Mangrovenschutz ist wirtschaftlich sinnvoller Klimaschutz

Mangrovenwälder sind die artenreiche &quot;Kinderstube&quot; junger Fische, Krustentiere, Vögel und Meeressäuger (Quelle: © Anton Bielousov / wikipedia.de).<br>

Mangrovenwälder zählen zu den weltweit am stärksten bedrohten Ökosystemen. Jährlich wird etwa ein Prozent der Fläche gerodet, um für Äcker, Aquakultur, Städte und Hotels Platz zu schaffen. Mangroven sind Bäume unterschiedlicher Art, die in tropischen Küstenregionen wachsen und salzresistent sind. Sie erfüllen wichtige ökologische Funktionen:

Mit ihren Luftwurzeln befestigen sie Uferbereiche. Die artenreichen Ökosysteme bieten jungen Fischen, Krustentieren, Vögeln und Meeressäugern eine geschützte „Kinderstube“. Sie sind entscheidend für gesunde Fischbestände. Und Mangroven speichern große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid. Werden die Wälder zerstört, entweichen das CO2 und auch andere Treibhausgase wie Methan und Stickstoff in die Atmosphäre.

Der unterschätzte Klimaschützer

Jeder Hektar Mangrovenwald bindet so viel Kohlenstoff wie mehrere Hektar tropischer Regenwald. Zwar nehmen Mangroven weltweit nicht einmal ein Prozent der Fläche des tropischen Waldes ein. Diese Fläche wäre jedoch Forschern zufolge ausreichend, um etwa das 2,5-fache der heute jährlich ausgestoßenen fossilen CO2-Emissionen zu binden, nämlich ca. 20 Milliarden Tonnen Kohlenstoff.

Trotz dieses Potenzials werden Mangroven bisher kaum in Programmen zur „Verringerung von Emissionen aus Entwaldung und zerstörerischer Waldnutzung“ (UN-REDD-Programm) berücksichtigt. REDD ist ein Mechanismus der internationalen Klimaschutzpolitik mit folgender Grundidee: Reduzieren Entwicklungsländer die Abholzung von Wäldern nachweislich, so erhalten sie dafür Ausgleichszahlungen. Die entstehenden Kosten tragen größtenteils die Industrienationen, indem sie Emissionszertifikate kaufen, um die von ihnen produzierten Treibhausgasemissionen „auszugleichen“.

Mangrovenschutz ist wirtschaftlicher Klimaschutz

Wissenschaftler haben den monetären Wert und die Kosten des Mangrovenschutzes auf Basis des CO2-Speicherpotenzials dieser Ökosysteme berechnet. Sie kommen zu dem Schluss, dass der Erhalt der Mangrovenwälder eine wirksame Strategie sein kann, um Treibhausgasemissionen weltweit zu verringern. Der Schutz der Mangroven über den Verkauf von Emissionsrechten ist dabei auch wirtschaftlich sinnvoll. Ihr Fazit: Mangroven als CO2-Speicher ließen sich in das aktuelle REDD-Programm problemlos integrieren.

Vom CO2-Speicher zum Wirtschaftsfaktor

Mit einem hochauflösenden Flächenraster (9 x 9 km) erfassten die Wissenschaftler die Fläche der tropischen Mangrovenwälder weltweit. Für jedes Land schätzten sie, wie viel Kohlendioxid die Wälder in ihrer Biomasse und im Boden speichern können. Dann errechneten sie auf Basis der jährlichen Abholzungsraten in verschiedenen Ländern, wie viel CO2 durch die Zerstörung der Mangroven jährlich freigesetzt wird. Diese Emissionen lassen sich entsprechend der Marktpreise für Emissionszertifikate und der Kosten für die Reduzierung von Emissionen aus anderen (fossilen) Quellen monetär bewerten – und den Kosten zur Vermeidung dieser Emissionen gegenüberstellen. Hier berücksichtigten die Wissenschaftler insbesondere die Kosten für die Einrichtung und Pflege von Schutzgebieten sowie Kosten, die dadurch entstehen, dass die geschützten Flächen nicht für Landwirtschaft, Fischerei und Bauwirtschaft zur Verfügung stehen. Diese sog. Opportunitätskosten unterscheiden sich je nach Art der Landnutzung und der Region. Und auch die Effizienz der öffentlichen Verhaltung beeinflusst diese Kosten.

Der Wert von Mangrovenwäldern

Das größte Potenzial zur Emissionsreduktion haben den Schätzungen der Forscher zufolge die Mangrovenwälder in Asien und Ozeanien mit zwei Dritteln der weltweiten CO2-Speicherkapazität in Mangroven. Je ein Sechstel des weltweiten CO2-Speicherpotentials entfällt auf die zwei Regionen Amerika/Karibik sowie Afrika/Mittlerer Osten.

Die Reduktion von Treibhausgasemissionen über den Erhalt von Mangroven ist dann wirtschaftlich attraktiv, wenn die Kosten für den Mangrovenschutz nicht höher sind als die Kosten für andere Maßnahmen zur Emissionsreduktion z.B. in der Industrie oder Energieerzeugung. Nach den Berechnungen der Forscher könnten durch Schutzprogramme die potenziellen Emissionen aus Mangroven in den meisten Regionen für Kosten von weniger als 10 $ pro Tonne CO2 vermieden werden – dies ist deutlich weniger als der aktuelle Emissionshandelspreis von $ 20 pro Tonne Kohlenstoff.

In einigen Regionen, z.B. Indonesien und Thailand, sind jedoch große Investitionen nötig, um den Verlust der Mangroven aufzuhalten. In diesen Ländern sind die Opportunitätskosten sehr hoch durch die guten Ertragsprognosen für andere Landnutzungen wie Palmölplantaten und Shrimps-Aquakulturen oder auch wegen hoher Landkosten. Die Einrichtung von großflächigen Schutzgebieten kann daher weitgreifende wirtschaftliche Effekte in den Regionen haben. Um die Auswirkungen und die Opportunitätskosten der verschiedenen Landnutzungen für die einzelnen Regionen abzuschätzen, ist weitere Forschung nötig.

Ineffiziente Strukturen verursachen Mehrkosten

Die Länder, in denen Mangroven wachsen, unterscheiden sich stark in der Effizienz ihrer Regierungs- und Verwaltungsstrukturen. Für langfristige Schutzprogramme bedeuten ineffiziente Strukturen politische, wirtschaftliche und auch soziale Risiken, und damit eine Unsicherheit für Investitionen. Um Risiken zu minimieren, könnte in solchen Ländern gezielt in effizientere Strukturen investiert werden – dies bedeutete höhere Kosten für die Einrichtung von Schutzgebieten. Eine Alternative wäre, diese Länder vom Handel mit Emissionszertifikaten auszuschließen. Ein solcher Ausschluss würde vor allem Regionen in Afrika und den Mittleren Osten treffen und die auf dem Markt verfügbare CO2-Speicherkapazität stark reduzieren. In der Folge würde der Emissionshandelspreis pro Tonne Kohlenstoff ansteigen.

Nebeneffekt Biodiversität

Ein Nebeneffekt des Mangrovenschutzes ist, dass die vielfältige Artenvielfalt in diesen Ökosystemen erhalten bleibt – mit all ihren positiven Auswirkungen auf Natur, Mensch und z.B. Fischerei. Für ihre bisherigen Berechnungen hatten die Wissenschaftler Mangrovengebiete in den einzelnen Ländern ausgewählt, die durch möglichst geringe Investitionen in Schutzgebiete umgewandelt werden könnten. Würde man hingegen die Gebiete mit besonders großer Artenvielfalt bevorzugt in Schutzgebiete umwandeln, so wäre dies nicht bedeutend teurer, ermittelten die Forscher. Für den Biodiversitätsschutz wäre diese Strategie jedoch effektiver. Eine Biodiversitäts fokussierte Strategie würde jährlich etwa $ 30 – 35 Millionen mehr kosten – pro Tonne CO2 wäre dies lediglich ein Preisanstieg von etwa $ 1. Um diese Daten zu verifizieren, sollten unter Berücksichtigung weiterer Faktoren und detaillierterer Daten weitere Studien durchgeführt werden, so die Forscher.

REDD (+) anpassen

Die Studie zeigt auf, wie der Nutzen von Klima- und Umweltschutzmaßnahmen ökonomisch beziffert werden kann. Den Berechnungen zufolge, ist der Schutz der weltweit bedrohten Mangrovenwälder nicht nur bezahlbar. Er bietet darüberhinaus wirtschaftliche Potenziale für den Klimaschutz und hätte positive Auswirkungen auf den Erhalt der Artenvielfalt.

Eine Einbeziehung von Mangrovenwäldern in den REDD-Mechanismus wäre den Wissenschaftlern zufolge möglich und sinnvoll. Der größte Teil des in Mangroven gespeicherten CO2 ist im Boden gebunden. Bislang wird jedoch Boden-gespeichertes CO2 in REDD nicht berücksichtigt. Dies müsse sich ändern, fordern die Wissenschaftler.

Quelle:

Siikamäki, J. et al. (2012): Global economic potential for reducing carbon dioxide emissions from mangrove loss. PNAS (30. Juli 2012), doi:10.1073/pnas.1200519109.

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