Präzision hoch sechs: Lasertechnologie in der Printmedien-Industrie

Offsetdruck bringt mit einer Geschwindigkeit von bis zu 18.000 Bogen pro Stunde Mikrometer feine Strukturen im CMYK-Farbraum auf Papier. Diese Farbpunkte müssen in einem Raster präzise über- und nebeneinander angeordnet werden, um im Auge des Betrachters ein gestochen scharfes Bild mit allen Farbnuancen zu erzeugen, die der Mensch unterscheiden kann.

Übertragen wird die Druckfarbe mit Hilfe einer polymerbeschichteten Aluplatte. „Schreibgeräte“ für das komplexe Druckbild sind leistungsfähige Diodenlaser, die entsprechend der berechneten Anordnung nach Ort und Winkel winzige farbannehmende oder – je nach Plattentyp – farbabweisende Punkte auf der Platte freilegen.

Laser werden in der Printmedien-Industrie seit Mitte der 60er Jahre zur Bebilderung von Filmen und später auch von Druckplatten eingesetzt. Zunächst waren es Gaslaser und Festkörperlaser. In den 90er Jahren kamen Diodenlaser zur Bebilderung von Druckplatten im Computer-to-Plate (CtP)-Verfahren auf den Markt. Eine Weiterentwicklung dieser Technologie zur Steigerung der Bebilderungsgeschwindigkeit eines Plattenbelichters ohne Qualitätsverlust gestaltete sich schwierig, da einerseits einzelne Diodenlaser nur mit hohem Aufwand skalierbar sind, andererseits Laserköpfe mit 200 Kanälen ein so großes Volumen haben, dass sich nicht mehr als ein Kopf in einem Plattenbelichtungsgerät unterbringen lässt.

So bildete Heidelberg ein Team zur Entwicklung von Diodenlasern. Für einen Druckmaschinenhersteller war das ein Novum, gleichzeitig aber die Chance, die Technologieführerschaft in einem wichtigen Bereich der Bogenoffset-Prozesskette auszubauen und einen Unique Selling Point zu kreieren. In Forschungskooperation mit einem Halbleitertechnik-Unternehmen und einem Partner für die optischen Komponenten wurde ein Proof of Concept erstellt. Das Prinzip mit 64 einzeln ansteuerbaren Lasern auf einem Chip funktionierte. Aber das Produktdesign konfrontierte die Entwicklungspartner mit einem Anforderungsprofil, das außerhalb der Printmedien-Industrie kaum zu finden ist. Zudem sollte das System von Heidelberg modular erweiterbar und in kurzer Zeit im Gerät des Kunden nachrüstbar sein.

Extrembelastungen im Dauerbetrieb
Viele Druckereibetriebe haben nur einen Plattenbelichter. Er muss sieben Tage pro Woche und 24 Stunden am Tag zur Verfügung stehen. Verglichen mit den Branchen PC und Unterhaltungselektronik erscheint der Produktlebenszyklus eines Plattenbelichters fast wie eine Ewigkeit. Dennoch kann die notwendige Investitionssicherheit garantiert werden.

Extrem sind die Anforderungen für die mechanische Präzision. Beim Offsetdruck müssen zwingend Toleranzen im Bereich von Tausendstelmillimetern vom Farbpunkt auf der Druckplatte bis zum Druck des letzten Farbpunktes im letzten Druckwerk eingehalten werden. Die Laserpunkte haben bei frequenzmoduliertem Raster einen Durchmesser von 20 Mikrometer. Das menschliche Auge kann einen Fehler von drei Mikrometer erkennen. Ein regelmäßiger Versatz im Bereich von zehn Mikrometer löst einen Moirée-Effekt – regelmäßige Streifen in homogenen Flächen – aus und damit ist das Druckprodukt unverkäuflich. Der Laser muss eine Fehlergenauigkeit deutlich unter zwei Mikrometer aufweisen, um diese Fehler zu vermeiden.

Die 64 Single Mode Laser mit je 100 Milliwatt und die optischen Bauteile hat Heidelberg gemeinsam mit Unternehmen entwickelt, die auf Halbleiterlasertechnologie und Mikrooptik spezialisiert sind. Time to Market war ein entscheidender Punkt. Daher setzte der Bogenoffset-Weltmarktführer parallel das Produktentwicklungsprojekt auf.

Im Detail ging es beispielsweise um
– Hardware, die die Datenmenge in Echtzeit zum Laser transferiert
– Software, die Steuerdaten parametrisiert
– den schnellen seriellen Bus, der 64 Dioden parallel ansteuert
– das Objektiv zur Strahlformung, eine Kombination von Makro und Mikro-Optik
– das ASIC für die Lasersteuerung und die Digitaltechnik für die Wandlung auf 64 Kanäle
– das Kühlsystem, das 80 Watt Wärme entziehen muss – ein marktgängiges Laser-Netzteil hätte die Größe eines Schuhkartons

– die Kompensationsmechanismen für die Barren mit den 64 Laserdioden, die zehn Millimeter lang, ein Millimeter hoch und ein paar Mikrometer dünn sind und sich beim Auflöten verspannen

Insgesamt hat Heidelberg mehrere Basispatente und über 40 Patente im Umfeld angemeldet, um die neue Technologie zu schützen.

Kompakt und offen skalierbar
Resultat ist ein mit 110 x 60 x 67 Millimeter Volumen sehr kompaktes Belichtungsmodul. Die Strahlqualität bewegt sich am physikalischen Limit. 64 Kanäle mit einer Tiefenschärfe von 1/10 Millimeter erzeugen ohne Autofocus Spitzenwerte. Der Gaussche Strahl wird nahezu perfekt erreicht. Inzwischen sind mehr als 500 Belichtungsgeräte mit der Heidelberg Technologie im Praxiseinsatz.

Die Technologie ist offen skalierbar von eins bis sechs Lasermodulen mit jeweils 64 Dioden. Das heißt: Eine Plattform, die immer eine gleich höchste Beschriftungsqualität bietet, deckt die ganze Bandbreite vom Entry Level bis zum High-End ab. Skaliert ist allein der Faktor Produktivität. Mehrere Belichtungsmodule schaffen die gleiche Fläche in kürzerer Zeit.

Die Druckplatte rotiert während des Laserbeschusses auf einem Zylinder, der sich mit Hochpräzision bewegt. Jedes Carrée von zehn Mikrometer Kantenlänge repräsentiert einen möglichen Ort für einen Laserpunkt. Eine Druckplatte im Format 70 x 100 Zentimeter hat sieben Milliarden Carrées beziehungsweise mögliche Informationspunkte. Sie wird innerhalb von 60 Sekunden belichtet. Der Zylinder dreht sich mit 300 Umdrehungen pro Minute oder fünf Meter pro Sekunde an einem Strahl vorbei, der im Abstand von zehn Mikrometer lasert. Bei einem Heidelberg Suprasetter Belichtungsgerät mit einem Lasermodul sind das alle zwei Millionstelsekunden (µs) ein Schuss auf ein Pixel mit einer Länge von zehn Mikrometer.

Weitere Entwicklungspotenziale liegen auf der Hand: Mehr Kanäle pro Belichtungsmodul würden die Geschwindigkeit steigern. In der Erprobungsphase befinden sich auch Lasersysteme zur Trocknung von Farbe. Im Printbereich bieten Laserbeschriftungs-Technologien nicht zuletzt auch Ansatzpunkte für Sicherheits- und Identifizierungsmerkmale auf Produktverpackungen, etwa durch Codieren, Markieren oder Labelling.

Media Contact

Weitere Informationen:

http://www.heidelberg.com

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