Pestizide – Belastung und Wirkung in Gewässern jetzt einfacher nachweisbar

Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) haben ein Werkzeug entwickelt, mit dem innerhalb von Minuten die schädliche Wirkung von Pestiziden abgeschätzt werden kann, die zum Beispiel von landwirtschaftlichen Flächen in Flüsse und Bäche gespült worden sind.

„Bisher war es sehr schwierig nachzuweisen, welche chronischen Wirkungen auftreten“, erläutert Dr. Matthias Liess, Leiter des UFZ-Departments System-Ökotoxologie. Bei ihrem neuen Ansatz machen es sich die Helmholtz-Forscher zu nutze, dass Pestizide charakteristische Änderungen in der Zusammensetzung der jeweils betroffenen Lebensgemeinschaft bewirken.

„Man muss lediglich ermitteln, welche und wie viele Tiere wie etwa Insekten und Krebse an einer bestimmten Stelle des Flusslaufs zu finden sind“, beschreibt es Liess. Die mit der Wasserwirtschaft befassten Ämter hätten solche Daten in der Regel vorliegen, fügt er hinzu. Liess und seine Kollegen haben nun einen Dienst im Internet eingerichtet, über den diese Daten eingegeben werden können und in deren Auswertung sofort feststellbar ist, wie hoch die Belastung der untersuchten Gewässer tatsächlich ist. Von der Internetseite http://www.systemecology.eu/SPEAR/Start.html

kann eine gewöhnliche Exel-Tabelle heruntergeladen werden, in die in wenigen Schritten eingetragen wird, an welchen Probestellen welche Lebewesen in welcher Häufigkeit vorkommen. Ist die Tabelle fertig ausgefüllt, wird sie in den so genannten SPEAR-Rechner geladen und angegeben, in welcher Region die Proben genommen wurden. Sofort erfährt man, wie es um die Wasserqualität im untersuchten Gebiet bestellt ist. Daten zu den Regionen liegen derzeit für Deutschland, Frankreich, Finnland und West-Sibirien vor, erprobt wurde das System aber auch schon in Großbritannien und Australien. Die Nutzung des Angebots ist kostenlos.

Mit den Ergebnissen der Berechnungen können die Verantwortlichen laut Liess geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Belastung von Gewässern mit Pestiziden zu verringern. „Unser Werkzeug kann aber mehr, als nur Problembereiche identifizieren“, unterstreicht der Helmholtz-Wissenschaftler. Es zeigt auch an, wo unbelastete Gewässerabschnitte die Wirkung der Belastung kompensieren.
Das ist deshalb von enormer Bedeutung, weil so gezeigt werden kann, wenn Schutzmaßnahmen gegriffen haben. Weiterer Vorteil des neuen Werkzeugs: Aufwändige und teure chemische Analysen sind häufig nicht mehr notwendig.

Jörg Aberger

Mehr zu diesem und weiteren Themen lesen Sie in der September-Ausgabe des UFZ-Newsletters:

http://www.ufz.de/index.php?de=10690

Weitere fachliche Informationen:
Dr. Matthias Liess
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0341-235-1578, 0151-527 390 36
http://www.ufz.de/index.php?en=3714
oder über
Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341-235-1269
E-mail: presse@ufz.de
Publikation: Beketov M.A., Foit K., Schäfer R.B., Schriever C.A., Sacchi A., Capri E., Biggs J., Wells C., Liess, M. (2009):
SPEAR indicates pesticide effects in streams – comparative use of species- and family-level biomonitoring data.
Environmental Pollution 157(6), June 2009, 1841-1848
http://dx.doi.org/10.1016/j.envpol.2009.01.021
Die Untersuchungen wurden von der Environment Agency of England and Wales und der Europäischen Union gefördert.
Weiterführende Links:
http://www.systemecology.eu/SPEAR/Start.html
Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weitreichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen.

Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 900 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit 28.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,4 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).

http://www.helmholtz.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue Industrie-4.0-Lösung für niedrigschwelligen Zugang zu Datenräumen

»Energizing a Sustainable Industry« – das Motto der Hannover Messe 2024 zeigt klar, wie wichtig eine gleichermaßen leistungsstarke und nachhaltige Industrie für den Fertigungsstandort Deutschland ist. Auf der Weltleitmesse der…

Quantenpräzision: Eine neue Art von Widerstand

Physikforschende der Universität Würzburg haben eine Methode entwickelt, die die Leistung von Quantenwiderstands-Normalen verbessern kann. Sie basiert auf einem Quantenphänomen namens anomaler Quanten-Hall-Effekt. In der industriellen Produktion oder in der…

Sicherheitslücke in Browser-Schnittstelle erlaubt Rechnerzugriff über Grafikkarte

Forschende der TU Graz waren über die Browser-Schnittstelle WebGPU mit drei verschiedenen Seitenkanal-Angriffen auf Grafikkarten erfolgreich. Die Angriffe gingen schnell genug, um bei normalem Surfverhalten zu gelingen. Moderne Websites stellen…

Partner & Förderer