Mehr Schmetterlinge im Wald

Der Hardtwald im Elsass - hier ein Areal im zweiten Jahr nach erfolgtem Stockschnitt .<br>Foto: Cornelia Müller<br>

Waldschmetterlinge gehören zu den am stärksten gefährdeten Schmetterlingen in Europa. Ihr Lebensraum sind lichte Wälder, wie sie einst in Mitteleuropa häufig vorkamen.

Landschaftsökologen der Universität Münster haben nun erstmals untersucht, wie sich eine traditionelle Form der Waldnutzung, bei der ausgewählte Bäume im Zyklus von Jahrzehnten stark zurückgeschnitten werden, auf die Gemeinschaften verschiedener Arten von Waldschmetterlingen auswirkt.

Ihr Fazit: Wäre diese Methode weiter verbreitet, gäbe es deutlich mehr Schmetterlinge in europäischen Wäldern. Die Ergebnisse werden in der März-Ausgabe des Fachmagazins „Biological Conservation“ veröffentlicht.

In der Vergangenheit haben die Menschen den Wald beispielsweise als Viehweide genutzt oder Bäume zurückgeschnitten, um Brennholz zu gewinnen. „Noch im 17. und 18. Jahrhundert waren sogenannte Mittelwälder, in denen es verschiedene Laubbaumarten aller Wachstumsstadien gibt, in großen Teilen Mitteleuropas der häufigste Waldtyp“, erklärt Privatdozent Dr. Thomas Fartmann vom Institut für Landschaftsökologie der Universität Münster, Erstautor der Studie.

Eine charakteristische Bewirtschaftungsmethode dieser Wälder ist der Stockschnitt. Dabei werden ausgewählte Bäume in einem Zyklus von 30 bis 40 Jahren bis auf einen Stumpf zurückgeschnitten, aus dem dann neue Triebe wachsen. Anhand von Untersuchungen im Hardtwald im Elsass im Nordosten Frankreichs, in denen der traditionelle Stockschnitt noch durchgeführt wird, haben die Forscher nun nachgewiesen: Die Zahl der Schmetterlingsarten – darunter auch bedrohte Arten – steigt durch diese Form der Auslichtung. Unterschiedliche Arten bevorzugen dabei verschiedene Stadien des Waldwachstums.

„Durch eine geeignete Form der Bewirtschaftung lässt sich die Artenvielfalt im Wald erhöhen“, betont Thomas Fartmann. Die Schmetterlinge im Mittelwald gelten den Forschern auch als Indikatoren für das Vorkommen anderer Insektenarten mit ähnlichen Standortansprüchen. Allerdings ist artenreicher Mittelwald die Ausnahme, in Deutschland beträgt seine Fläche weniger als ein Prozent. In Mitteleuropa gibt es heute überwiegend Hochwald – also Wald aus hohen, dicht stehenden Bäumen, deren Kronen kaum Sonnenlicht auf den Waldboden lassen. Diese hohen, geraden Stämme eignen sich zur Gewinnung von hochwertigem Nutzholz. „Aber zur Energieholzgewinnung wäre der verstärkte Einsatz von Stockschnitt nach historischem Vorbild und die Wiederherstellung von Mittelwäldern auch ökonomisch eine lohnenswerte Alternative“, unterstreicht Thomas Fartmann, „besonders vor dem Hintergrund der Debatte um die Gewinnung regenerativer Rohstoffe.“

In sonnendurchflutetem Mittelwald können sich Gräser und Kräuter auf natürliche Weise ansiedeln. Besonders schmetterlingsreich sind Lichtungen – Standorte, an denen der Rückschnitt erst einige Jahre her ist. Dort gibt es eine Kraut- und Strauchschicht mit vielen für Schmetterlinge wichtigen Nektarpflanzen sowie Futterpflanzen für die Raupen. Nur wenige Arten kommen in hochgewachsenen Waldarealen vor. Die Forscher haben im Untersuchungsgebiet insgesamt 36 Schmetterlingsarten erfasst, darunter 13 bedrohte Arten.

Originalpublikation (online vorab):

Fartmann T., Müller C. und Poniatowski D. (2013): Effects of coppicing on butterfly communities of woodlands. Biological Conservation 159, 396-404; DOI: 10.1016/j.biocon.2012.11.024

Weitere Informationen:
https://www.uni-muenster.de/forschungaz/person/7733
Privatdozent Dr. Thomas Fartmann in der Forschungsdatenbank der Uni Münster

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Dr. Christina Heimken idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-muenster.de/

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