25062
E-Mail: christian.loew@physik.uni-halle.de

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Carsten Heckmann idw

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