Helmholtz-Zentren unterzeichnen Vertrag mit UN – neue Forschungsinitiative "Risikolebensraum Megacity"

Die ECLAC/CEPAL ist die Kommission der Vereinten Nationen für die Ökonomische Entwicklung Lateinamerikas und der Karibik. Die neue Forschungsinitiative „Risikolebensraum Megacity“ will bis 2013 Strategien für eine nachhaltige Entwicklung in Megastädten und Ballungsräumen entwickeln. An ihr sind neben fünf Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft (Forschungszentrum Karlsruhe, GeoForschungsZentrum Potsdam, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung Braunschweig, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig) und zwei Universitäten aus Chile (Universidad de Chile, Pontificia Universidad Católica) nun auch die UN-Kommission für Lateinamerika (ECLAC/CEPAL) beteiligt.

An der Forschungsinitiative werden etwa 40 Wissenschaftler mit einem Etat von rund 2 Millionen Euro pro Jahr arbeiten. Die Verstädterung ist in Lateinamerika weit voran geschritten. Der Anteil der städtischen Bevölkerung übersteigt den Europas und liegt weitaus höher als in Asien oder Afrika. Der anhaltende Trend birgt neue Risiken und Chancen.

Die Zahlen sind dramatisch: Schätzungen der UN zufolge werden sich 90 Prozent des künftigen Bevölkerungswachstums in Städten konzentrieren. Bereits in zehn Jahren wird es über 60 Städte mit mehr als fünf Millionen Einwohnern geben – überwiegend in Entwicklungsländern. Nicht nur die Städte nehmen immer größere Dimensionen an, auch die ökologischen Auswirkungen dieser Urbanisierung sind gigantisch. Städte bedecken zwar nur zwei Prozent der Erdoberfläche, aber dort werden 75 Prozent der Ressourcen verbraucht. Drängende Umweltprobleme wie Abfallberge und Wasserverschmutzung sind die Folge dieser Entwicklung.

Deshalb untersuchen jetzt fünf Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft und Partnerorganisationen in Lateinamerika diese Prozesse näher. Im Fokus der vom Leipziger UFZ koordinierten Forschungsinitiative steht der „Risikolebensraum Megacity“. Denn die Bewohner dieser Riesenstädte sind oft neben Naturgefahren wie Hangrutschen, Erdbeben oder Fluten auch den Gefahren durch das enorme soziale Gefälle und durch technische Risiken wie beispielsweise mangelnder Trinkwasserversorgung ausgesetzt. Probleme, die sich auch auf Mitteleuropa auswirken werden. Megastädte tragen durch die Luftverschmutzung zum globalen Klimawandel bei. Unzureichende hygienische Bedingungen sorgen dafür, dass das Risiko des Ausbrechens von Epidemien extrem ansteigt. Die Ängste vor einer Verbreitung der Vogelgrippe durch Flugpassagiere lassen erahnen, welche Gefahren in einer globalisierten Welt auch Bewohnern anderer Regionen durch diese Risikogebiete drohen. Dazu kommt noch, dass der Immigrationsdruck auf Länder in Europa wächst – Beispiel illegale Einwanderer aus Afrika an der Südgrenze der EU im Mittelmeerraum.

Der Schwerpunkt der Forschungsinitiative liegt auf den Metroplen Lateinamerikas. 76 Prozent der Bevölkerung dort leben bereits in Städten. In Europa sind es 75,5. In Südostasien und Afrika dagegen nur jeweils 35 Prozent. In Lateinamerika sind also jetzt schon Prozesse sichtbar, die den Städten anderer Kontinente noch bevorstehen. Zum Beispiel spielt die Landflucht in die Städte bereits nur noch eine untergeordnete Rolle. Inzwischen ziehen die Einwohner größtenteils innerhalb der Stadt um, was zu einer sozialen Differenzierung führt Hinzu kommt eine wachsende internationale Migration. Bei einer Megacity geht es nicht nur um die Größe und Einwohnerzahl, sondern auch um deren Bedeutung für das Land. Aufgrund der Konzentration von Funktionen hängt von ihr auch die Entwicklung des jeweiligen Landes ab. In Lima oder Buenos Aires konzentriert sich etwa die Hälfte der Wirtschaftskraft des ganzen Landes.

Plattform der Initiative und erste Fallstudie ist die Metropolregion Santiago de Chile. Die Stadt leidet an typischen Problemen einer Megacity und zeigt gleichzeitig potenzielle Lössungen auf. Zusammen mit zwei Universitäten und der UN-Organisation ECLAC/CEPAL wollen die Helmholtzforscher in den nächsten Jahren nach Wegen für eine nachhaltige Entwicklung Santiagos und weiteren Megastädten in Lateinamerika suchen: Was sind die Hauptprobleme? Welche Risiken stehen einer nachhaltigen Entwicklung entgegen? Wie könnte die Stadt eine Generation später aussehen? Dabei wollen die Forscher vor allem die Stärken der Helmholtz-Gemeinschaft einbringen: das Zusammenarbeiten von Natur- und Sozialwissenschaftlern. Auch wenn die Megacity-Forschung noch ganz am Anfang steht, eines ist jetzt schon klar: Einzelne Teilaspekte zu untersuchen reicht allein nicht aus. Nur eine integrierte Gesamtbetrachtung kann helfen, diese drängenden Probleme der Menschheit zu lösen.

Weitere Informationen unter
http://www.risk-habitat-megacity.org/
http://www.risk-habitat-megacity.org/downloads/flyer_german.pdf
http://www.ufz.de/index.php?de=6143
http://www.ingentaconnect.com/content/oekom/gaia/2006/00000015/
00000002/art00019;jsessionid=m4qdvdjo1p3o.alice
Ansprechpartner für die Medien:
Helmholtz-Gemeinschaft:
Thomas Gazlig
Tel: 030 -206 329-57
presse@helmholtz.de
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
Doris Böhme / Tilo Arnhold
Tel: 0341 -235-2278
presse@ufz.de
Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit 25.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,2 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des großen Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).

Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ wurde 1991 gegründet und beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle/S. und Magdeburg rund 800 Mitarbeiter. Es erforscht die komplexen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt in genutzten und gestörten Landschaften, insbesondere dicht besiedelten städtischen und industriellen Ballungsräumen sowie naturnahen Landschaften. Die Wissenschaftler des UFZ entwickeln Konzepte und Verfahren, die helfen sollen, die natürlichen Lebensgrundlagen für nachfolgende Generationen zu sichern.

Media Contact

Doris Böhme idw

Weitere Informationen:

http://www.ufz.de/index.php?de=10659

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