Wie oft eine Flut kommt und wie lange sie bleibt

Frank Dziock hat zu Heuschrecken ein gänzlich anderes Verhältnis als Deutschlands Vizekanzler Franz Müntefering. Für den Politiker sind sie nichts als Verderben bringende Ungeheuer, für den Biologen Dziock dagegen ausgesprochen wichtige Tierchen, an denen sich wunderbar Veränderungen in Ökosystemen beobachten lassen. Frank Dziocks Forschungsgebiet ist die Biodiversitätsdynamik terrestrischer Ökosysteme. Der Juniorprofessor beschäftigt sich also mit den Veränderungen der Artenvielfalt und der Vielfalt biologischer Lebensgemeinschaften von Ökosystemen auf dem Land.

Aktuell bereitet Frank Dziock zusammen mit dem Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung UFZ ein Projekt vor, in dem untersucht werden soll, wie sich das Ökosystem Auenlandschaft bei Roßlau an der Elbe in Sachsen-Anhalt nach Deichschlitzungen verändert. Dafür stellt Dziock Heuschrecken nach. „Im Sommer 2006 wurde bei Roßlau die erste Deichschlitzung an der Elbe überhaupt vorgenommen. Damit soll der Elbe wieder mehr Raum gegeben werden, um sich besonders in Zeiten des Hochwassers ausbreiten zu können. Vor der Deichschlitzung haben wir die Heuschrecken sowohl auf den Flächen erfasst, die schon immer überschwemmt wurden und die bisher nicht überschwemmt wur-den, weil sie der Deich schützte. Jetzt werden wir untersuchen, welche Veränderungen sich auf den Flächen ergeben, die zu den Überschwemmungsgebieten hinzugekommen sind. Durch den Vergleich der Areale wird man erforschen können, welche dynamischen Veränderungen sich durch solche menschlichen Eingriffe in der Biodiversität vollziehen“, erklärt Frank Dziock.

Bioindikation – ein Mittel zur Prognose

Dieses Vorhaben fußt auf einem Projekt des UFZ, an dem Dziock vor seiner Zeit an der TU Berlin mitarbeitete und in dessen Ergebnis ein bisher einmaliges Bioindikationssystem für Auenlandschaften erstellt wurde. Dieses Bioindikationssystem trifft unter anderem Aussagen darüber, wie lange und in welchen Abständen die Auenlandschaft der Elbe überflutet ist. „Über vier Jahre wurden nach der großen Elbeflut 2002 60 Flächen untersucht. Unsere Parameter waren die Überschwemmungsdauer in Wochen für eine Fläche und der Grundwasserflurabstand, also der Abstand von der Bodenkante bis zum Grundwasser. Diese Parameter wurden den auf der Fläche vorkommenden Arten zugeordnet. So haben wir zum Beispiel auf einer Fläche, die durchschnittlich 12,3 Wochen überflutet ist, eine bestimmte Laufkäferart ausgemacht. Vom Vorkommen dieser Laufkäferart kann nun bei einem unbekannten Flurstück darauf geschlossen werden, dass sie durchschnittlich zwölf Wochen überschwemmt ist. Neben den Bioindikatoren wie Käfer wurde dieses gleiche Verfahren auch auf die Bioindikatoren Schwebfliegen, Muscheln und bestimmte Pflanzen angewandt, so dass auf Grundlage unserer Daten aus dem Vorkommen einer Art oder einer Artenkombination auf ganz bestimmte Umweltbedingungen geschlossen werden kann“, erläutert Frank Dziock.

Die Bioindikation versetzt Wissenschaftler wie Dziock in die Lage, prognostizieren zu können, wie sich ein Ökosystem durch Eingriffe verändern wird. „Wir kennen jetzt den Zusammenhang zwischen Hydrologie und Artenvorkommen und werden im Folgenden hoffentlich auch untersuchen können, ob unsere Prognosen stimmen.“ Bioindikation und Prognose, die Wirkung von Extremereignissen und Klimawandel auf die Biodiversität markieren denn auch die zwei Pfeiler seiner Forschungen.

Neben seiner Berufung als Juniorprofessor war Frank Dziock noch ein anderer Erfolg beschieden. 2004 entdeckte der 37-Jährige eine bisher unbekannte Schwebfliegenart. Er gab ihr den Namen Brachyopa silviae – Silvias Baumsaftschwebfliege. Eine Liebesbekundung für seine Frau.

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Dr. Kristina R. Zerges idw

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