Afrika: Lebensvielfalt nachhaltig nutzen

Der weltweite Klimawandel ist in aller Munde. Die Wissenschaft hat Afrika als den Kontinent identifiziert, den es am härtesten treffen wird. Das wird voraussichtlich nicht ohne gravierende Auswirkungen auf die Industrieländer bleiben, wenn dieser Entwicklung nicht rechtzeitig gegengesteuert wird.

Auf dem afrikanischen Kontinent sind die vielen trockenen Lebensräume aufgrund der schon heute hohen Temperaturen und knappen Niederschläge besonders anfällig gegenüber den von allen Modellen vorausgesagten weiteren Klimaveränderungen. Der Ackerbau zum Beispiel ist in Afrika überwiegend vom Regen abhängig, weil es aus Wassermangel so gut wie keine Bewässerungssysteme gibt.

„Gerade in Westafrika, wo sich das Klima von der Atlantikküste bis zur Sahara sehr stark unterscheidet, sind die Folgen der Klimaveränderung in den trockenen Zonen bereits deutlich zu spüren“, sagt Professor Karl Eduard Linsenmair vom Biozentrum der Uni Würzburg. Dort regne es immer seltener und unvorhersehbarer, was zu einer tief greifenden Veränderung der Vegetation vor allem in den Trockengebieten führt. Letztlich drohe dort der Zusammenbruch der Ökosysteme. Der Sahel – schon immer eine besondere Problemzone – könnte bis zu 80 Prozent der bisher dort vorkommenden Tier- und Pflanzenarten verlieren, so die aus Klimamodellierungen abgeleitete Prognose des Professors.

Die nachteiligen Effekte des Klimawandels werden in der dicht bevölkerten, über weite Bereiche von großer Armut geprägten Region auch noch massiv verstärkt: durch die zu starke Nutzung aller natürlichen ökologischen Ressourcen und durch die immer stärker voranschreitende Umwandlung naturnaher Gebiete in Nutzflächen. „Vielerorts ist ein Teufelskreis von Armut und sich stetig intensivierender Übernutzung der Natur entstanden. Er muss durchbrochen werden, wenn sich die Situation verbessern soll“, mahnt Linsenmair.

Managementkonzepte und Handlungsrezepte zur Überwindung dieser Probleme werden seit 2001 im Projekt Biota-West erarbeitet, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Im März 2007 ist nun der Startschuss für die dritte Förderperiode gefallen, in die das Ministerium insgesamt 6,6 Millionen Euro investiert. Die Uni Würzburg spielt dabei eine zentrale Rolle: Vom Biozentrum aus koordinieren Linsenmair und sein Team am Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie insgesamt 16 Universitäten und wissenschaftliche Institute in Deutschland, Burkina Faso, Benin und Elfenbeinküste. Aus Würzburg ist zudem der Lehrstuhl für Fernerkundung von Professor Stefan Dech beteiligt.

Im Rahmen von Biota fördert das BMBF auch Arbeiten im südlichen und östlichen Afrika (Biota-Southern Africa, Biota-East). Im Süden laufen ebenfalls Forschungsarbeiten unter der Leitung von Linsenmair. Insgesamt stellt das Ministerium dem Würzburger Team für die Biota-Projekte 3,3 Millionen Euro zur Verfügung.

Biota vereinigt natur- und geisteswissenschaftliche Disziplinen: Neben der Zoologie und der Fernerkundung, die in Würzburg angesiedelt sind, arbeiten Botaniker, Bodenkundler, Chemiker, Ethnologen und Sozioökonomen eng mit den Partnern an den afrikanischen Universitäten zusammen. Gemeinsam entwickeln sie nachhaltige Nutzungsmethoden und effektive Schutzkonzepte, die der Lebensvielfalt (Biodiversität) zu Gute kommen und den Zusammenbruch der afrikanischen Ökosysteme verhindern sollen.

Linsenmair ist überzeugt: Nur so können die „Dienstleistungen“ der Ökosysteme, die für die Bevölkerung überlebenswichtig sind, erhalten werden: Bodenfruchtbarkeit, Erosionsschutz, Wasserreinigung und Klimakontrolle sind nur einige davon. Genauso angewiesen sind die Bewohner auf die Produkte der Ökosysteme, wie pflanzliche und tierische Nahrung, Rohstoffe für Kleidung oder für die technische und medizinische Nutzung. In der dritten Förderperiode von Biota-West soll es vorrangig darum gehen, wie sich solche Gebrauchsprodukte naturschonend und nachhaltig erzeugen lassen.

Das Projekt ist Teil des vom BMBF geförderten Biolog-Forschungsprogramms (Biologische Vielfalt und Globaler Wandel). Deutschland ist als Vertragspartner des Übereinkommens über die biologische Vielfalt dazu verpflichtet, die darin beschriebenen Ziele umzusetzen. Das Rio-Übereinkommen unterstreicht die Notwendigkeit, die Bedeutung der Vielfalt für das Funktionieren von Ökosystemen zu verstehen, um daraus Strategien zur Erhaltung und für eine nachhaltige Nutzung der Vielfalt abzuleiten. „Um Antworten auf diese für die Menschheit im wahrsten Sinne des Wortes überlebenswichtigen Fragen liefern zu können, bedarf es einer größtmöglichen Vielfalt an Ideen, wissenschaftlichen Ansätzen und Disziplinen. Mit Biolog hat Deutschland diese Herausforderung der Konvention angenommen“, so der Würzburger Professor.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Karl Eduard Linsenmair, T (0931) 888-4351, kelins@biozentrum.uni-wuerzburg.de http://www.biota-africa.de

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Robert Emmerich idw

Weitere Informationen:

http://www.biota-africa.de

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