20. Jahrhundert war in Nordpakistan das feuchteste seit 1.000 Jahren

Seit Beginn der Industrialisierung hat sich die Niederschlagsmenge in den Bergen Nordpakistans erheblich erhöht. Das zeigt die weltweit erste Auswertung von Isotopen in Jahresringen aus mehr als 1.000 Jahre alten Wacholder-Bäumen. Das 20. Jahrhundert war im Norden Pakistans demnach das feuchteste des vergangenen Milleniums, berichten Wissenschaftler des Schweizer Forschungsinstituts WSL, des Geoforschungszentrums Potsdam, des Forschungszentrums Jülich und der Universität Bonn in der kommenden Ausgabe der Zeitschrift „Nature“ vom 27. April. Grund könnte die globale Erwärmung sein: Mit zunehmender Temperatur kann die Atmosphäre mehr Feuchtigkeit speichern, was wiederum stärkere Schnee- und Regenfälle zur Folge hat. Der Niederschlagszuwachs ist zumindest für die letzten 1.000 Jahre ohne Beispiel; der Einfluss des Menschen sei daher nicht unwahrscheinlich, schreiben die Forscher.

Baumringe sind empfindliche Indikatoren für die Klima- und Umweltbedingungen, unter denen sie wachsen: „Wenn Bäume unter Stress geraten – beispielsweise in besonders trockenen Jahren -, ist ihr Stammzuwachs geringer als in guten Zeiten“, erklärt der Bonner Geographie-Professor Matthias Winiger. „Entsprechend schmal fallen damit die Jahresringe aus.“ Noch aussagekräftiger ist die Analyse des ins Holz eingebauten Sauerstoffs. Dazu misst man das Verhältnis zweier unterschiedlich schwerer Sauerstoff-Varianten, so genannter Isotope. „Diese Methode ist extrem aufwändig, erlaubt aber sehr genaue Aussagen über die Feuchtigkeitsbedingungen im jeweiligen Jahr“, erklärt Winiger.

Das Wissenschaftlerteam hat vier Bestände von Wacholderbäumen im Karakorum- und Himalaya-Gebirge unter die Lupe genommen. Wacholderbäume können extrem alt werden. Bei einem der Bestände lassen sich die Jahresringe bis zum Jahr 828 nach Christus zurückverfolgen. Ihr Holz ist damit ein sehr aussagekräftiges „Klimaarchiv“, das mehr als 1.000 Jahre zurückreicht. Um die Genauigkeit der Daten abzuschätzen, haben die Forscher die aus den Jahresringen abgeleiteten Niederschlagsverlaufskurven für eine Referenzperiode mit Beobachtungswerten von meteorologischen Stationen verglichen. Diese gibt es in den Bergen Pakistans allerdings erst seit 1898. „Für diese Zeitspanne stimmt unsere Methode bemerkenswert gut mit den Messergebnissen überein“, betont Professor Winiger.

Die Resultate zeigen, dass es schon in der Vergangenheit besonders feuchte Jahrzehnte gegeben haben muss, beispielsweise um 1200 oder 1350. Im späten 19. und dem gesamten 20. Jahrhundert waren jedoch derartige „Niederschlagsspitzen“ sowohl besonders hoch als auch ausgesprochen häufig. Die Niederschlagsentwicklung in Pakistan zeigt damit Parallelen zur globalen Temperaturerhöhung, die sich in den letzten 150 Jahren beobachten lässt. Sie hat unter anderem Auswirkungen auf atmosphärische Prozesse, insbesondere die so genannte atmosphärische Zirkulation. Darunter verstehen Wissenschaftler die weltumspannenden Luftströmungen, die vor allem durch die Wärmeeinstrahlung der Sonne angetrieben werden.

Es wird vermutet, dass die Klimaänderung zumindest teilweise auf vom Menschen direkt oder indirekt erzeugten Treibhausgase wie Kohlendioxid und Wasserdampf zurückgeführt werden kann. Die Autoren der Studie zeigen sich von ihren Ergebnissen selbst besorgt: „Änderungen in Niederschlagsrate und -verteilung, somit des Wasserhaushalts, hätten in diesen subtropischen und randtropischen Regionen einen weit größeren Einfluss auf das Wohlergehen des Menschen und den Wandel der Ökosysteme als die alleinige Änderung der Temperatur“, schreiben sie.

Kontakt:
Professor Dr. Matthias Winiger
Geographisches Institut der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-7297
E-Mail: winiger@uni-bonn.de

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Frank Luerweg idw

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