Mit einem Modell stellte die Arbeitsgruppe um BiKF-Wissenschaftler Dr. Arne Micheels nach, welche weltweiten klimatischen Veränderungen die Entstehung der Sahara vor 10 Millionen Jahren auslöste, und zwar als Folge der Wüstenbildung in Nordafrika.
Die in der Zeitschrift Global and Planetary Change veröffentlichten Ergebnisse zeigen: Die Verteilung von Vegetation auf der Welt ist einer der bedeutenden Einflussfaktoren für das Klima.
BiKF-Forscher zeigen, dass Vegetationsänderungen in der Erdgeschichte zum globalen Klimawandel beitrugen
Wenn am Amazonas ein Urwald gerodet wird oder in Südostasien die Mangrovenwälder verschwinden, dann ist das kein unbedeutendes Ereignis: Zwischen dem Verschwinden von Vegetation und dem weltweiten Klimawandel besteht ein enger Zusammenhang.
Forscher des LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiKF) in Frankfurt am Main konnten zeigen, dass nicht nur das Klima auf die Verteilung des Lebens auf der Erde einwirkt, sondern auch umgekehrt: Die Pflanzendecke prägt das Klima und zwar nicht lokal sondern global. Mit einem Klimamodell, welches das Klima auch längst vergangener Zeitalter simulieren kann, konnte die Arbeitsgruppe um BiKF-Wissenschaftler Dr. Arne Micheels nachstellen, welche weltweiten klimatischen Veränderungen die Entstehung der Sahara vor 10 Millionen Jahren auslöste, und zwar als direkte oder indirekte Folge der Wüstenbildung in Nordafrika. Die unlängst in der Zeitschrift Global and Planetary Change* veröffentlichten Ergebnisse der Klimasimulationen zeigen: Die Verteilung von Vegetation auf der Welt ist einer der bedeutenden Einflussfaktoren für das Klima.
Anhand des Fossilbelegs überall auf der Erde weiß man, dass das weltweite Klima sich während der letzten 65 Millionen Jahre abkühlte. Vor 10 Millionen Jahren, im Miozän, war das Klima noch warm-feucht, wandelte sich jedoch weiter in Richtung der heutigen Bedingungen. Europa wies dank des warmen Klimas ausgedehnte Waldgebiete auf, in Nordafrika erstreckten sich weite Gras- und Savannenlandschaften. Während die Verteilung von Land und Meer schon sehr weitgehend der gegenwärtigen Lage der Kontinente entsprach, gab es dennoch ein paar Unterschiede: Zum Beispiel lag das Tibetische Plateau noch deutlich niedriger und das Golfstromsystem, welches heute für ein vergleichbar mildes Klima in Europa sorgt, war im Miozän noch nicht so ausgeprägt wie heute.
In der realen Welt ist eine Änderung der Vegetation, also zum Beispiel die Wüstenbildung, eine Reaktion auf veränderte Klimabedingungen. Doch auch umgekehrt entsteht ein Rückkopplungseffekt: Die Vegetation wirkt sich wiederum auf das Klima aus. Was passiert also, wenn Wüste entsteht, wo vorher Pflanzen wuchsen? Welche Auswirkungen hat der extreme Biodiversitätsverlust in Nordafrika - die Entstehung einer Wüste - auf das globale Klima vom Miozän bis heute gehabt? Wie stark ist dieser Effekt und wie äußert er sich?
Um diese Frage zu beantworten, verglichen die Wissenschaftler zwei in nur einem Punkt unterschiedliche Simulationen: Das eine Modellexperiment entspricht den Bedingungen, wie sie vor über 10 Millionen Jahren, gegen Ende des so genannten Miozäns, herrschten. Das zweite Modellexperiment folgt den gleichen Voraussetzungen, berücksichtigt aber für Nordafrika eine Sahara in den Ausmaßen, wie wir sie heute kennen.
Ein Vergleich der Klimamodellexperimente mit und ohne Sahara ergab, dass das Klima sich nicht nur auf dem afrikanischen Kontinent stark verändert hat. Die Entstehung dieser Wüste wirkte sich auf die gesamte nördliche Hemisphäre aus. Nordafrika wird trockener und kühler, da die Wüste die einfallende Sonnenstrahlung stärker reflektiert als eine vegetationsbedeckte Fläche. Auch die Wasserverdunstung ist reduziert. Über diese direkten klimatischen Folgen hinaus kühlen Teile Nordamerikas, Europas und Asiens ab, weil sich die atmosphärische Zirkulation auf der Nordhalbkugel verändert. Die durch die Sahara veränderten Luftströmungen transportieren weniger Wärme vom Äquator in Richtung Pol. Dies führt dazu, dass es in nördlicheren Breiten, zum Beispiel in Mitteleuropa, kühler wurde.
Biodiversität, in diesem Fall die Vegetation, ist also, was ihren Einfluss auf das Klima betrifft, ein Global Player. Dabei ist sie nicht das einzige "Rädchen", das ins Klima eingreift, aber sie ist eines, an denen heutzutage auch der Mensch dreht. Aus Klimamodellen etwas über die Erdgeschichte zu erfahren bedeutet, für die Zukunft zu lernen: Der aktuell beobachtete Biodiversitätsverlust darf nicht getrennt vom Klimawandel betrachtet werden. Beide hängen zusammen und beeinflussen sich wechselseitig.
Publikation: Micheels, A., Eronen, J., Mosbrugger, V., 2009. The Late Miocene climate response to a modern Sahara desert. Global and Planetary Change, 67(3-4), 193-204.Das Senckenberg Forschungsinstitut und die Goethe-Universität Frankfurt sowie weitere direkt eingebundene Partner kooperieren eng mit regionalen, nationalen und internationalen Institutionen aus Wissenschaft, Ressourcen- und Umweltmanagement, um Projektionen für die Zukunft zu entwickeln und wissenschaftlich gesicherte Empfehlungen für ein nachhaltiges Handeln zu geben.
Dr. Julia Krohmer | idw
Weitere Informationen:
http://www.bik-f.de
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