Aus blau wird grün – Auch Burgen "leiden" unter Pigmentstörungen

Zwei Denkmäler an unterschiedlichen Orten, aber eine ähnliche Problemlage: Die gotischen Wand- und Deckenmalereien auf Burg Ziesar und in der Marienkirche Herzberg (beide Brandenburg) haben sich drastisch verfärbt. „So sind etwa ehemals leuchtend rote Bereiche nun braun. Der Hergang der chemischen Reaktionen ist aber nicht geklärt“, weiß Wilfried Sitte vom Amt Ziesar.

Mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) von knapp 100.000 Euro wollen fünf Projektpartner interdisziplinär umweltschonende Restaurierungstechniken entwickeln. Dabei möchten das Amt Ziesar, das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege, die Materialprüfungsanstalt Bremen, die Fachhochschule Potsdam und die Kirchgemeinde Herzberg bisher nicht bekannte Zusammenhänge zwischen den baulichen Gegebenheiten und den Pigmentumwandlungen klären. „Wir hoffen, dass sich durch den Vergleich ein modellhafte Methode entwickeln lässt, auch für Kirchen in Bergen und Stralsund“, betonte DBU-Generalsekretär Dr. Fritz Brickwedde.

Bisherige Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Farbveränderungen etwa der Bleipigmente und des Azurits (ein Mineral) auf Luftstäube aus der Industrie zurückzuführen sind. Und gerade vorm Zusammenbruch der DDR hat die Verwendung stark schwefelhaltiger Braunkohle in Ostdeutschland zu starker Luftverschmutzung beigetragen. Doch anders als der Ort Herzberg liegt die Burg Ziesar nicht in einer traditionellen Industrieregion. „Trotz der unterschiedlichen Umweltbelastung gibt es in beiden Gebäuden ähnliche Schadensbilder“, weiß Sitte. Inwiefern sich auch Klima, Mikrobiologie und Salze auf die Pigmentveränderungen auswirken, wird das Team nun vergleichend untersuchen.

Als ehemalige Residenz der Brandenburger Bischöfe zählt die Burg zu den Hauptzeugnissen spätmittelalterlicher Schlossbaukunst in Norddeutschland. Bilder der Wurzel Jesse, des Stammbaumes Marias und einer Strahlenkranzmadonna – die Deckenmalerei in der Kapelle von Burg Ziesar war jahrzehntelang verborgen. Nach der Reformation hatten Gläubige die Flächen komplett weiß übergetüncht. Erst in den 50er Jahren legten Restauratoren die Bilder in der Kapelle wieder frei. Trotz der langen Ruhe veränderten sich genauso wie in der nahegelegenen Marienkirche Herzberg Farbpigmente der Malerei inzwischen drastisch: „Blaue Farben sind mittlerweile in Grüntöne umgeschlagen. Außerdem erscheinen große Partien der freigelegten Malerei ungewöhnlich undifferenziert und bräunlich schwarz“, weiß Sitte. Die Marienkirche verfügt in ihrem älteren Bestand über einen Wandmalereizyklus aus dem 15. Jahrhundert von europäischem Rang. Bilder des Jüngsten Gerichts, der Evangelisten und der Heiligen sind nie übermalt worden. „Grün ausgemalten Wände mit blütenreichen Rankenmotiven sollten dort dem Betrachter das Gefühl geben, in der Natur zu stehen“, erklärt Sitte. Heute sind die ehemals farbenfrohen Blüten verschwärzt.

In einem ersten Schritt wird das Projektteam deshalb herauszufinden, wie sich die Ursprungsfarben zusammensetzten. „Dann müssen wir klären, was genau Grund und Auslöser für die Pigmentveränderung war, um die passende Konservierungs- und Restaurierungstechniken zu entwickeln“, erläutert Sitte. Ist nach rund drei Jahren eine Technologie entwickelt, soll diese an den Gebäuden auch umgesetzt werden. Dass die Maßnahmen am Ende weder für den Restaurator noch für die Umwelt schädlich sein soll, stellt eine besondere Herausforderung innerhalb des Projektes dar.

Media Contact

Franz-Georg Elpers DBU

Weitere Informationen:

http://www.dbu.de

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