Wie gefährlich ist Reifenabrieb?

Extrembeispiel für Reifenabrieb. Fraunhofer UMSICHT

Ein gängiger PKW-Reifen wiegt am Ende seines im Durchschnitt 50 000 km langen bzw. 4 Jahre dauernden Lebens gut 1 bis 1,5 kg weniger als zu Beginn[1]. Bei fast 46 Millionen[2] zugelassenen PKW in Deutschland summiert sich der Reifenabrieb innerhalb dieses Zeitraums auf 184 000 bis 276 000 Tonnen, was auf das Jahr gerechnet einer Belastung von 46 000 bis 69 000 Tonnen Reifenabrieb – allein von PKW – entspricht.

Hinzu kommt Reifenabrieb durch weitere Verkehrsteilnehmer wie LKW, Busse, Traktoren oder auch Baufahrzeuge, ebenso Krafträder und Fahrräder. Fachleute diskutieren das Thema Reifenabrieb seit Jahren im Kontext verschiedener Umweltprobleme. Der Abrieb gilt nachweislich als Mitverursacher für Feinstaubbelastungen in den Städten, ist u. a. verantwortlich für nanopartikulären Ruß und laut einer Studie der Weltnaturschutzunion IUCN[3] eine der größten Quellen für Mikroplastik in der Umwelt.

»Obwohl die Thematik bereits länger bekannt ist, gibt es bisher keine umfassende Studie zu Mengen und Verbreitungswegen von Reifenabrieb in Deutschland«, wundert sich Ilka Gehrke von Fraunhofer UMSICHT. Das vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderte Verbundprojekt TyreWearMapping will diese wissenschaftliche Lücke schließen.

Gemeinsam mit Projektpartnern aus der Industrie entwickeln Forscher von Fraunhofer UMSICHT mittels neuartiger Berechnungsmodelle GIS[4]-basiert Karten, um die Verteilung von Reifenabrieb in Deutschland zu visualisieren. Gehrke: »Wir nutzen die umfassende Datengrundlage vom BMVi, um aus den Projektergebnissen eine Art Leitfaden für die Entscheidungsträger zu entwickeln und die umweltpolitischen Debatten zu versachlichen.«

Theorie und Praxis

Um die Freisetzung, Ausbreitung und räumliche Verteilung des Reifenabriebs in Luft und Wasser in Deutschland darzustellen, nutzen die Forscher Mobilitäts-, Geo- und Wetterdaten des BMVI. Bei der Modellierung von Freisetzung, Verteilung und Ausbreitung von Reifenabrieb kommen verschiedene Methoden zum Einsatz: neben der probabilistische Modellierung auch ein neuer Ansatz auf Basis neuronaler Netze.

Des Weiteren betrachten die Forschenden exemplarisch zwei Flüsse samt Einzugsgebiet: die Wupper in Nordrhein-Westfalen und die Panke, einem Nebenfluss der Spree, in Berlin. Beide stehen stellvertretend für die Fließgewässerlandschaft in Deutschland. Im Projekt TyreWearMapping werden zwei Flusseinzugsgebiete detailliert betrachtet: die Einzugsgebiete der Wupper in Nordrhein-Westfalen und der Panke¬, einem Nebenfluss der Spree, in Berlin. Beide stehen stellvertretend für die Fließgewässerlandschaft in Deutschland.

Projektergebnis ist, neben einer Erhöhung der Daten- und Wissensbasis zum Thema Reifenabrieb, ein digitales Planungs- und Entscheidungstool zur Unterstützung bei der Erneuerung und dem Bau neuer Verkehrsnetze sowie sekundärer Infrastruktur. Externe Akteure und Nutzer können dieses Tool fortlaufend weiterentwickeln.

[1]https://www.umsicht.fraunhofer.de/content/dam/umsicht/de/dokumente/studien/2017/…
[2] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/12131/umfrage/pkw-bestand-in-deut…
[3] Boucher, Julien; Friot, Damien (2017): Primary Microplastics in the Oceans: a Global Evaluation of Sources. Hg. v. International Union for Conservation of Nature (IUCN). Gland, Switzerland
[4] GIS: Geoinformationssystem

https://www.umsicht.fraunhofer.de/de/nachhaltigkeit/ag-nachhaltigkeit/positionsp… Positionspapier »Mikroplastik«
https://www1.wdr.de/fernsehen/quarks/sendungen/uebersicht-autoreifen-100.html Wissenschaftliche Beratung der Fernsehsendung »Gib Gummi – was man über Autoreifen wissen sollte« (24.10.2017, Quarks/WDR) durch Fraunhofer UMSICHT
https://www.umsicht.fraunhofer.de/de/presse-medien/2018/tyrewearmapping.html Pressemitteilung

Media Contact

Dipl.-Chem. Iris Kumpmann Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT

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