Marburger Praxisleitfaden soll Auwälder retten

Die Untersuchungen am Beispiel des Rühstädt-Bälower Bogens nahe Wittenberge ergaben, dass die Elbevorländer ein beträchtliches ökologisches Potenzial für Auwälder sowie ausreichend Überflutungsareale für den Hochwasserfall bieten. Auf Basis der Ergebnisse wurden an der Mittelelbe fünf Hektar neuer Auwald gepflanzt.

„Auwälder gehören zu den am stärksten bedrohten Lebensräumen in Deutschland. Wir wollen diese wertvollen Biotope bewahren und zeigen, dass Natur- und Hochwasserschutz mit innovativen und nachhaltigen Strategien vereinbar sind“, sagte DBU-Generalsekretär Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde zum Projektabschluss. In der Vergangenheit seien viele Auwälder abgeholzt und zu Weideland umgewandelt worden. Seitdem die häufigeren und schwereren Flusshochwasser in das Licht der Öffentlichkeit gerückt seien und auf das Fehlen dringend benötigter Überflutungsflächen deuteten, sei eine Umkehr dieser Entwicklung im Gange.

„Unsere Untersuchungen bei Wittenberge haben ergeben, dass die weitläufigen Grünländer der Elbevorländer winterliches Schmelzwasser oder Hochwasser nach starken Regenfällen auch dann noch aufnehmen können, wenn ökologisch nicht unbedeutende Teilbereiche zu Auwäldern umentwickelt werden“, erklärte die kürzlich an die Hochschule RheinMain berufene Projektleiterin Dr. Ilona Leyer von der AG Naturschutzbiologie der Universität Marburg. Dazu seien zwei Szenarien mit 32 Hektar und 49 Hektar zusätzlicher Weichholzaue untersucht worden.

Weichholzauen, in denen zum Beispiel Schwarz-Pappeln oder Silber-Weiden wachsen, erfüllen laut Leyer herausragende Funktionen für die Natur: „Sie verhindern zum Beispiel das Unterspülen und Wegbrechen der Uferböschungen. Überflutete Auwälder filtern zudem das versickernde Wasser und führen es dem Wasserlauf in besserer Qualität wieder zu“, erläuterte Leyer. Dennoch werde die Neuanlage von Auwäldern wegen der dramatischen Hochwasserereignisse der letzten Jahre immer noch kritisch gesehen, ergänzte DBU-Naturschutzreferent Dr. Volker Wachendörfer. Es sei bekannt, dass zu dichter Gehölzbewuchs am Flussufer die Hochwassergefahr verschärfen könne. Im Hochwasserfall müsse das Wasser das Gehölz um- und durchfließen. Die dabei entstehenden hydraulischen Widerstände könnten einen Wasseraufstau stromaufwärts verursachen. Das allerdings alles nur, wenn der Auwald an Stellen platziert werde, die für das abfließende Wasser keinen wichtigen Korridor darstellen.

„Der entwickelte Praxisleitfaden erlaubt Anwendern – wie Naturschutzeinrichtungen, Planungsbüros und Wasserbehörden – nun, die Ziele der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie sowie von NATURA 2000 umzusetzen. Das im Projekt angewandte Verfahren lässt sich außerdem auf Hartholzauwälder übertragen“, betonte Leyer. Insgesamt sei es das Ziel, Überflutungsräume zu vergrößern und das Hochwasserrisiko für naheliegende Siedlungen zu verringern.
Das DBU-Projekt wurde von einem Expertenrat wissenschaftlich begleitet und positiv bewertet. Dieser setzte sich aus von der DBU berufenen Vertretern der Bundesanstalt für Gewässerkunde Koblenz, des Bundesamtes für Naturschutz Bonn sowie des Fachbereichs Ingenieurhydrologie und Wasserbewirtschaftung der Universität Darmstadt zusammen. Das Biosphärenreservat Mittelelbe in Sachsen-Anhalt und das Forstamt Kyritz in Brandenburg haben die Forschungsergebnisse modellhaft umgesetzt. Das Projekt erhielt 2011 den Projekt-Förderpreis der Deutschen Ökologischen Gesellschaft.

(Franz-Georg Elpers, DBU)

Ansprechpartnerin: Dr. Ilona Leyer
AG Naturschutzbiologie Universität Marburg
Telefon: 06421 28-22434
E-Mail: ilona.leyer@hs-rm.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer