Risikofaktor Mensch – Projekt zum Schutz der letzten Steinadler Deutschlands

Steinadlerschutzprojekt Nationalpark Berchtesgaden - Foto: J. Henkel

In den aktuellen Roten Listen der gefährdeten Tierarten Deutschlands befindet sich der Steinadler (Aquila chrysaetos) in der Kategorie „stark gefährdet“, denn es überleben deutlich weniger Jungvögel als für eine langfristig stabile Steinadlerpopulation notwendig wären. Der größte Feind des imposanten Greifvogels, mit einer Flügelspannweite von bis zu 230 cm, ist heute der Mensch. Die immer intensivere Nutzung der Natur für Freizeit- und Sportaktivitäten und die damit verbundenen Störungen von Jagd- und Brutgebiet bedrohen den Bestand der Art. Im einzigen Hochgebirgs-Nationalpark Deutschlands engagiert sich die Deutsche Wildtier Stiftung als neuer Partner des Steinadler-Schutzprojektes im UNESCO-Biosphärenreservat / Nationalpark Berchtesgaden (Bayern). Zu den gemeinsamen Zielen zählt der nachhaltige Schutz der dort lebenden 18 Brutpaare sowie ihres Lebensraums. Dazu soll die Steinadler-Population im ca. 2.000 km² großen Projektgebiet stabilisiert und der Bruterfolg langfristig gesteigert werden. „Ohne geeignete Schutz- und Fördermaßnahmen würde der wachsende Nutzungsdruck auf den alpinen Lebensraum zur weiteren Verlusten des Steinadlerbestands führen“ so der Projektleiter Dipl. Biologe Ulrich Brendel.

Stress beim Jagen und Brüten

Trotz seines umfassenden Nahrungsspektrums, er ernährt sich von Säugetieren wie Hasen, Murmeltiere, jungen Gämsen aber auch Vögeln und Aas, hat der Steinadler mit existentiellem Nahrungsmangel zu kämpfen. Die Nahrungsbeschaffung ist langwieriger und insbesondere für die in der Jagd noch unerfahrenen Jungtiere oft sehr kräftezehrend geworden. Denn auch die Beutetiere erfahren durch den Menschen vermehrt Stress und werden in ihrem Lebensraum immer mehr beschnitten. Sie ziehen sich zurück, flüchten und sind damit auch für den Steinadler deutlich schlechter jagdbar.

Störungen der Horstbereiche durch Wanderer abseits markierter Wege, Gleitschirmflieger oder Hubschrauber in den Schutzzonen beeinträchtigen das Brutverhalten nachhaltig: wenn die brütenden Tiere, alarmiert den Horst verlassen, steigt die Gefahr, dass die Eier erkalten und die Reproduktionschancen sinken, so überlebten im Projektgebiet in diesem Jahr nur vier Jungvögel, bei 18 Brutpaaren.

In Bayern war der Bruterfolg bis Mitte der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts mit 0,18 flüggen Jungvögeln pro Paar und Jahr deutlich niedriger als in anderen Gebieten der Alpen.

Schutzmaßnahmen vor Ort

Der Maßnahmenkatalog des Steinadler-Schutzprojektes umfasst daher während der Brutsaison die Überwachung und Kartierung der Brutpaare, der besetzten Horste und die Dokumentation von Veränderungen bei der Revierverteilung sowie der Zusammensetzung der Brutpaare. Da die monogam lebenden Steinadler abwechselnd verschiedene Horste nutzen, verlagern sich auch die „sensiblen“ Areale. Deshalb informiert die Nationalparkverwaltung nicht nur den Deutschen Hängegleiterverband über die aktuellen Horstkoordinaten, sondern kooperiert auch mit Hubschrauberverbänden, Bergwacht u.a., um Störungen in den Horstbereichen zu vermeiden. Die Analyse von Brutverlauf, sowie Siedlungsdichte und die Entwicklung des Beutespektrums (Monitoring) sind weitere Bestandteile der Arbeit. Projektbegleitende Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere mit Hilfe der Nationalpark-Infostelle Hintersee, aber auch Führungen im Rahmen des erfolgreichen Programms der Nationalparkverwaltung sowie die Einrichtung eines Winterfressplatzes im Klausbachtal machen die Steinadler für Besucher erlebbar und runden den Maßnahmenkatalog ab.

Indikator für den alpinen Lebensraum

Gegenwärtig besiedelt der Steinadler die bayerischen Alpen mit 45 Brutpaaren. Diese Population bildet gleichzeitig den gesamtdeutschen Bestand, da der „König der Lüfte“ innerhalb Deutschlands nur hier brütet. Der Steinadler ist eine Schlüsselart für „offene“ und „halboffene“ Lebensräume der Alpen. Veränderungen seiner Bestands- und Reproduktionssituation ermöglichen Rückschlüsse auf die Bedingungen einer Vielzahl anderer Tiere sowie den Zustand alpiner Ökosysteme.

Die gemeinnützige Deutsche Wildtier Stiftung mit Sitz in Hamburg wurde 1992 von Haymo G. Rethwisch gegründet. Ihr Ziel ist es, einheimische Wildtiere in ihren natürlichen Lebensräumen zu schützen und erlebbar zu machen. Mit einem Stiftungskapital von 45 Millionen Euro zählt die Deutsche Wildtier Stiftung zu den bedeutendsten Stiftungen für Natur- und Wildtierschutz in Europa.

Deutsche Wildtier Stiftung: Sven Holst, Geschäftsführer, Billbrookdeich 210, 22113 Hamburg, Telefon: 040 / 73 33 93 31, Fax: 040 / 7 33 02 78, S.Holst@DeWiSt.de

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