Gewässerschutz in der Chemie – eine Daueraufgabe

Rund 4,6 Milliarden Euro hat die deutsche Chemie in den letzten 20 Jahren in den (additiven) Gewässerschutz investiert. Darunter fallen zum Beispiel der Bau von Kläranlagen, die Umstellung von Produktionsverfahren oder das Vorantreiben der Technik, um Wasser mehrfach zu nutzen. Die laufenden Kosten für die Gewässerschutzeinrichtungen summierten sich im selben Zeitraum auf ein Vielfaches: über 24 Milliarden Euro. Auf diese Bilanz weist der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in Frankfurt hin.

Fast ein Viertel der Investitionen – über eine Milliarde Euro – entfiel dabei allein auf ein Sicherheitsprogramm, das man in der deutschen chemischen Industrie ab 1987 als Konsequenz aus einem schweren Brandunglück in der Schweiz in Angriff nahm: In der Nacht zum 1. November 1986 geriet im Baseler Industriegebiet „Schweizerhalle“ ein Lagerraum in Brand. Bei den Rettungsarbeiten der Werkfeuerwehr wurden dort gelagerte Chemikalien, Biozide und Pflanzenschutzmittel mit mehreren tausend Kubikmeter Löschwasser über das Kanalsystem in den Rhein gespült, was zu schweren biologischen Schäden im Fluss führte. In Reaktion auf den Lagerbrand und seine Folgen verabschiedete der VCI Anfang Dezember 1986 einen Maßnahmenkatalog für seine Mitgliedsfirmen und erstellte bis Januar 1987 eine Checkliste für die Überprüfung der Sicherheitsmaßnahmen in den Unternehmen. Der Maßnahmenkatalog berücksichtigte auch die Erfahrungen aus weiteren Betriebsstörungen in Chemiebetrieben am Rhein, die sich kurz nach dem Lagerbrand ereigneten.

Schwerpunkte dieses Maßnahmenpaketes waren

– der Bau von speziellen Rückhaltevorrichtungen für Abwasser und verunreinigtes Löschwasser für Notfälle;

– erhöhte vorbeugende Brandschutzmaßnahmen für Pflanzenschutzmittellager und Hinweise auf Maßnahmen, die im Falle eines Brandes zu ergreifen sind. Die Anforderungen wurden bei Neubauten sofort uneingeschränkt angewendet und bei bestehenden Lagern im Wesentlichen bis 1989 angepasst;

– die Umsetzung eines neuen Sicherheitskonzeptes zur Überwachung der Kühlwasserströme bei einer Betriebsstörung, die zum Eintrag von Chemikalien ins Kühlwasser führt. Elemente dieses Konzeptes sind zum Beispiel das Umschalten des Kühlwasserabflusses auf spezielle Auffangeinrichtungen oder auf eine geeignet Kläranlage oder das Abschalten des betroffenen Anlagenteils der Produktion. (Anmerkung: Rund 80 Prozent des von der Chemie verwendeten Wassers – 2005 insgesamt rund 3,3 Milliarden Kubikmeter – werden in der Produktion als Kühlmittel verwendet. Das Kühlwasser kommt dabei normalerweise nicht mit den chemischen Substanzen der Syntheseprozesse in Kontakt und gelangt unverändert in die Flüsse zurück.)

„Die verschiedenen Sicherheitskonzepte zum Gewässerschutz, die seinerzeit im VCI in Reaktion auf den Lagerbrand in Basel erarbeitet und allen Mitgliedsunternehmen zur Anwendung empfohlen wurden, sind inzwischen Standard in der Branche“, betont Dr. Gerd Romanowski, der für Umweltpolitik zuständige Geschäftsführer im VCI. „Eine Reihe dieser Maßnahmen haben später Eingang in unsere Umweltgesetze oder technischen Normen gefunden und haben sogar europaweit zu mehr Umweltschutz beigetragen.“

Wie erfolgreich die deutschen Chemieunternehmen am Rhein und seinen Nebenflüssen im Gewässerschutz agiert haben, zeigt ein Blick auf die aktuelle Bilanz eines Abkommens des VCI mit der Rotterdamer Hafenbehörde. Es umfasst nach Angaben des Chemieverbandes inzwischen 20 Jahre. Demnach hat sich die Schwermetallfracht der Einleitungen der Chemie in den Rhein von 1986 bis 2005 in einer Bandbreite von 70 bis maximal 93 Prozent vermindert. Die Belastung mit halogen-organischen Verbindungen (AOX-Wert) ist im gleichen Zeitraum um 90 Prozent zurückgegangen. Weitere Fortschritte sind aufgrund des starken Rückgangs in den letzten beiden Jahrzehnten heute nur noch in sehr kleinen Schritten möglich. Das gilt besonders für die Gruppe der Schwermetalle, deren Konzentration im Abwasserstrom sich heute im Bereich der Hintergrundbelastung bewegt oder sogar in der Nähe der analytischen Bestimmungsgrenze angekommen ist.

Die Gemeinde Rotterdam und der VCI betraten mit ihrem Vertrag seinerzeit umweltpolitisches Neuland: Im August 1991 einigten sich die beiden Parteien in Frankfurt schriftlich darauf, dass die deutschen Chemieunternehmen die Einleitung bestimmter Stoffe in den Rhein reduzieren und darüber Rechenschaft ablegen, um so zu einer Entlastung des Hafenschlicks von Rotterdam beizutragen. Im Gegenzug verzichtet der Rotterdamer Hafen auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen die betroffenen Mitgliedsfirmen des Chemieverbandes. Diese Vereinbarung wurde im November 1995 und nochmals im Jahr 2000 mit jeweils neuen Zielen fortgeschrieben.

Rotterdam erkennt heute die Leistung der betroffenen Mitgliedsunternehmen des VCI über die Jahrzehnte unumwunden an: „Da ihr Anteil inzwischen auf einem sehr niedrigen Niveau liegt, wäre es nicht angemessen, von der deutschen Chemie noch stärkere Einleitungsreduzierungen zu verlangen“, bestätigt Peter Struijs, Sprecher des Rotterdamer Hafenbetriebs.

Media Contact

Manfred Ritz presseportal

Weitere Informationen:

http://www.vci.de

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