Fressen und Gefressen werden: Bringt der Globale Wandel die aquatischen Ökosysteme aus dem Gleichgewicht?

Klimawandel im Jahr 2030: Der Winter in der Ostsee war wieder mal sehr mild, statt Schnee und Eis gab es viel Regen und milde Temperaturen. Im Februar, wenn die Wassertemperaturen wieder steigen, springt auch die biologische Produktionsmaschinerie wieder an. Winziges Zooplankton, z.B. die Nauplius-Larven der Copepoden (Ruderfußkrebse) schlüpfen in großen Massen. Ihnen fehlt jedoch das Futter, die einzelligen Algen des Phytoplanktons.

Diese können nämlich noch nicht wachsen, weil ihnen so früh im Jahr das Licht fehlt. Die Nauplius-Larven verhungern innerhalb weniger Tage. Wenn wenige Wochen später die Heringslarven zu fressen beginnen, fehlen ihnen die Nauplius-Larven. Da sie andere Nahrung nicht fressen können, bricht bei ihnen die „Hungersnot“ aus. Im Extremfall kann ein ganzer Heringsjahrgang ausfallen.

Wird so ein Szenario Wirklichkeit? Verschiebt die globale Erwärmung Nahrungsangebot und Nachfrage in aquatischen Ökosystemen?

Antworten darauf soll das DFG Schwerpunktprogramm AQUASHIFT geben, in dem rund 100 Wissenschaftler aus 17 Standorten in ganz Deutschland die Reaktion aquatischer Ökosysteme auf den prognostizierten Klimawandel zu analysieren. Es werden dabei alle Typen von Gewässern (Meere – Seen – Flüsse) und alle Gruppen von Wasserorganismen erfasst (Plankton – Benthos (Bodenbewohner) – Fische). Besonderes Gewicht wird auf die Verschiebung jahreszeitlicher Aktivitäts- und Wachstumsmuster gelegt und daraus resultierende Konsequenzen für das Gesamtökosystem.

Zwei Jahre nach Beginn des DFG Schwerpunktprogramm AQUASHIFT diskutieren etwa 100 Wissenschaftler vom 14.-16. November auf einem Workshop in Kiel erste Ergebnisse. Projektkoordinator Prof. Ulrich Sommer vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel: „Für abschließende Beurteilungen ist es sicher noch zu früh, denn die aquatischen Nahrungsnetze weisen eine hohe Komplexität auf. Erste Studien zeigen, dass insbesondere Systeme, die durch andere Faktoren, wie Überfischung oder Umweltverschmutzung schon gestört und belastet sind, durch die Klimaveränderungen aus dem Gleichgewicht geraten können“. „Die Veränderung, die wir in den kommenden Jahrzehnten erwarten, läuft für die aquatischen Ökosysteme so rasch ab, dass sie zu wenig Zeit haben, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen“, so Sommer weiter.

In einer zweiten Phase des Projektes, mit einem Gesamtfördervolumen von ca 4.3 Mio. Euro sollen die vor zwei Jahren begonnen Untersuchungen bis zum Jahr 2008 weitergeführt und intensiviert werden.

Projektpartner in AQUASHIFT sind:

Leibniz-Institut für Meereswissenschaften IFM-GEOMAR, Kiel (Gesamtkoordination); Inst. f. Biochemie und Biologie, Univ. Potsdam; GKSS, Geestacht; Institut für Ostseeforschung, Warnemünde; Alfred Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven und Helgoland; Institut für Hydrobiologie, Univ. Dresden; Inst. f. Biologie II. Univ. Leipzig; Neunzehnhain Ökologische Station, TU Dresden; Inst. f. Zoophysiologie, Univ. Münster; Inst. f. Zoologie, Abt. Ökologie, Univ. Mainz; Forschungsstelle Bad Saarow, TU Cottbus; Inst. f. Geoökologie, TU Braunschweig; Zoologisches Institut, Univ. Köln; Inst. f. Hydrobiologie Univ. Hamburg; Leibniz-Institut Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin; Potsdam-Institut f. Klimafolgenforschung; MPI für Marine Mikrobiologie, Bremen; Abt. Biologie II, Aquat. Ökologie, Univ. München; Inst. für Botanik, Univ. Köln; Limnologisches Inst., Uni Konstanz; Abt. für Ökologie und Entwicklung, Inst. f. Zoophysiologie, Univ. Münster; Inst. f. Evolution, Univ. Münster; Institut für Chemie und Biologie des Meeres, Univ. Oldenburg.

Kontakt:
Prof. Dr. Ulrich Sommer (IFM-GEOMAR), Tel.: 0431-600-4400, usommer@ifm-geomar.de
Dr. Andreas Villwock (IFM-GEOMAR), Tel.: 0431-600-2801, avillwock@ifm-geomar.de (Öffentlichkeitsarbeit).

Media Contact

Dr. Andreas Villwock idw

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