Digitale Arbeitswelt – Digitale Gesundheit im Unternehmen

Die CeBIT thematisierte das Internet of Things, Smart Industries und auch den Digitalisierungstrend im Gesundheits- und HR-Bereich. Mit dem Stichwort E-Health gehen weitere Nennungen einher: Trackingtools, Gesundheits-Apps und Wearables sind einige davon. Was können wir unter Eintagsfliege abtun, was bleibt? Und vor allem: Wofür nutzen wir diese Technologien sinnvoll? Ein Gedankenexperiment mit Blick auf heute und die nächsten Jahre.

Die wachsende Bedeutung von Wearables belegen auch die letzten Bitkom Erhebungen.
Nach einer der letzten repräsentativen Umfragen von Bitkom Research nutzen derzeit 31 Prozent der Bundesbürger ab 14 Jahren Fitness-Tracker zur Aufzeichnung von Gesundheitswerten: 18 Prozent nutzen Fitness-Armbänder, 13 Prozent Smartphones mit Fitness-Apps und 6 Prozent Smartwatches. Soweit die Technik. Wofür werden sie eingesetzt? Die am häufigsten gemessenen Werte, die über Fitness-Tracker erhoben werden, sind neben der Körpertemperatur, das Körpergewicht (75 Prozent), die Anzahl der täglichen Schritte (62 Prozente) sowie die zurückgelegte Strecke (57 Prozent).

Und wie ist das mit den Smartphones? Nach den Ergebnissen der Umfrage setzen 30 Prozent der Smartphone-Nutzer Gesundheits-Apps ein, die Vitalwerte aufzeichnen und auswerten. Diese können eine gesunde Ernährung fördern, beim Abnehmen oder der Raucherentwöhnung unterstützen und Grundlagenwissen vermitteln. „Laut Bitkom wollen zwei Drittel (65 Prozent) der Nutzer von Fitness-Trackern oder Gesundheits-Apps damit generell ihre Gesundheit verbessern, 36 Prozent wollen sich mehr bewegen, 26 Prozent mehr über ihren Gesundheitszustand wissen und 15 Prozent ihr Training optimieren.

Quelle – Bitkom 2016

Wie decken sich diese Umfrageergebnisse mit den praktischen Erfahrungen in den Unternehmen, die auf digitale Gesundheitsförderung setzen?

FvC: Auf den ersten Blick mag man sich wundern und gar von Selbstoptimierung auf hohem Level reden. Wenn wir jedoch genauer hinschauen, wird eines deutlich: Die Digitalisierung hat sich auch im Gesundheitsumfeld und in den Unternehmen ihren Weg gesucht. Die Anwender wollen dabei in erster Linie etwas für sich selbst tun. Es geht also nicht um einen Trend, der alle gleichermaßen antreibt, sondern darum, dass immer mehr Menschen sich mit ihrer Gesundheit auseinandersetzen und dafür sorgen wollen, dass sie sich wohlfühlen und gesund bleiben können.

HH: Wichtig ist doch, dass diese Erhebungen der individuellen Nutzung unterliegen, also eben nicht an Dritte wie Arbeitgeber, Krankenkassen u.a. weitergegeben werden. Hier sind wir gerade in einer Phase angelangt, wo sich die Spreu vom Weizen trennt. Nur die Anbieter, die den Datenschutz ernst nehmen und das Recht auf Privatsphäre respektieren, werden sich erfolgreich am Markt positionieren können.

Wie definieren Sie digitale Tools, die im Gesundheitsmanagement in den Firmen eingesetzt werden?

HH: Ich würde sie schon als digitales Betriebliches Gesundheitsmanagement der Generation 4.0 bezeichnen. Mittlerweile gibt es sehr gute onlinebasierte Systeme, die neben Mitarbeiterbefragungen, Risikoanalysen und Gesundheitsprogrammen auch auf individuelle Kommunikation und persönliche Motivation setzen. Aber trotz der technisch ausgereiften Lösungen darf man den Motivationsschub, der durch den persönlichen Kontakt von Mensch zu Mensch entsteht, nicht unterschätzen. Wir haben von Anfang an auf die Verbindung von Offline- und Onlineaktivitäten gesetzt, um optimale Programme für Unternehmen und deren Belegschaft zu entwickeln. Letztendlich gehört dazu natürlich der Blick auf das Arbeitsumfeld: Habe ich einen produzierenden Betrieb oder eher Büroarbeitsplätze? Wie ist die Zusammensetzung der Belegschaft, an welchen Standorten agiert sie? Welcher Altersdurchschnitt spielt eine Rolle und was will ich auf längere Sicht überhaupt erreichen? Eine fundierte Analyse und eine unternehmensindividuelle Beratung in hoher Qualität spielen dabei eine wesentliche Rolle. Und zum Thema Mitarbeiterbefragung wäre noch zu sagen: In der Regel ist der Einstieg zu einer Befragung der Mitarbeiter auf digitaler Basis mit geringeren Hürden verbunden. Im Endeffekt kommt es aber darauf an, dass die Ergebnisse wissenschaftlich fundiert ausgewertet werden können und in ein nachhaltiges Gesundheitsmanagement münden.

Muss es immer Selbstoptimierung sein? Was wollen die Nutzer wirklich?

FvC: Sensoren und Wearables haben zum Teil mehr mit Motivation als mit purer Technik zu tun. So können ebendiese Systeme den Menschen hervorragend ergänzen. Wenn wir uns die zahlreichen Studien aus den vergangenen Jahren ansehen, ist eines klar: Eine Standardlösung für Alle – das kann nicht funktionieren. So individuell, wie wir leben und Arbeit gestalten, so individuell sind wir erst recht bei den Gesundheitstechnologien. Auch das Argument des Zeitmangels findet dann schnell kaum mehr Anwendung, wenn persönliche Effekte bei der Nutzung sichtbar werden.

Also zu den Wearables im BGM gäbe es die Fragen nach den Do´s und Dont´s. Und überhaupt: Welche Zielgruppen nutzen was?

HH: Wearables können vorhandene Systeme und Portale recht gut ergänzen, manchmal sind sie auch gerade für klassische „Gesundheitsferne“ ein wunderbarer weil spielerischer Einstieg. Ich würde jedoch dann davon abraten, wenn sie isoliert eingesetzt werden, also ohne sinnvolle Interpretationsmöglichkeiten. Und auf jeden Fall immer dann, wenn man sich nicht sicher sein kann, was mit den Daten passiert und wo sie landen.

FvC: Interessant sind eher die unterschiedlichen Zugänge zu den verschiedenen Gesundheitstypen und Altersgruppen. Bei unseren Untersuchungen für verschiedene Unternehmen haben wir zum Beispiel interessante Entdeckungen machen dürfen. Bei den Männern hätten wir alle auf Prioritäten für die Fitnessprogramme getippt. Die Praxis zeigte dann, dass das Thema Ernährung der heimliche Favorit war. Die Frauen, bei denen wir eher einen Fokus auf Ernährungsprogramme annahmen, haben sich bevorzugt mit den Fitnesstrackern beschäftigt. So viel zu den Klischees…

Ab wann wird’s zu viel mit dem digitalen Ansatz?

FvC: Eine gesunde Unternehmenskultur hat viel mit Wertschätzung und Verantwortungsgefühl zu tun. Die Annahme, man könne ein Betriebliches Gesundheitsmanagement auf eine digitale Lösung „outsourcen“, ohne die entsprechenden Rahmenbedingungen für gesundes Arbeiten geschaffen zu haben, führt grundsätzlich in die falsche Richtung.Dann klappt es weder mit der Akzeptanz, noch mit nachhaltigen Programmen. Gesundheitstools kann man zudem nicht anordnen, das wird immer schief gehen.

Wo fängt der Datenschutz an?

HH: Der Datenschutz muss mit dem Ansatz „Privacy by Design“ von vorneherein in die Gesamtkonzeption von digitalen Produkten integriert werden. Anbieter digitaler Gesundheitslösungen werden sich also in Zukunft daran messen lassen müssen. Gerade in Deutschland ist das Bewusstsein dafür glücklicherweise sehr ausgeprägt und die Forderungen nach hohen Qualitätsmassstäben bei der Auswahl von Anbietern sind absolut gerechtfertigt.  

Nun noch mal zu den Eingangsfragen zurück: Trends sehen wir jede Menge, was wird eine Eintagsfliege bleiben? Was setzt sich durch?

Beide: Eintagsfliegen bei digitalen Gesundheitstrends haben wir dort, wo es zu kurz gedacht ist. Auch voneinander isolierte Systeme laufen sich irgendwann tot. Bei den GesundheitsApps betrifft es ebenfalls vieles, was schon in der klassischen Welt nicht funktioniert hat. Trackingsysteme, die beim reinen Datenzählen aufhören, sind nicht sinnvoll. Eine reine Darstellung von Werten verliert zudem schnell seinen Reiz. Verschiedene Studien zeigen, dass solche Ansätze nach meist drei Wochen in der Schublade verschwinden. Der Reiz liegt in der Interpretation, der sinnvollen Anbindung an weitere Systeme, kombiniert mit den daraus entstehenden Fragenstellungen: Was kann ich verbessern? Was überrascht? Was erzeugt Handlungen, Umdenken, was motiviert?

Sie kommen ja aus der Telekommunikation und erleben täglich viele Unternehmen der verschiedensten Branchen – was begeistert Sie an der Schnittstelle Technologie/Gesundheit besonders? Was macht Gesundheitstechnologiefirmen so besonders?

HH: Wir haben in den letzten Jahren Systeme aufgebaut, die mobile Bandbreite an quasi jedem Pixel der Bundesrepublik zur Verfügung stellen. Dazu bieten die Smartphones heute schier unendliche Möglichkeiten für mobile Anwendungen, z.B. um Daten zu erheben, zu analysieren und miteinander in vielfältiger Art zu kommunizieren. Jeder Einzelne kann daraus einen großen persönlichen Nutzen ziehen.

Wir Unternehmen im Bereich der Gesundheitstechnologien machen uns diese Bedingungen für das wertvollste, was der Mensch hat – nämlich seine Gesundheit – zunutze. Daraus entstehen Anwendungen, die Menschen dazu motivieren, gerne und mit Spaß etwas für sich selbst zu tun. Das finde ich großartig.

vitaliberty wurde kürzlich als bester Arbeitgeber der Gesundheitsbranche betitelt. Welche Berufe haben denn derzeit die besten Aussichten? Und auf welchen neuen Beruf können wir uns in Zukunft einstellen?

FvC: Im Bereich des digital unterstützen Gesundheitsmanagements gibt es so viele Entfaltungsmöglichkeiten: Das beginnt bei der Produkt- und IT-Entwicklung, geht über Coaching und Beratung und verbindet auch viele Spezialisierungen mit Gesundheits-Know-how. Dazu zählen zum Beispiel Stressmanagement-, Ernährungs-, Fitnessberatung, aber auch Pflegeexpertise an der Schnittstelle zwischen HR und Mitarbeitern. Was viele zum Teil noch nicht realisiert haben, diese Spezialisierungen sind nicht nur im BGM oder Personalmanagement sondern auch im Bereich internes Marketing/Kommunikation äußerst beliebt.

Um es einfacher zu machen: was gibt es derzeit? Es gibt die BGM Manager mit dem Blick auf ganze Unternehmen, die BGM Berater mit den verschiedenen Spezialisierungen für die Gesundheitsbereiche, Psychologen, Fitnessexperten und Sportwissenschaftler, Business Coaches, Qualitätsmanager, Marketingspezialisten für Gesundheitskommunikation, Produkt- und Frontendentwickler, User-Experience- und Visual Designer u.v.m. Vermutlich wird es aber bald völlig neue Berufsbezeichnungen geben, spätestens dann, wenn ein „Gesundheitsindex“ oder „Nachhaltigkeitsfaktor“ genauso selbstverständlich zu den Businesskennzahlen gehört wie viele andere wirtschaftliche Kenngrößen.

Was motiviert Sie persönlich?

HH: Mich motiviert es grundsätzlich gesund zu leben und so achte ich auf eine gesunde Lebensweise, also auf eine gesunde Ernährung, mentale Gesundheit und ausreichend Bewegung etc. Insofern nehme ich gerne Wearables hinzu, da ich gerne beim Laufen und Inlineskaten die Ergebnisse aufzeichne. Außerdem nutze ich die Hinweise von Experten, die beraten und optimieren.

FvC: Ich mag den integrativen Ansatz und die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten bei den Gesundheitsprogrammen mit Wearables. Wir haben ja z.B. an unsere moove Plattform die App von Runkeeper angebunden. Genauso wichtig sind mir aber auch direkte Rückmeldungen beispielsweise zur Ernährung. Allerdings: Zu viele verstreute Systeme und Apps mag ich nicht so sehr: E-Mail, WhatsApp, SMS, Xing, Facebook – das sind ja schon jede Menge klassische Kommunikationskanäle für private und berufliche Belange, die will ich nicht noch im Gesundheitsthema unendlich auf vereinzelte Systeme ausweiten. Motivierend ist es für mich also, wenn ich nicht alles mühsam zusammensuchen muss, sondern praktisch und in einem intelligenten System kombiniert nutzen kann.

 

Harald Holzer ist Geschäftsführer der vitaliberty GmbH mit Sitz in Mannheim. Er nutzt Wearables, weil sie beim Lieblingssport immer mit dabei sein können und er sich schnelles Feedback holen kann.

Florine von Caprivi ist Leiterin Vertrieb und Marketing bei der vitaliberty. Sie nutzt Wearables, weil sie sich dem persönlichen Stil anpassen.

 

Über die vitaliberty:

Als eines der ersten Unternehmen der D/A/CH Region haben sich die Mannheimer mit ihrer Gesundheitsmarke moove – Tu´s für Dich! frühzeitig auf die sinnvolle Verzahnung von Wissenschaft, Technologie und Personal- und Managementkennzahlen spezialisiert.

Mehr Infos: www.vitaliberty.de

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