PM Am 16.02.2006 jährt sich Kyoto: "Erfolgsmodell sollte auf Privathaushalte ausgedehnt werden"

Umweltmanagement-Professor Dr. Werner Schulz lobt den Emissionsrechtehandel in Deutschland – und will auch die privaten Haushalte ihr Scherflein zum Klimaschutz leisten lassen


„Das Erfolgsmodell Emissionshandel sollte auch auf Privathaushalte ausgedehnt werden“, zieht Prof. Dr. Werner Schulz vom Lehrstuhl für Umweltmanagement der Universität Hohenheim ein Jahr nach Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls zum Klimaschutz Bilanz. Nach seinem Szenario könnten Schornsteinfeger künftig auch die Klimabelastung jeder Heizungsanlage errechnen. Haushalte, die in umweltfreundliche Anlagen investierten, erhielten dann eine zusätzliche Rendite auf ihre Investition – Hausbesitzer mit hohem CO-2-Ausstoß müssten zusätzliche Emissionszertifikate einkaufen.

Vor einem Jahr, am 16. Februar 2005, feierten 141 Nationalstaaten das Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls zur Rahmenkonvention der Vereinten Nationen über Klimawandel. Ziel des Abkommens ist eine weltweite Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes. Deutschland setzt bei der Umsetzung unter anderem auf marktwirtschaftliche Prinzipien. „Eine Erfolgsidee“, zieht Prof. Dr. Werner Schulz vom Lehrstuhl für Umweltmanagement an der Universität Hohenheim Bilanz.

So seien Emissionszertifikate, wie sie seit Oktober 2005 an der Leipziger Energiebörse gehandelt werden, ein besonders erfolgreiches Investment der vergangenen Jahre gewesen. „Als die Emissionsrechtebörse den Handel aufnahm, kostete es zirka 20 Euro, um eine Tonne CO-2 zu produzieren. Heute zahlen die zu Emissionsminderungen verpflichteten Unternehmen bereits um die 27 Euro pro Tonne“, rechnet der Hohenheimer Umweltökonom. Damit Deutschland die Kyoto-Verpflichtungen einhalten kann, will der Experte mittelfristig aber auch Haushalte in den CO-2 Handel einbezogen sehen.

Bisher werden um die 98% der Emissionen der energieproduzierenden Unternehmen und ungefähr 60% der Emissionen der industriellen Unternehmen in Deutschland mit dem Emissionshandel erfasst. Unternehmen also, die in Deutschland für knapp 50% des Kohlendioxidausstoßes verantwortlich sind. Zu Beginn einer Periode erhalten die erfassten Unternehmen eine bestimmte Anzahl an kostenlosen Emissionsrechten. Überschreitet ihr CO-2-Ausstoß die erlaubte Menge, gilt es weitere Zertifikate an der Energiebörse zu erwerben. Anbieter sind Unternehmen, die auf Grund CO-2 reduzierender Maßnahmen ihre Zertifikate nicht vollständig verbrauchen. Der Preis regelt Angebot und Nachfrage. „Endlich werden die knappen Naturressourcen auch in das ökonomische Kalkül einbezogen“, resümiert Professor Schulz zufrieden.

Mittlerweile wird die Gefahr des Klimawandels bei vielen internationalen Führungsfiguren ernst genommen. „Die Beweislage für den Klimawandel erhärtet sich“, stellte der britische Regierungschef Tony Blair Ende 2005 fest. „Wir dürfen also bei dem bisher Erreichten nicht stehen bleiben“, fordert Professor Schulz.

Denn bisher sind weder Gewerbe, Handel und Dienstleistungen in den Emissionshandel einbezogen, noch Verkehr oder die privaten Haushalte, die zusammen um die 430 Millionen Tonnen Kohlendioxid in Deutschland ausstoßen. Letztlich also 50% des Gesamtausstoßes.

Zukünftig sollen nach einem Vorschlag von Professor Schulz auch die privaten Haushalte ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten – „und das können sie auch“, unterstreicht Schulz. Zusätzlich zum Messprotokoll des Schornsteinfegers erhalten nach dem Hohenheimer Szenario Haushalte eine Aufstellung über emittierte Luftschadstoffe und Klimagase. Entscheidend sind nun Grenzwerte – liegt ein Haushalt darunter, zum Beispiel wegen umweltfreundlicher Investitionen in ein Passivhaus, steigt die Rendite auf das Investment durch den Verkauf von kostenlos erhaltenen Emissionszertifikaten. Käufer sind Haushalte, die ihren Grenzwert überschritten haben. Optimaler Handelsplatz nach Schulz wäre ein elektronischer Handelsplatz im Internet – einfach zu handhaben, kaum Zeitaufwand und informativ. In der breiten Bevölkerung würde endlich ein Bewusstsein für den tatsächlichen Wert von Umweltgütern entstehen. „Wir wollen die Leute zu einer Geiz-ist-geil-Mentalität auch bei Umweltschadstoffen motivieren“, resümiert Schulz.

„Vor zehn Jahren entwickelten wir im Umweltbundesamt die Theorie für den heutigen Emissionshandel – heute sehen wir ihn in Realität. Auch die Ausdehnung des Handels auf weitere CO-2-Emittenten kann nicht weiter aufgeschoben werden“, bekräftigt der ehemalige Fachgebietsleiter der Bundesumweltbehörde und heutige Hohenheimer Professor Schulz seinen Standpunkt.

Kontaktadresse (nicht zur Veröffentlichung):
Prof. Dr. Werner F. Schulz, Lehrstuhl für Umweltmanagement,
Universität Hohenheim, 70593 Stuttgart,
Tel.: 0711 459-3790, Fax: 0711 459-3474,
E-Mail: wfschulz@uni-hohenheim.de

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Florian Klebs idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-hohenheim.de

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