Grundschleppnetz-Fischerei im Pazifik verboten

Ein Viertel der Weltmeere soll vor jenen Fischereiflotten verschont werden, die mit Grundschleppnetzen die Meeresböden durchpflügen. Das Abkommen der Regional Fisheries Management Organization (RFMO) wird am 30. September in Kraft treten und das Gebiet vom Äquator bis zur Antarktis zwischen Australien und der Westküste Südamerikas schützen. Experten hatten wiederholt vor den Umweltgefahren der Grundschleppnetzfischerei gewarnt, berichtet die Deep Sea Conservation Coalition – eine Allianz der wichtigsten Umweltgruppen.

Die Hochsee in der Region Südpazifik – also jene Gewässer, die außerhalb der Jurisdiktion von Staaten stehen – gehört zu den letzten und auch größten unberührten Tiefseeregionen der Welt. Besonders für Neuseeland, jenem Staat, der vor allem in dieser Region für 90 Prozent der Tiefseefischerei verantwortlich ist, bedeutet dieses Verbot eine massive Einschränkung. Die neuseeländische Delegation sieht damit eigentlich das Ende der Grundschleppnetz-Fischerei.

Die Entscheidung über ein Ende der Grundschleppnetz-Fischerei wird von den meisten Umweltgruppen und Ökologen begrüßt. Obwohl die Vereinbarung erst mit 30. September in Kraft tritt, werde bis dahin versucht diese zerstörerische Fischereimethode zu verhindern. Das wurde auch in einer Resolution der UN-Generalversammlung im Jahr 2006 festgelegt. Matthew Gianni von der Deep Sea Conserve Coalition sieht in der Vereinbarung einen wesentlichen Schritt zur Erhaltung der Biodiversität in den Weltmeeren. Es sei aber auch höchste Zeit, dieses Verbot auf andere Weltmeere auszudehnen.

„Nachdem die Fischerei in den flachen Gewässern fast überall am Rande des Abgrunds schwimmt, greifen die neuen, noch schnelleren Fangflotten in die unbekannten Tiefen der Weltmeere“, erklärte der Ozean-Ökologe der Harvard University, Callum Roberts. „40 Prozent aller Fischereigründe befinden sich bereits in der Tiefsee, also tiefer als der Kontinentalschelf“, so der Wissenschaftler. „Die neuen Technologien sind so effektiv, dass sie nicht nur ernten, sondern im wahrsten Sinn des Wortes abbauen.“

Untersuchungen in den vergangenen Jahren haben deutlich gezeigt, dass diese Art des Fischfangs die letzten Bastionen der Tiefsee komplett zerstört. Riffe, die 5.000 Jahre zum Wachsen gebraucht haben, werden innerhalb weniger Minuten vollständig vernichtet. Zudem haben Kontrollen ergeben, dass gerade bei dieser zerstörerischen Methode die Menge des nicht verwertbaren Beifangs bis zu 50 Prozent beträgt. „Fischen mit Grundschleppnetzen ist so, als würde man mit einem Bulldozer in einen Teich fahren, um die Fische zu fangen“, so der Fischereiexperte Elliot Norse, Präsident des Marine Conservation Biology Institute in Bellevue/Washington. Die Methode sei tödlich effizient. Mit den Grundschleppnetzen wird der Ozeanboden in ein bis zwei Kilometern Tiefe quasi umgepflügt, da schwere Stahlgewichte über den Grund des Meeresbodens gezogen werden.

Die Forscher kritisieren diese Methode auch deshalb, weil die Reproduktionszyklen in der Tiefsee wesentlich länger dauern. „Die Tiefsee ist immer noch ein weitgehend unbekanntes Terrain für uns“, meint Georg Kääb, Geschäftsführer vom Verband Deutscher Biologen und biowissenschaftlicher Fachgesellschaften, im pressetext-Interview. Meeresbiologe Jörg Ott vom Biozentrum der Universität Wien stimmen dem im pressetext-Gespräch zu: „Wenn man Lebewesen aus der Tiefsee hervorholt, ist eigentlich jeder Handgriff eine große Überraschung.“ Es gebe noch sehr große Gebiete im Bereich der Ozeanographie, die immer noch unbeschriebene Blätter sind. Die Tiefsee gehöre definitiv dazu.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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