Wasserwirtschaft: FH Köln entwickelt naturnahes Verfahren gegen Stauseen-Verlandung

Rund 16 Prozent der weltweiten Energie wird durch Wasserkraft erzeugt. Neben unkalkulierbaren Wetter- und Klimafaktoren – der US-Bundesstaat Kalifornien leidet seit Jahren unter Trockenheit – birgt auch die Verlandung der Stauseen ein großes Risiko für die Wasser- und Energieversorgung: Durch die sich ansammelnden Stoff- und Gesteinsablagerungen verlieren die Stauseen große Mengen ihrer Speicherkapazität.

Stauseen wie der US-amerikanische Glen-Canyon-Damm, der Drei-Schluchten-Stausee in China oder der ägyptische Assuan-Staudamm müssen alle ein bis zwei Jahre mit aufwendigen Verfahren von Sedimentablagerungen befreit werden. Alleine beim Glen-Canyon-Damm kostet das jeweils rund sechs Millionen US-Dollar. Die Stauseen müssen dabei teilweise abgelassen und ausgebaggert werden.

Auch deutsche Talsperrenbetreiber investieren in die Instandhaltung mehrere Millionen Euro. Sedimente und Schwebstoffe sind für fließende und stehende Gewässer sehr wichtig: „Sie schützen das Gewässer vor Erosion und sind ein wichtiger Lebensraum für die Bodenlebewesen“, sagt Yannick Ratke, Wirtschaftsingenieur am Institut für Baustoffe, Geotechnik, Verkehr und Wasser.

Sedimentation und Erosion ist ein natürlicher Prozess in Flüssen. Schwebeteilchen sinken auf den Grund des Gewässers und bilden dort einen Bodensatz. Stauseen unterbinden diesen natürlichen Vorgang: Während sich am Grund der Seen die Ablagerungen sammeln, führen die Flüsse nur noch wenige Schwebstoffe mit sich. Das führt flussabwärts zu vermehrter Erosion.

2011 hat das Unternehmen DB Sediments zusammen mit der RWTH Aachen eine kostengünstige und naturnahe Lösung für die Verlandung der Stauseen entwickelt. Dabei fährt eine schwimmende Arbeitsplattform kontinuierlich über das Gewässer. Die Ablagerungen auf dem Boden werden über eine Fräse gelockert, schichtweise vom Boden gelöst, wie bei einem Staubsauger abtransportiert und in den Flussablauf geleitet.

Dieses bisher einzigartige Verfahren wird jetzt an der Fachhochschule Köln im Forschungsprojekt KLASed optimiert. Unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Jokiel arbeiten die Ingenieure Yannick Ratke und Timo Fahlenbock daran, die Sedimentschichten mit einem Wasserstrahl vollautomatisch vom Boden zu lösen und in ökologisch sinnvollen Konzentrationen in das fließende Gewässer abzugeben. Projektpartner sind die Firmen DB Sediments GmbH und die RWTH Aachen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert KLASed mit rund 311.000 Euro.

Bei den Untersuchungen der FH Köln werden Form, Art und Größe des kombinierten Wasserstrahldüsen-Saugkopfes und des Absaug-Rohres optimiert. Dessen Abstand zur Sedimentoberfläche ist ebenso entscheidend wie der entsprechende Wasserdruck der Düsen – damit nicht zu viele Sedimente gleichzeitig gelöst werden und eine Trübung im Stausee entsteht. „Größe, Struktur und organische Anteile der Sedimente sind unterschiedlich. Auf diese Eigenschaften muss der Wasserstrahl angepasst werden, der sich unter Wasser anders verhält, als über Wasser“, so Ratke. „Viele dieser Ablagerungen haben sich so sehr verfestigt, dass hohe Wasserdrücke von bis zu 120 bar nötig sind um diese zu lösen“.

Das Erodieren der Sedimente, das je nach Beschaffenheit der Spüldüse und des Wasserdrucks variiert, ist ebenso Gegenstand der Untersuchungen wie die Dichte und Konzentration der gelösten Schwebstoffe. Dazu hat das Kölner Team ein neuartiges Messgerät entwickelt, das jetzt zum Patent angemeldet ist. Es misst vollautomatisch die Konzentration der Schwebstoffe im Wasser. Im Gegensatz zu dem gängigen Coriolis-Messgerät ist der Prototyp der FH Köln kostengünstig, leicht und misst sehr präzise – auch in Gewässern, die durch ihre hohe Biomasse eine hohe Methanemmision aufweisen. Dadurch können die Wissenschaftler die Förderrate des Sediments flexibel auf die individuellen Gegebenheiten der Stauseen anpassen.

Das Verfahren ist eine Schlüsseltechnologie zur CO2-freien Energierzeugung und -speicherung aus Wasserkraft“, sagt Prof. Dr. Christain Jokiel. „Es schafft als bisher einziges Verfahren die in den Europäischen Wasserrichtlinien geforderte Durchgängigkeit von Stauanlagen für Sedimente.“ KLASed trifft bereits auf internationales Interesse. Das zeigte zum Beispiel die äußerst positive Resonanz US-amerikanischer Wissenschaftler und Behörden auf der Joint Federal Interagency Conference on Sedimentation and Hydrologic Modeling (SEDHYD 2015) in Reno, Nevada, auf der das Kölner Team im Frühjahr seine Forschungsergebnisse vorgestellt haben.

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