Revolutionäre Erkenntnisse über Tiefsee-Leben

Purpurner Enteropneust beim Schwimmen (Foto: David Shale/ECO-MAR)<br>

Seltene Tiefseetiere aus dem Atlantik könnten die bisherigen Erkenntnisse über das Leben in den Tiefen des Meeres revolutionieren. Vor wenigen Tagen sind Forscher der University of Aberdeen von einer sechswöchigen Expedition am Forschungsschiff RRS James Cook mit einigen bisher unbekannten Tiefseearten heimgekehrt. Darunter befindet sich eine Tiergruppe, die möglicherweise den evolutionären Link zwischen Wirbellosen und Wirbeltieren darstellen.

„Die Expedition hat deutlich gezeigt, dass wir über die Zusammensetzung der Fauna am Mid-Atlantic-Ridge bisher kaum etwas wussten“, so Monty Priede, Direktor des Oceanlab an der University of Aberdeen gegenüber pressetext. „Bei solchen Tiefseeforschungsprojekten ist im Hintergrund immer auch die Frage, welchen Nutzen wir daraus für die Humanmedizin ziehen können“, meint der Forscher. Doch dafür sei es jetzt noch zu früh. Die Expedition war der dritte und letzte Teil des MAR-ECO-Forschungsprogramms, einem Teil des Census of Marine Life.

Mehr als 300 Stunden Tauchgänge

Mit Isis, dem Tauchroboter, waren die Forscher in Tiefen zwischen 700 und 3.600 Metern unterwegs und haben große Ebenen, Abhänge und Felsspitzen des großen atlantischen Gebirges untersucht. „Das Leben auf diesem untermeerischen Gebirge, das erst seit 1950 genau vermessen wurde, ist bisher kaum erforscht gewesen“, so Priede. So haben die Forscher entdeckt, dass die Fauna auf den Felsabhängen, die nach Osten gerichtet sind, sich von jenen nach Westen deutlich unterschieden.

„Zu den wesentlichen Entdeckungen, die wir gemacht haben, zählen drei verschiedene Enteropneust-Arten, die bisher nicht bekannt waren. Diese Würmer, die zwischen sechs und 15 Zentimeter lang sind, sind ein fehlendes Glied in der Evolutionsgeschichte zwischen den Wirbeltieren und den Wirbellosen“, erklärt der Forscher. Bisher hat man angenommen, dass diese Tiere selten wären. „Doch gerade das Gegenteil war der Fall“, meint Priede.

Unbekannten Seegurken auf der Spur

„Forscher haben angenommen, dass diese Tiere nur selten vorkommen, da man sie an den äußeren Grenzen des Mid-Atlantic-Ridge nur sehr selten finden konnte“, erklärt der Forscher. „Nun wissen wir, dass die Enteropneust-Arten zu den häufigsten Bewohnern einzelner Tiefsee-Regionen zählen.“ Das mache deutlich, dass man über die gesamte Zusammensetzung der Fauna bisher kaum etwas wusste.

Am Ende der Expedition wußten die Wissenschaftler auch viel mehr über das Verhalten der Tiere. „Bisher dachten wir, dass sie wie andere Seegurken auch langsam über den Meeresgrund kriechen. Doch die Enteropneusten sind schnelle und gute Schwimmer.“ Dem Forscherteam ist es gelungen, mehrere völlig intakte Tiere zu fangen. „Bisher gab es nur zwei nicht komplett erhaltene Enteropneust-Arten aus dem Pazifik.“ Nun werden die Tiere von Experten untersucht.

Fragile Unterwasserwelt

Auch Priede warnt davor, diese bisher kaum erforschten Tiefseeregionen für die Fischerei auszuplündern. „Die Gebiete, in denen wir unterwegs waren, sind vom WWF als marine Schutzzonen ausgewiesen“, erklärt der Wissenschaftler. „Wir sind besorgt darüber, dass sich die Tiefseefischerei auf diese Zonen ausdehnt und dort schwere Schäden anrichtet.“

Media Contact

Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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