Köhler: Umweltpreisträger machen Mut, dass die neue industrielle Revolution in der "Einen Welt" gelingt

Anlässlich der Preisverleihung betonte Bundespräsident Horst Köhler die enorme Bedeutung des Klimaschutzes für die Menschheit: „Beim Klimawandel zeigt sich besonders deutlich, dass die Nationen der Welt eine Schicksalsgemeinschaft sind. Jetzt sehe ich die große Chance, dass sie endlich auch zur Verantwortungs- und zur Lerngemeinschaft werden.“

Köhler, der den Preis wie in den Vorjahren persönlich überreichen wollte, aufgrund technischer Probleme der Flugbereitschaft aber kurzfristig nicht nach Aachen kommen konnte, sagte in einer aus Anlass der Preisverleihung verbreiteten Stellungnahme, es gehe darum zu verhindern, dass der Klimawandel Millionen von Menschen Nahrungsgrundlage und Heimat nehme, und zu sichern, dass die natürlichen Lebensgrundlagen „unserer Einen Welt“ geschützt würden. Die gründliche wissenschaftliche Analyse des Weltklimarates habe eindringlich vor Augen geführt, dass gehandelt werden müsse. Köhler: „Und zwar jetzt. Denn je länger wir warten, desto enger wird unser Handlungsspielraum und desto teurer werden uns die Folgen des Klimawandels zu stehen kommen.“

Das Staatsoberhaupt forderte in seiner Stellungnahme von der im Dezember anstehenden Klimakonferenz auf Bali einen erfolgreichen Abschluss eines Nachfolgeprotokolls für Kyoto. Das Kyoto-Protokoll ist eine Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, die 1997 erstmals verbindliche Ziele für den Ausstoß von Treibhausgasen festschrieb und 2012 ausläuft. Dabei sei klar, dass im Kampf gegen den globalen Kohlendioxid-Ausstoß (CO2) den Industriestaaten die größte Umstellung ins Haus stehe. Denn da sie Hauptverursacher des menschengemachten Klimawandels seien, müssten sie auch den größten Beitrag zu seiner Bekämpfung leisten. Ebenso wichtig sei es aber, dass es gelinge, in den aufstrebenden Schwellenländern das Wirtschaftswachstum von den Klima- und Umweltentlastungen zu entkoppeln. Das sei vor allem eine technologische Herausforderung. Köhler: „Wir in den reichen Ländern stehen nicht nur in der Pflicht, sondern haben auch ein Eigeninteresse daran, die ärmeren Länder zu unterstützen, damit sie unsere Fehler nicht wiederholen.“

Die Bedrohungen durch den Klimawandel machten wie fast kein anderes Thema deutlich, dass es im 21. Jahrhundert „keine vernünftige Alternative zu einer kooperativen Weltpolitik gibt.“ Als „zielführend“ bezeichnete Köhler den Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Pro-Kopf-Werte der Industrie- und Schwellenländer für den Ausstoß von Kohlendioxid langfristig anzugleichen. Köhler: „Jeder Mensch auf dieser Erde hat grundsätzlich das Recht auf dasselbe – begrenzte – Maß an CO2-Emissionen. Jeder Mensch muss die Chance auf Entwicklung haben und auch die Möglichkeit, ein Leben frei von Not und Armut zu führen.“ Die Klimadebatte jedenfalls habe die Erkenntnis zum Allgemeingut gemacht, dass wir in einer Welt lebten, dass unser tägliches Handeln Auswirkungen auf das Leben der Menschen in ganz anderen Regionen der Welt habe und dass es Probleme gebe, die die Weltgemeinschaft nur gemeinsam lösen könne.

Auch den „vom Menschen verursachten“ Rückgang der Artenvielfalt bezeichnete der Bundespräsident als besorgniserregend. Seit 1970 sei die Anzahl der Arten weltweit um etwa 40 Prozent zurückgegangen, ganze Ökosysteme seien in Gefahr. Zwei Fünftel des tropischen Regenwalds etwa seien vernichtet. Jedes Jahr schrumpfe er um eine Fläche von der Größe Süddeutschlands. Köhler: „Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen.“ Um den Verlust der Biodiversität erheblich zu verringern, seien deutlich mehr Anstrengungen nötig. Köhler: „Wir müssen alle – im Norden wie im Süden, im Westen wie im Osten – begreifen, dass die wunderbare Vielfalt der Natur ein gemeinsames Erbe ist, das wir auch nur gemeinsam bewahren können.“

Die Aufgaben zum Schutz des Klimas und der Artenvielvalt seien riesig, aber nicht unlösbar. Köhler: „Mit modernen, kohlenstoffarmen Technologien, mit einer nachhaltigeren Gestaltung unseres Lebensstils im Sinne von 'gut leben' statt 'viel haben' und einem fairen Miteinander der reichen und armen Staaten dieser Welt können wir dafür sorgen, dass die Erde auch für unsere Kinder und Enkel wohnlich bleibt.“ Die Frage sei, ob es schon ein mutiges und stimmiges Konzept gebe, die „neue industrielle Revolution“ voranzutreiben. Die Träger des Deutschen Umweltpreises gäben mit ganz konkreten Beispielen Mut, auf diese Frage zukunftsfähige Antworten zu finden.

Prof. Dr. Martin Faulstich, Mitglied des Sachverständigenrates für Umweltfragen, betonte in seiner im Festakt per Film eingespielten Laudatio auf Schellnhuber, er habe mit hoher Kompetenz und persönlichem Engagement die internationale Klimaschutz-Diskussion geprägt. Es bestehe kein Zweifel mehr am Treibhauseffekt und dass dieser die Erde stärker bedrohe als bisher angenommen. Daher sei mehr denn je entschiedenes und gemeinsames Handeln von Politik und Wissenschaft notwendig. Einer, der diese Kooperation in herausragender Weise verkörpere, sei der Chef des PIK. Zu den Preisträgern Köhler/Schmitt führte Faulstich aus, ihrer Pioniertat sei es zu verdanken, dass es heute eine umweltverträgliche Alternative zu stärker klimaschädigenden Kältemitteln in Fahrzeug-Klimaanlagen gebe. Sie erhielten den Deutschen Umweltpreis für ihre langjährige beharrliche Innovationsarbeit in der Kälte- und Klimatechnik. Sie hätten gezeigt, dass eine intensive Zusammenarbeit zwischen Mittelstand und Forschung letztlich zum Erfolg führe.

Schellnhuber kritisierte, dass die Mahner vor den Folgen einer Klimaveränderung bisher immer auf taube Ohren gestoßen seien, erst das Jahr 2007 einen Wandel herbeigeführt habe. Die Situation sei tatsächlich dramatisch und alles andere als ein Luxusproblem. Notwendig sei es in der Zukunft angesichts endlicher Energien wir Gas, Öl und Kohle, Energiesystem neu zu erfinden und vor allem auf erneuerbare Energien zu setzen. Und da eine Klimaveränderung von zwei Grad in jedem Fall kommen werde, müssten etwa Städte neu geplant, müssten um sie herum lanschaftlich „Speckgürtel“ angelegt werden, um eine energetische Versorgung der Bewohner etwa mit Bioenergie sicher zu stellen. Einer „Ökodiktatur“ erteilte Schellnhuber eine klare Absage. Vielmehr müssten die Zivilgesellschaften noch viel stärker mobilisiert werden, um die Politik zur Lösung der Probleme „vor sich her zu treiben“.

Schmitt und Köhler betonten, dass der Einsatz von natürlichem CO2 als Kältemittel in Fahrzeugklimaanlagen als Ersatz für die 1.400-fach klimaschädlicheren chemischen Mittel in der Produktion natürlich zunächst zusätzliche Kosten produziere – doch das sei bei jeder neuen Technologie so. Und natürlich sei es das Interesse der chemischen Industrie gewesen, in diesem Milliarden-Markt weiter mitspielen zu können. Umso mehr lobten sie den Mut der deutschen Automobilindustrie, auf diese Technik umzustellen, Ob das auch für den Markt in den USA gelinge, müsse abgewartet werden, denn in den USA sei das Thema Klimaschutz ja überhaupt erst seit einem Jahr ein Thema. Hier hofften sie auf die Fürsprache des Friedensnobelpreisträgers Al Gore, der versprochen habe, sich mit der Frage einer klimaschonenderen Fahrzeug-Klimatisierung auseinander zu setzen.

Zur Preisträgerin Weber sagte Prof. Dr. Klaus Töpfer, ehemaliger Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), ebenfalls in einer Videobotschaft, nachhaltige Entwicklung der Welt könne nur erreicht werden, wenn sie auf kommunaler Ebene umgesetzt werde. Eine der Ersten, die das gemacht habe, sei Beate Weber in Heidelberg gewesen. Sie erhalte den Deutschen Umweltpreis für ihre Pioniertätigkeit im kommunalen Umweltschutz, für die Tatsache, dass sie ihre Arbeit auf kommunaler Ebene über die Grenzen Deutschland hinaus vertreten und glaubwürdig umgesetzt habe. Töpfer: „Sie erhält ihn als Signal für viele in der Kommunalpolitik, vor Ort das zu tun, was wir brauchen, um diesen Planeten auf Dauer lebensfähig zu erhalten.“

Beate Weber sagte, es habe ihr viel Freude gemacht, sich mit diesem interessanten Thema politisch zu befassen. Mit „wunderbaren Beschäftigten“ in der Heidelberger Stadtverwaltung sei es ihr gelungen, Strukturen aufzubrechen und vom globalen Denken zum lokalen Handeln zu kommen. Es reiche nämlich nicht aus, auf Gesetze von oben zu warten, sondern in der Kommune von unten auch selbst zu reagieren. Nicht durch Verordnungen, sondern durch gemeinsames Handeln habe es Heidelberg auch geschafft, die Unternehmen der Stadt in die Umwelt- und Klimaschutz-Aktivitäten einzubeziehen und als verlässliche Partner für die Zukunft zu gewinnen. Weber mit Blick auf den Klimaschutz: „Es ist notwendig zu handeln, man kann es aber auch.“

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Franz-Georg Elpers idw

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