Analytica Conference 2010 – Fortschritte in der Medizin durch analytische Chemie

Wenn man all die Moleküle und ihre Reaktionsabläufe gezielter analysieren kann, kann man fehlerhafte Abläufe auf molekularer Ebene besser beeinflussen als mit Medikamenten, die nach konventionellen Methoden entwickelt werden.

Neuentwicklungen in der analytischen Chemie erschließen in der Medizin und in anderen Disziplinen riesige neue Forschungsfelder, weswegen die Analytica Conference alle zwei Jahre von führenden Wissenschaftlern aus der Chemie, Biochemie, Molekularbiologie, Klinischen Chemie und Laboratoriumsmedizin besucht wird.

In diesem Jahr laden die Veranstalter der Conference, die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), die Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (GBM) und die Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL), vom 23. bis 25. März nach München ein. Die größte Analytiker-Konferenz Europas ist verbunden mit der Analytica, der weltgrößten Fachmesse für Analytik und Labortechnik, veranstaltet von der Messe München, die ihre Pforten bis 26. März geöffnet hat.

Professor Dr. Joachim Thiery, Direktor des Instituts für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik der Universität Leipzig und Dekan der Medizinischen Fakultät, ist einer der Protagonisten der personalisierten Medizin, von der man sich gezieltere Behandlungsmöglichkeiten von Krankheiten verspricht. Thiery hält am 25. März einen Plenarvortrag auf der Analytica Conference. An seinem Leipziger Institut werden hochmoderne spektroskopische und molekulare Methoden angewandt, um Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Tumorerkrankungen besser diagnostizieren und behandeln zu können.

Die Forschungsarbeiten dienen aber auch der Untersuchung von Stoffwechselerkrankungen (vor allem bei Neugeborenen) und deren Prävention. Ziel eines großen Leipziger Medizinprojekts „LIFE“ ist die Aufklärung der Variabilität von Volkskrankheiten, das durch die EU und den Freistaat mit 38 Mio. Euro gefördert wird.

Weitere Schwerpunkte analytischer Untersuchungen molekularer Mechanismen und biochemischen sowie zellbiologischen Arbeitens sind die Aufklärung der genetischen Ursachen von Atherosklerose und Fettstoffwechselstörungen sowie der biologischen Wirkung von Hormonen des Fettgewebes. Wie beeinflussen die Hormone die Entstehung von Diabetes mellitus, Bluthochdruck und anderer Erkrankungen? Diese und viele andere Fragen lassen sich nach wie vor nur beantworten, wenn auch Tierexperimente und klinische Studien am Menschen durchgeführt werden.

Ebenfalls am 25. März findet anlässlich der Analytica Conference die Verleihung des Bunsen-Kirchhoff-Preises statt, mit dem der Deutsche Arbeitskreis für Angewandte Spektroskopie (DASp), ein Arbeitskreis in der Fachgruppe Analytische Chemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker, in diesem Jahr Professor Dr. Janina Kneipp auszeichnet. Der mit 2.500 Euro dotierte Preis soll jüngere Wissenschaftler auszeichnen, die auf neuen Anwendungsgebieten der Spektroskopie arbeiten, zu denen die Spektroskopie im Nanobereich und die Spektroskopie an Biomolekülen zählen. Das trifft auf die Arbeiten von Frau Kneipp zu, die als studierte Biologin und Physikerin z.Zt. Juniorprofessorin für Optische Spektroskopie/Prozessanalytik am Institut für Chemie der Berliner Humboldt-Universität und Arbeitsgruppenleiterin an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin-Adlershof ist.

Gewürdigt werden ihre Arbeiten, basierend auf der oberflächenverstärkten Raman-Spektroskopie (SERS), zur Untersuchung mikrostrukturierter Materialien und komplexer biologischer Systeme in lebenden Zellen mit neuartigen Sensoren und Markern. Frau Kneipp konnte darüber hinaus zeigen, dass auch medizinisch weiterführende Informationen über Struktur und reaktives Verhalten komplexer Moleküle durch Kombination von SERS mit der Methode der Hyper-Raman-Streuung erhalten werden können. Bereits während ihrer Promotion hatte sich Frau Kneipp mit der Charakterisierung und Identifizierung von Prionen-Krankheiten durch infrarotspektroskopische Untersuchungen befasst. Auf der Analytica Conference wird sie in ihrem Preisträgervortrag über Metall-Nanostrukturen als effiziente SERS-Substrate in der Bioanalytik zeigen, wie sehr sich dieses Gebiet weiter fortentwickelt hat.

Mit der Verleihung des Bunsen-Kirchhoff-Preises und dem Vortrag der Preisträgerin beginnt auf der Analytica Conference die Session über neueste Entwicklungen in der Atom- und Molekülspektroskopie für die chemische Analyse, die der DASp-Vorsitzende, Professor Dr. José A. Broekaert, Universität Hamburg, leitet. Er stellte kürzlich in einem Interview heraus, dass ihn in den vergangenen zwei Jahren die Weiterentwicklung der Mikrofluid-Systeme am meisten beeindruckt habe, also die Miniaturisierung vieler Verfahren und die Entwicklung von Kleingeräten. Beispiele sind Quecksilberanalysatoren, die man zur Untersuchung von Wasserproben mit ins „Feld“ nehmen kann, oder die Online-Bestimmung von Blutzucker am Patientenbett mit Hilfe der Infrarot-Spektroskopie.

Die patientennahe Labordiagnostik ist in der Tat auch ein Highlight der Analytica Conference, das unter der Leitung des stellvertretenden Vorsitzenden der GDCh-Fachgruppe Analytische Chemie, Professor Dr. Günter Gauglitz, Universität Tübingen, bereits am ersten Konferenztag vorgestellt wird. Im Englischen „Point of Care Testing“ genannt, wird POCT im Überblick von Professor Dr. Peter B. Luppa, Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie am Klinikum rechts der Isar der TU München, vorgestellt. Er zeichnet Porträts der verschiedenen instrumentellen Kategorien, zeigt den Entwicklungsstand der zugrunde liegenden Technologien, Methoden der Qualitätsprüfung und die Anwendungsbreite vom Krankenhaus bis zum heimischen Krankenbett auf. Trends in der Gesundheitsvorsorge und bei neuen Techniken werden das Spektrum der Anwendungen verbreitern.

Strategien, die verfolgt werden, um POCT-Analysen in der Diagnostik verstärkt einsetzen zu können, beschreibt Professor Dr. Brian D. MacCraith vom Institut für Biomedizinische Diagnostik der Dublin City University, Irland. Sein Hauptaugenmerk gilt innovativen Biosensoren und ihrer Integration in die Mikrofluid-Technik, also der Lab-on-a-chip-Technologie, wobei er besonders die Photonik (beispielsweise supercritical angle fluorescence, SAF) und die Nanotechnologie (beispielsweise high-brightness nanoparticles) im Blick hat. Diese und weitere Themen zu POCT-Anwendungen werden durch weitere Vorträge aus Italien und Deutschland vertieft.

Aktuelles Programm zur Analytica Conference unter www.gdch.de/analytica2010 oder in der Termindatenbank unter www.analytica.de.

Media Contact

Dr. Renate Hoer GDCh

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