Damit es wieder rauscht im Bach: Wald und Wirtschaft im Einklang

Frisch, sprudelnd und klar, so stellen wir uns Bäche in Wäldern vor – wie sie sich ihren Weg über kühle, glatte Steine, im Schatten tiefgrüner Buchen bahnen. Ein romantisches Bild oder doch nur eine Fata Morgana?

Um Wälder bewirtschaften zu können, werden häufig Wege gebaut. Bäche können dabei stören: Oft werden sie etwa mit Betonrohren kanalisiert und schnurgerade in die gewünschte Richtung gezwängt. Die Folge: Der ökologische Zustand vieler Bäche in deutschen Wäldern ist bedenklich. Fische und Kleinlebewesen können sich in den künstlich beeinflussten Gewässern kaum ausbreiten.

Aus diesem Grund förderte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) in einem Projekt der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA, Freiburg) modellhafte Maßnahmen zum Erhalt und zur Entwicklung naturnaher Bachläufe mit knapp 218.000 Euro. Die Ergebnisse sind jetzt in zwei aktuellen Leitfäden für Waldbesitzer und Forstbetriebe einsehbar.

„Mit dem Projekt wurde ein wichtiger Beitrag zum Waldnaturschutz in Deutschland geleistet“, erklärt DBU-Experte Dr. Volker Wachendörfer. „Ziel des Vorhabens war es, die Waldbewirtschaftung mit den Erfordernissen von Bächen in Einklang zu bringen und die Fließgewässer ihrem natürlichen Ursprungszustand wieder anzunähern.“ Dazu habe die FVA im Stadtwald von Nürtingen sowie im Feldberggebiet bei Schönau im Schwarzwald eine Vielzahl unterschiedlicher Gewässerentwicklungsmaßnahmen durchgeführt. „Unter anderem wurde nach ökologisch verträglichen Lösungen zur Unterquerung von Wegen gesucht“, schildert Wachendörfer. Statt beispielsweise die Bäche mittels Rohren unter Wegen herzulenken, seien Furten angelegt worden, die von den Waldbauern mit ihren Nutzfahrzeugen unproblematisch durchfahren werden könnten. „Künstliche Gewässerüberquerungen werden von Fischen oftmals nicht durchwandert. Wenn möglich wurde daher ganz auf sie verzichtet und Zufahrten wurden stattdessen umgeleitet“, so Wachendörfer.

Doch nicht alle Hindernisse wirken sich negativ auf die Bäche und ihre Lebewesen aus. „Natürliche Engpässe durch Steine, Äste oder kleine Baumstämme sind für die Gewässerdynamik sogar wünschenswert“, weiß der DBU-Experte. Daher seien Totholz und Störsteine gezielt in die Bäche eingesetzt worden, an denen sich das Wasser bricht und wodurch es sich immer wieder neue Wege suchen muss. „Man sollte den Bach hören können, sein natürliches Rauschen. Eine große Abwechslung im Gewässerverlauf bildet die Grundlage für eine Vielfalt an Flora und Fauna“, so Wachendörfer.

Zu den weiteren Maßnahmen des Projekts gehörte die Anpflanzung von standorttypischen Bäumen wie heimischen Weiden, Eschen und Berg-Ahorn. „Nicht nur die künstlichen Eingriffe in den Gewässerverlauf sind problematisch, auch die Waldbewirtschaftung in direkter Randlage zu den Bächen“, so Wachendörfer. Fichtenschonungen an den Ufern trügen beispielsweise dazu bei, dass sich vermehrt Nadeln im Wasser ablagern würden. „Das wiederum wirkt sich ebenfalls negativ auf die Tierwelt aus.“ Daher seien Fichten entlang der Ufer entnommen worden. „Die dadurch veränderten Lichtbedingungen haben unter anderem auch zu einer höheren Artenvielfalt in den Bächen beigetragen“, erklärt der DBU-Experte.

Eine abschließende Auswertung des Projekts zeigt: Die Durchwanderbarkeit der Bäche für Fische, Insektenlarven, Würmer und andere dort lebende Organismen wurde ebenfalls erhöht. In einem Experiment ausgesetzte markierte Bachforellen konnten die umge-stalteten Hindernisse und Wegkreuzungen problemlos durchwandern. „Alle Maßnahmen haben sich als geeignet erwiesen, die Bäche wieder ihrem natürlichen Zustand anzunähern und trotzdem mit den Erfordernissen der Waldbewirtschaftung in Einklang zu bringen“, freut sich Wachendörfer.

Die gewonnenen Erkenntnisse sind nun in dem von der FVA entwickelten „Handbuch Wald und Wasser“ (Download unter www.waldwissen.net) sowie im Leitfaden der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden Württemberg (LUBW) „Durchgängigkeit für Tiere in Fließgewässern. Teil 4“ (Download unter www.lubw.baden-wuerttemberg.de) zusammengefasst worden. „Somit sind die Projektergebnisse leicht auf die Praxis übertragbar“, so Wachendörfer.

Media Contact

Franz-Georg Elpers idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Merkmale des Untergrunds unter dem Thwaites-Gletscher enthüllt

Ein Forschungsteam hat felsige Berge und glattes Terrain unter dem Thwaites-Gletscher in der Westantarktis entdeckt – dem breiteste Gletscher der Erde, der halb so groß wie Deutschland und über 1000…

Wasserabweisende Fasern ohne PFAS

Endlich umweltfreundlich… Regenjacken, Badehosen oder Polsterstoffe: Textilien mit wasserabweisenden Eigenschaften benötigen eine chemische Imprägnierung. Fluor-haltige PFAS-Chemikalien sind zwar wirkungsvoll, schaden aber der Gesundheit und reichern sich in der Umwelt an….

Das massereichste stellare schwarze Loch unserer Galaxie entdeckt

Astronominnen und Astronomen haben das massereichste stellare schwarze Loch identifiziert, das bisher in der Milchstraßengalaxie entdeckt wurde. Entdeckt wurde das schwarze Loch in den Daten der Gaia-Mission der Europäischen Weltraumorganisation,…

Partner & Förderer