Globale Pandemie versetzt Amphibien in Not – Wissenschaftler bitten Bergwanderer um Mithilfe

In den Pyrenäen ist unter Amphibien die Bd-Krankheit inzwischen recht verbreitet.<br>Foto: Dr. Dirk Schmeller / Station d’Ecologie Expérimentale du CNRS à Moulis<br>

Batrachochytrium dendrobatidis (Bd) ist ein mikroskopisch kleiner Hautpilz, der sich mittlerweile weltweit verbreitet hat, Amphibien Populationen befällt und dabei die Krankheit Chytridiomykose auslöst. Der Pilz, bzw. die Krankheit führt weltweit zu Massensterben, Populationsrückgängen und dem Aussterben von Amphibienarten.

Inzwischen ist bekannt, dass Bd auch in Europa angekommen ist und vor allem die Amphibien in den Alpen und die Pyrenäen befallen hat. Untersuchungen von Wissenschaftlern und Naturschützern haben gezeigt, dass die Chytridiomykose in den Pyrenäen Massensterben bei der Geburtshelferkröte ausgelöst hat.

Die Krankheit Chytridiomykose wurde in Europa zum ersten Mal in Spanien entdeckt. Dort konnte der Biologe Jaime Bosch 1999 feststellen, dass die Krankheit ursächlich ist für den Rückgang von Population der Geburtshelferkröte und des Feuersalamanders. Schon 2005 wurde Bd in mehr als 20 Arten in 5 Ländern nachgewiesen (England, Italien, Portugal, Spanien und Schweiz). Zur Ausbreitung der Krankheit kann auch der Handel mit invasiven exotischen Arten beitragen.
„Dazu gehört zum Beispiel der Nordamerikanische Ochsenfrosch (Lithobates catesbeianus), der mittlerweile in weiten Teilen Europas etablierte Populationen aufweist und den Pilz potentiell in noch nicht infizierte Amphibienpopulationen verschleppen kann“, erklärt Dr. Mark Auliya vom UFZ. Es stellt sich nun die Frage, ob unsere Teiche und Seen in Bergen bald keine Amphibien mehr beherbergen und wir kein Froschquarken mehr hören werden in der Zukunft.

Zurzeit sieht es so aus, dass die Krankheit sich besonders in Regionen, die bei Wanderern populär sind, ausbreitet. Aber mit einem mikroskopischen Organismus ist es immer schwierig, die genaue Infektionsquelle zu finden. Warum diese Krankheit sich so schnell ausbreiten kann ist immer noch wenig verstanden. Deshalb hat sich ein internationales Forscherteam im Projekt RACE (www.bd-maps.eu) zusammengefunden. Überall in der Welt, auch in Europa, sind Amphibien bedroht: Von den 85 europäischen Amphibienarten haben 60 Prozent zurückgehende Populationsgrößen und –zahlen, und 64 dieser Arten kommen nur in Europa vor. Europa hat für diese Arten also eine besondere Verantwortung, besonders weil viele dieser Arten in der Roten Liste der IUCN als bedroht oder fast bedroht eingestuft werden. Bei dieser Verantwortung will das Projekt RACE helfen.

Die Wissenschaftler bitten daher alle Naturfreunde, Touristen, Bergwanderer um ihre Mithilfe bei einer Umfrage:

„Und Sie können uns helfen! Es gibt z.Z. wenige Möglichkeiten Bd in der Natur zu bekämpfen und in vielen Fällen sind nur Präventivmaßnahmen möglich, die weitere Verbreitung einzudämmen und unsere Amphibien zu schützen. In Bergregionen können Wanderer, Spaziergänger, Naturalisten und Einwohner helfen. Ein paar wenige und einfache Gesten können die Verbreitung verlangsamen, aber sind Sie bereit Ihr Verhalten zu ändern? Wir Wissenschaftler sind deshalb auch darauf angewiesen, die Mechanismen der Ausbreitung besser zu verstehen. Um uns in diesem Unterfangen zu helfen, sammeln wir Informationen zu Ihrem Wanderverhalten und Einstellung bzgl. möglicher Naturschutzmaßnahmen, um die Ausbreitung des Pilzes und das Amphibiensterben zu stoppen. Diese Umfrage wird RACE helfen, die besten Naturschutzmaßnahmen zu erarbeiten und an die Öffentlichkeit anzupassen. Der Fragebogen wird Sie etwa 15 Minuten kosten, aber Ihre Antworten sind von extrem hohem Interesse für uns. Bitte helfen Sie uns, in dem Sie ehrlich und offen antworten“, so die Wissenschaftler des RACE-Projektes.

Die Umfrage ist online unter:
http://www.bd-maps.eu/survey/?lang=de

Bisher sind bei den Wissenschaftlern 1089 Rückmeldungen eingegangen. Darunter sind 486 Frauen und 594 Männer von 26 Ländern. 80 Prozent kommen aus Frankreich. Wesentlich weniger liegen dagegen aus anderen Ländern vor: 40 Rückmeldungen aus Deutschland (3.8%), 30 aus UK (2.8%) und 29 aus Belgien (2.7%). Um eine repräsentative Umfrage für ganz Europa zu haben, sind Rückmeldungen besonders aus dem deutschsprachigen Raum sehr wichtig.

Weitere Informationen:
PD Dr. Klaus Henle, Dr. Dirk Schmeller, Dr. Mark Auliya
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Tel. 0341-235-1270, -1646
http://www.ufz.de/index.php?de=1868
http://www.ufz.de/index.php?de=19706

Dr. Dirk Schmeller
Station d’Ecologie Expérimentale du CNRS à Moulis (Frankreich)
Tel.: +33 5 61 04 03 73http://dirk.die-schmellers.de
http://www.ufz.de/index.php?de=12786

Dr. Matthew Fisher, Projektkoordinator RACE
Imperial College London
http://www1.imperial.ac.uk/medicine/people/matthew.fisher/

oder

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Pressestelle
Tilo Arnhold
Telefon: (0341)-235-1269
http://www.ufz.de/index.php?de=640

Links:
Save The Frogs Day – April 28th, 2012:
http://www.savethefrogs.com/day/
RACE – Risk Assessment of Chytridiomycosis to European Amphibian Biodiversity:
http://www.bd-maps.eu/
Chytridpilz bedroht Amphibien in höheren Lagen offenbar stärker – Erste Ergebnisse aus dem EU-Projekt RACE (Pressemitteilung vom 14. April 2010):
http://www.ufz.de/index.php?de=19544
RACE in Froglog:
http://www.amphibians.org/wp-content/uploads/2012/03/FrogLog101.pdf

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 1000 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
http://www.ufz.de/

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 33.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 18 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3,4 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).

http://www.helmholtz.de

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Weitere Informationen:

http://www.bd-maps.eu/survey/?lang=de

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