Neu entdeckte Echsen erhalten Namen gegen Naturzerstörung in Peru

Ameiva aggerecusans, der zweite Teil des Namens bedeutet: den Damm ablehnend<br>Foto: Claudia Koch, ZFMK<br>

Claudia Koch, Doktorandin am ZFMK in der Arbeitsgruppe von Prof. em. Dr. Wolfgang Böhme, hatte in Kooperation mit einem peruanischen Kollegen vom „Centro de Ornitología y Biodiversidad“ (CORBIDI) in Lima mehrere Exkursionen in die noch schwer zugänglichen Bereiche des Marañón-Flusses und seiner Nebentäler – teils auf dem Rücken von Pferden und Maultieren – unternehmen und dabei zwei spektakuläre neue Echsenarten entdecken können.

Bei der neuesten Entdeckung handelt es sich um zwei bislang unbekannte Arten der Schienenechsen-Gattung Ameiva, , die offenbar nur in diesem Gebiet und nirgendwo anders auf dem Globus existieren, eine etwa so groß wie unsere einheimischen Mauer- oder Zauneidechsen, die andere bedeutend größer.

Auf vorherigen Expeditionen in die äquatorialen Trockenwälder Perus hatte Claudia Koch bereits 3 neue Gecko-Arten, darunter den größten Gecko Südamerikas (!), und einen spektakulär gefärbten Marmorleguan der Gattung Polychrus entdeckt. Sie alle sind, wie die beiden nun entdeckten Ameiven auch, Endemiten, das heißt nur im Bereich der Trockenwald-Biotope des Marañón-Tales vorkommende Arten, was sie übrigens mit zahlreichen anderen Wirbeltierarten wie Fröschen, Schlangen, Vögeln etc. – von Wirbellosen gar nicht zu reden! – gemeinsam haben.

„Diese einzigartige, nur dort auftretende Tierwelt und Artengemeinschaft ist neuerdings substantiell in ihrer Existenz bedroht, denn im Bereich des Marañón-Flusses und seiner Nebenflüsse sind Staudamm-Projekte in Planung, die weite Landstriche unter Wasser setzen und die dort heimische, endemische Fauna auslöschen würden“ erläutert Böhme die reell existierende Bedrohung der gerade eben erst beschrieben Arten. Daher haben Claudia Koch und ihr Team die beiden neuen spektakulären Schienenechsen mit der Vergabe der neuen wissenschaftlichen Namen zu Anwälten von deren Lebensraum gemacht: Die neuen Artnamen nehmen auf diese Bedrohung Bezug und lauten:

– Ameiva nodam, abgeleitet vom englischen „no dam!“, also „kein Staudamm!“, und
– Ameiva aggerecusans, abgeleitet von lat. agger = Damm, und lat. recusare = zurückweisen.

„Die Namen der neu entdeckten Arten sind ein Appell, der Naturzerstörung in den äquatorialen Trockenwäldern Einhalt zu gebieten“ ergänzt Koch Böhmes Aussage. „Damit wollen wir darauf aufmerksam machen, nicht nur das zu schützen und zu erhalten, was wir bisher an einzigartigen Pflanzen und Tieren von dort kennen, sondern auch das, was wir noch nicht kennen – vermutlich der größere Teil!“ verdeutlicht Dr. Dennis Rödder, Kurator der Reptilien- und Amphibiensammlung am ZFMK und Mit-Autor der Studie weiter.

Denn die Trockenwälder Zentral- und Südamerikas spielen, etwa im Vergleich zu den tropischen Regenwäldern, in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Mit ihrem Reichtum an viel kleinräumiger verbreiteten und daher viel stärker gefährdeten Arten verdienten sie aber mindestens dieselbe Aufmerksamkeit seitens des Naturschutzes wie der riesige Amazonas-Waldblock.

Quelle: Two new endemic species of Ameiva (Squamata: Teiidae) from the dry forest of northwestern Peru and additional information on Ameiva concolor Ruthven, 1924

Claudia Koch, Pablo J. Venegas, Dennis Rödder, Morris Flecks, Wolfgang Böhme. Zootaxa 3745 (2): 263–295 (4 Dec. 2013)

http://biotaxa.org/Zootaxa/article/view/zootaxa.3745.2.6

Kontakt:
Prof. em. Dr. Wolfgang Böhme, Research Museum Alexander Koenig – Leibniz Institute for Animal Biodiversity, Adenauerallee 160, 53113 Bonn, Germany
Tel: ++228 9122 250
e-mail: w.boehme@zfmk.de
Quelle: http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0080563
Das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig – Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere hat einen Forschungsanteil von mehr als 75 %. Das ZFMK betreibt sammlungsbasierte Biodiversitätsforschung zur Systematik und Phylogenie, Biogeographie und Taxonomie der terrestrischen Fauna. Die Ausstellung „Unser blauer Planet“ trägt zum Verständnis von Biodiversität unter globalen Aspekten bei.

Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 89 Forschungsinstitute und wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen für die Forschung sowie drei assoziierte Mitglieder. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute arbeiten strategisch und themenorientiert an Fragestellungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. Näheres unter www.leibniz-gemeinschaft.de

Weitere Informationen:
http://biotaxa.org/Zootaxa/article/view/zootaxa.3745.2.6

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Sabine Heine idw

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