Wissenschaftler des ttz erneut auf Asienreise: Nachwachsende Ressourcen für China

Wüstenlandschaft in der Provinz Gansu. ttz Bremerhaven

Karg sieht es aus in vielen Teilen der Provinz Gansu. Kaum ein Baum oder Strauch wächst in dieser Wüstenlandschaft – zum Teil natürlich bedingt, zum Teil menschenverursacht. Im Rahmen des Projektes LADAS am ttz Bremerhaven sollen Teile dieser Region revitalisiert werden. Schnellwachsende Baumarten können ein Baustein sein. Die Projektleiter Ina Küddelsmann und Mirko Hänel vom ttz untersuchten erste Resultate vor Ort in China.


Bremerhaven, November 2005. Klimatische Bedingungen und menschliche Einwirkungen wie zum Beispiel Abholzungen haben im Norden Chinas zu ausgetrockneten Landschaften, zu versalzenen Böden und Flüssen und zu einer verstärkten Abwanderung der Bevölkerung vom Land in die Stadt geführt. Verschiedene Boden und Wasserhaushalt stabilisierende Pflanzen haben das Potential, diese Landschaft wieder fruchtbar und nutzbar zu machen. Das ttz Bremerhaven untersucht in einem Feldversuch vor Ort seit März 2005 in Zusammenarbeit mit chinesischen und schwedischen Forschungspartnern die Salzresistenz und das Wachstumsverhalten verschiedener schnell wachsendender Weidensorten. Das Projekt wird von der Europäischen Union unter dem Programm „Asia-Pro-Eco“ kofinanziert. Im Oktober konnten erste Erfolge verbucht werden: „Wir waren erstaunt wie gut die regionalen Sorten trotz der Bewässerung mit Salzwasser gedeihen“, erzählt Ina Küddelsmann, Projektleiterin am ttz, nach der Rückkehr der elftägigen Reise. Durch die Bewässerung mit unterschiedlichen Salzlösungen haben die Forscher das Flusswasser vor Ort simuliert. Ina Küddelsmann und Mirko Hänel stellten wie erwartet fest, dass sich die heimischen Sorten im Vergleich zu den fremden Sorten weitaus besser geschlagen haben. „Die regionalen Weiden sind an die örtlichen Bedingungen viel besser angepasst“, ergänzt Hänel, der am ttz Bremerhaven die Abteilung „Internationale Projekte“ leitet.

Nun soll die Methode weiter optimiert und noch effizienter an die Bedürfnisse des Ökosystems, aber auch an die der Menschen angepasst werden: „Das Stichwort hierfür heißt ’Intercropping’. Dabei werden unterschiedliche Pflanzen in horizontaler und vertikaler Schichtung so kultiviert, dass sie Nähr-, Mineralstoffe und Wasser optimal puffern und trotzdem ökonomisch effizient bewirtschaftet werden können. So wird der Boden stabilisiert und fortschreitender Erosion Einhalt geboten,“ erklärt Küddelsmann, die für ergänzende Testreihen insbesondere Sanddorn und weitere Baumarten ins Auge fasst. Neben der Fruchtbarmachung der Böden durch die Kultivierung unterschiedlicher Pflanzenarten geht es den Projektpartnern aber noch um mehr: „Die Menschen vor Ort sollen davon profitieren können. Sanddorn kann zum Beispiel in vielfältiger Weise sowohl als Nahrungsmittel als auch als Naturkosmetik weiterverarbeitet werden. Andere nachwachsende Rohstoffe können für den Landwirt eine lukrative Einnahmequelle auf dem Energiemarkt bieten. Jetzt um so mehr, da am 8. November die zweite Weltkonferenz für Erneuerbare Energien in Peking erfolgreich zu Ende gegangen ist und eine umfassende Deklaration für die weltweit forcierte Einführung Erneuerbarer Energien für China verabschiedet wurde“, ergänzt Hänel.

Mittel- und langfristig können diese Pflanzen nicht nur Rohstoffe für die Lebensmittel- und die Energieerzeugung, sondern auch eine Alternative zu Öl in der chemischen Industrie sein. Aufgrund der wachsenden Preise fossiler Energieträger ist die chemische Industrie zunehmend an nachwachsenden Ressourcen interessiert. Diese können künftig in sogenannten „Bioraffinerien“ als Rohstoff für Biopolymere, Wasch- und Reinigungsmittel, Klebstoffe, Fettsäuren, Agro-Chemikalien und vieles mehr eingesetzt werden.

In China muss jetzt zunächst getestet werden, inwiefern weitere Nutzpflanzen auf den Böden erfolgreich gedeihen. „Werden die Pflanzen später wirtschaftlich genutzt, sollte zusätzlich darüber nachgedacht werden, wie die entzogenen Nährstoffe dem Boden zurückgegeben werden können“, empfiehlt Küddelsmann und ergänzt: „Eine Möglichkeit ist es, die Flächen kontrolliert mit Abwässern zu bewässern“. In weiteren internationalen Projekten am ttz, wie zum Beispiel in den EU finanzierten Projekten BIOPROS oder WACOSYS, werden diese Form der Abwassernutzung zur Anwendungsreife gebracht. Dabei ist das Abwasser Nährstoffquelle für die Pflanzen, und wird gleichzeitig biologisch gereinigt – ein auch ökonomisch interessanter Doppeleffekt. Die beschriebenen Ansätze und Projekte sind Bausteine eines ganzheitlichen Konzeptes und einer neuen Philosophie, die die Wissenschaftler am ttz Bremerhaven verfolgen. Geschäftsführer Werner Mlodzianowski betont: „Unsere Vision ist es, im Rahmen dieser internationalen Projekte einen Kreislauf zu schaffen, von dem die Beteiligten wirtschaftlich profitieren, ohne Lebensqualität durch Raubbau an der Umwelt einbüßen zu müssen.“

Dem ttz Bremerhaven sind sechs Forschungsinstitute zugehörig, die sich der Entwicklung moderner marktfähiger Produkte und Prozesse verschrieben haben. Dies sind jeweils das Umweltinstitut; das Bremerhavener Institut für Lebensmitteltechnologie und Bioverfahrenstechnik (BILB); das Institut für Energie- und Verfahrenstechnik (IEV); das Bremerhavener Institut für Gesundheitstechnologien (BIGT); das Bremerhavener Institut für Biologische Informationssysteme (BIBIS) sowie das Bremerhavener Institut für Organisation und Software (BIOS).

Kontakt:
Anke Janssen, ttz Bremerhaven, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,
Tel. 0471 / 4832-121, Email: ajanssen@ttz-bremerhaven.de

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Anke Janssen idw

Weitere Informationen:

http://www.ttz-bremerhaven.de

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