Klimawandel, Biodiversitätswandel: Linnés verarmte Erben

In einer von vielen Fachgesellschaften und großen Naturschutzverbänden getragenen „Initiative Taxonomie“ fordern die Unterzeichner die Politiker in Bund und Ländern auf, sich wieder stärker der Forschungsförderung von taxonomischen und systematischen Lehrgebieten zu widmen, die in Deutschland am Aussterben sind.

Die aktuelle Ausgabe von GEO (5/07) interviewte dazu den Projektkoordinator, hier Auszüge:

„Linnés verarmte Erben

Biologen feiern in diesem Jahr den 300. Geburtstag des berühmten Naturforschers Carl von Linné. Er begründete das Ordnungssystem für Tiere und Pflanzen. Heute allerdings stecke die taxonomische Forschung in Deutschland in einer Krise, meint Georg Kääb, Geschäftsführer des Verbands deutscher Biologen.

GEO: Herr Dr. Kääb, was gibt es heute noch für Taxonomen zu tun?

Kääb: Das romantische Bild vom Artenforscher, der mit dem Schmetterlingsnetz über die Wiese zieht, hält sich beständig – hat jedoch mit der heutigen Arbeit nur noch wenig zu tun. Dabei ist die Fähigkeit Tiere, Pflanzen und andere Arten zweifelsfrei erkennen und gegebenenfalls neue entdecken zu können nicht nur für den Umweltschutz (etwa im Zuge der Veränderungen der Artenvielfalt durch den Klimawandel) von Bedeutung, sondern auch für die Nutzung biologischer Substanzen. Jährlich werden fast 1000 neue Naturstoffe aus Lebewesen der Meere entdeckt, die von der Krebsmedizin bis zur Entwicklung von Waschmitteln von wirtschaftlicher Relevanz sein können. Dabei können sehr nah verwandte Arten ein sehr unterschiedliches Substanzspektrum liefern – man muss sie also unterscheiden können. Dafür brauchen wir dringend Nachwuchswissenschaftler. Solche versuchen wir in der „Nationalen Ausbildungsinitiative Taxonomie“ zu fördern.
(…)
Was ist das Problem?
Bei der Vergabe von Fördergeldern bleibt die Forschung über die Grundlagen der Artenvielfalt regelmäßig unberücksichtigt. Mittlerweile wirkt sich dies auf die biologische Ausbildung soweit aus, dass Lehrstühle dort fehlen, wo es um eine ganzheitliche Forschung und Lehre der Artenvielfalt geht. Taxonomen betrachten nämlich nicht nur einzelne Exemplare oder Bestandteile von Organismen, sondern zusätzlich die spezifische Verbreitung und Anforderung einer Art an das umgebende Ökosystem. Ohne die Verknüpfung all dieser Informationen wäre auch das Erkennen einer neuen Art unmöglich. Selbst das AIDS-Virus musste ja erst einmal als ein „neuer“ Organismus erkannt und beschrieben werden.

Was muss Ihrer Ansicht nach geschehen?

Wir brauchen eine nachhaltige Förderung der taxonomischen Grundlagenforschung in allen Bundesländern. Hierzu müssen sich entweder alle Länder gemeinsam oder auch zusammen mit dem Bund darauf verständigen, dass die Taxonomie als eine

nationale Aufgabe angesehen und entsprechend gefördert wird. Wir schlagen dazu in einer von vielen Organisationen unterstützten Initiative einen Wettbewerb um „Stiftungsprofessuren“ vor, um das Verschwinden des Expertenwissens an den Hochschulen zu verhindern. Es kann nicht sein, dass Deutschland als Ausrichter des „Weltgipfels für Biologische Vielfalt 2008“ kaum noch Forscher hat, die Arten zweifelsfrei unterscheiden können. „

Mittlerweile haben sich auch über 400 Professoren und Wissenschaftler als Unterstützer der „Initiative Taxonomie“ in eine Liste eingetragen, die unter:

http://www.taxonomie-initiative.de zu finden ist.

Jede weitere Unterstützung gerade aus der Klimaforschungs-Community und den Medien ist natürlich willkommen.

Ansprechpartner, Initiatoren und viel weiteres Hintergrundmaterial ist auf der angegebenen Website zu finden.

Media Contact

Dr. Georg Kääb idw

Weitere Informationen:

http://www.taxonomie-initiative.de

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