Qualitätsware aus Gummiresten

Zerkleinerte Gummireste lassen sich in hochwertigen Materialien vielfältig einsetzen. <br>© Fraunhofer UMSICHT<br>

Weltweit werden jährlich bis zu 22 Millionen Tonnen Gummi verarbeitet, ein großer Anteil geht in die Produktion von Fahrzeugreifen. Sind die Produkte abgenutzt, landen sie meist im Verbrennungsofen. Bestenfalls das Altgummi wird für Sekundärprodukte wiederverwertet.

Zu Pulver zermahlen finden sich die Gummireste beispielsweise in Sport- und Spielplatzbelägen sowie in Fußmatten. Um aus den Recyclaten hochwertige Materialien herzustellen, fehlten bislang die entsprechenden Techniken. Forschern des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen ist es jetzt gelungen, das Recycling von Gummiresten zu optimieren. Sie haben einen Werkstoff entwickelt, der sich zu hochwertigen Produkten wie Rad- und Spritzschutzkappen, Griffen und Transportrollen verarbeiten lässt.

Elastomerpulvermodifizierte Thermoplaste, kurz EPMT, heißen die neuen Kunststoff-Compounds. Sie setzen sich aus zu Elastomerpulver zerkleinerten Gummiresten zusammen, die mit Thermoplasten vermischt wurden. »Im ersten Schritt werden die mitunter bis zu einen Meter langen Gummistücke zu drei Millimeter großen Teilchen granuliert, mit flüssigem Stickstoff gekühlt und anschließend zu Elastomerpulver vermahlen.

Dieses wird dann im Schmelzemischprozess mit Thermoplasten und Additiven zusammengeführt. Als Thermoplast verwenden wir hier beispielsweise Polypropylen«, erläutert Dr. Holger Wack, Wissenschaftler am UMSICHT, das Herstellungsverfahren. Gemeinsam mit seinen Kollegen Damian Hintemann und Nina Kloster hat er in dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie BMWi geförderten Projekt »EXIST Forschungstransfer« an verschiedenen Rezepturen für den neuen Materialmix getüftelt, der bereits patent- und markenrechtlich geschützt ist.

Einstellbare Materialeigenschaften

Das Kunststoff-Compound zeichnet sich in vielerlei Hinsicht aus: Die Zerkleinerung von Gummiabfall ist umweltfreundlicher und ressourceneffizienter als Neuware – ein wichtiger Aspekt angesichts steigender Energie- und Rohstoffkosten. »EPMT kann bis zu 80 Prozent Gummireste enthalten, nur 20 Prozent entfallen auf die Thermoplasten«, sagt Wack. EPMT lassen sich in Spritzgieß- und Extrusionsmaschinen leicht verarbeiten. Außerdem sind sie recyclebar. Der Clou: Die physikalischen und mechanischen Materialeigenschaften des Werkstoffs wie Elastizität, Bruchdehnung und Härte sind je nach Wunsch des Kunden einstellbar.

Insgesamt drei Grundrezepturen liegen mittlerweile vor, die allesamt auf großtechnischen Produktionsmaschinen verarbeitet werden können. Die Forscher sind in der Lage, pro Stunde 100 bis 350 Kilogramm EPMT herzustellen. Durch diesen Erfolg angespornt, haben Wack und seine beiden Kollegen die Ruhr Compounds GmbH gegründet.

Neben der Produktion und dem Vertrieb der EPMT-Werkstoffe bietet das Fraunhofer Spin-off maßgeschneiderte Dienstleistungspakete an: »Wir ermitteln, welche Materialien des Kunden sich durch EPMT ersetzen lassen, entwickeln geeignete Rezepturen und nehmen sogar die erforderlichen Einstellungen an den Industrieanlagen unserer Auftraggeber vor«, sagt der Wissenschaftler.

Von der Expertise der Experten profitieren unterschiedlichste Bereiche: Verarbeiter von thermoplastischen Elastomeren können EPMT beziehen und zu Produkten weiterverarbeiten. Industrieunternehmen, bei denen Elastomere anfallen, – etwa aus den Branchen Industrie und Bau, Fahrzeugbau und Sport – können diese wiederverwerten, daraus EPMT herstellen, in Waren einbauen und so Materialkreisläufe schließen.

Nike testet EPMT
Im Projekt »Reuse-A-Shoe« sammelt der Sportartikel-Hersteller Nike seit langem gebrauchte Turnschuhe. Die Sohlen werden unter dem Label »Nike Grind« wiederverwertet und als Füllstoff für Hallen- und Laufbahnbeläge weiterverarbeitet. Das EPMT-Compound der Fraunhofer-Forscher ermöglicht Nike neue Produkte zu entwickeln. Als offizieller Promotion-Partner realisierte »Tim Green Gifts« erste EPMT-basierte Werbeartikel wie Frisbees, Schuhlöffel und Bumerangs unter der Marke »Nike Grind«. Es wurden Diskussionen gestartet, die neuen EPMT-Compounds auch im Orignialportfolio wie Zipper, Taschenfüße und Sportgeräteequipment einzusetzen. »Über diese Kooperation freuen wir uns sehr«, so Wack.

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Dr. rer. nat. Holger Wack Fraunhofer Forschung Kompakt

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