Das Schlafzimmer aus dem Moor – Möbel für den Klimaschutz

Erlen auf nährstoffreichem halbnassem Standort im Peenetal, südwestlich von Demmin. Andreas Kaffke/TEAM 7

Greifswalder Forscher entwickeln Alternativen für die wirtschaftliche Nutzung von Moorstandorten

Nach Wiedervernässung und Aufforstung kann auf geeigneten Niedermoorstandorten wertvolles Erlenholz (Alnus glutinosa) gewonnen werden. Dies ist ein zentrales Forschungsergebnis des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten ALNUS-Projektes „Renaturierung von Niedermooren durch Schwarzerlenbestockung“ unter der Federführung von Prof. Michael Succow, Direktor des Instituts für Botanik und Landschaftsökologie an der Universität Greifswald. Resultate des zwischen Frühjahr 2002 und Herbst 2005 durchgeführten Forschungsprojektes werden am 22. und 23. September 2005 bei einem international besetzten Abschlusssymposium am Alfried Krupp Kolleg in Greifswald vorgestellt (siehe Programm).

Die Veranstaltung wird vom Botanischen Institut der Universität Greifswald und dem Institut für Dauerhaft und Umweltgerechte Entwicklung von Naturräumen der Erde (DUENE) e. V. organisiert. Weitere Kooperationspartner sind das Landwirtschaftsministerium, das Landesamt für Forsten und Großschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern sowie das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschafts- und Landnutzungsforschung in Müncheberg.

Den Auftakt des zweitägigen Symposiums bildet eine Exkursion zur ALNUS-Pilotfläche im Trebetal bei Brudersdorf (Landkreis Demmin), die zur Erprobung und Demonstration des Verfahrens in Zusammenhang mit einer Wiedervernässung aufgeforstet wurde. Im Anschluss daran werden Wissenschaftler und Praktiker aus Natur-, Land- und Forstwirtschaft in Anwesenheit von Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus Forschungsansätze sowie den gegenwärtigen Umsetzungsbedarf diskutieren.

Im Rahmen des praxisorientierten Forschungsprojektes wurden die ökologischen und ökonomischen Bedingungen für die umweltverträgliche Erzeugung von Erlenwertholz auf wiedervernässten Niedermoorstandorten erforscht. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass Erlenholz, welches beispielsweise für die Herstellung hochwertiger Massivholzmöbel verwendet werden kann, auch einen sofort wirksamen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Bei einer potenziellen Anbaufläche von 20.000 ha würde die Atmosphäre jährlich um 600.000 Tonnen Kohlendioxid (CO2) entlastet. Von Bedeutung sind derartige Flächen aber auch für den Arten- und Biotopschutz sowie den Gewässerschutz. Eine entsprechende Erlenproduktion auf wiedervernässten Niedermoorstandorten bietet somit mehrere Vorteile – die Erzeugung hochwertiger Holzprodukte (Nachhaltigkeit), einen Beitrag zum Klimaschutz und nicht zuletzt die Möglichkeit der Schaffung von Lebensräumen für gefährdete Pflanzen und Tierarten (Biodiversität).

Ferner können bei einer energetischen Nutzung der Holzbiomasse fossile Energieträger (Gas, Kohle, Öl) ersetzt werden. Eine Honorierung der Kohlenstofffestlegung ist zu empfehlen, da sie eine volkswirtschaftlich günstige Klimaschutzmaßnahme darstellt und einen Beitrag zur effizienten Nutzung knapper Ressourcen (das sind die völkerrechtlich verbindlichen Reduktionsverpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nach dem Kyoto-Protokoll) erbringt.

Über die umsetzungsrelevanten Ergebnisse des ALNUS-Projektes informiert ein praktischer Leitfaden, der Kriterien und Maßgaben für die Standortwahl und Standortbehandlung von Aufforstungsflächen enthält. Der Leitfaden richtet sich vorrangig an Landwirte und Eigentümer, die für Niedermoorflächen ökonomisch tragfähige Nutzungsalternativen suchen. Für politische Entscheidungsträger werden kostengünstige und umweltverträgliche Nutzungsalternativen aufgezeigt und eine Übersicht zu innovativen marktwirtschaftlichen Steuerungsinstrumenten gegeben.

Hintergrund

Die Landnutzung in den Ländern der Europäischen Union befindet sich in einer permanenten Umstrukturierung. Allein in Norddeutschland nehmen Niedermoore etwa eine Fläche von 820.000 ha ein, wovon sich 300.000 ha in Mecklenburg-Vorpommern befinden. Die herkömmliche, auf tief greifende Entwässerung basierende Nutzung von Niedermooren als Grünland führte zu einer starken Standortdegradierung und zur Belastung der Umwelt durch das dadurch freigesetzte treibhausrelevante Kohlendioxid. Dies widerspricht nicht nur den Erfordernissen einer dauerhaft umweltgerechten Landnutzung, sondern verursacht zudem erhebliche volkswirtschaftliche Kosten. Umweltverträgliche Nutzungsformen auf wiedervernässten Niedermooren gewinnen deshalb zunehmend an Bedeutung. Derartige Lebensräume sind hochproduktiv, da ihnen sowohl ausreichend Wasser als auch Nährstoffe zur Verfügung stehen.

PROGRAMM ALNUS-Abschlusssymposium
„Renaturierung von Niedermooren durch Schwarzerlenbestockung“
vom 22. bis 23. September 2005
Tagungsort: Alfried Krupp Kolleg Greifswald, Martin Luther Str. 14, 17489 Greifswald

Donnerstag, 22. September 2005

7.15 Uhr – Exkursion
Abfahrt 7.30 Uhr – Treffpunkt: Botanisches Institut, Eingang Münterstraße, 17487 Greifswald

8.30 Uhr – Wiedervernässungsgebiet Polder Randow-Rustow/Peenetal
Prof. Michael Succow (Universität Greifswald)
10.00 Uhr – Vorstellung der ALNUS-Pilotfläche in Brudersdorf
Dipl.-Forstwirt Jörg Schröder (Landesamt für Forsten und Großschutzgebiete; Dipl.-Biol. Andreas Kaffke (Universität Greifswald)
11.00 Uhr – Ende der Exkursion und Rückreise nach Greifswald

13.00 Uhr – Symposium – Moderation: Dr. Leberecht Leschke
Begrüßung
Dr. Till Backhaus (Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei M-V)
Dr. Frank Glante (Umweltbundesamt Berlin)
Prof. Werner Wahmhoff (Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück)
14.00 Uhr – Einführung – „Waldmoore – Weltmoore: der internationale Rahmen des ALNUS-Projektes“
Dr. Hans Joosten (Universität Greifswald)
14.30 Uhr – „Grundsätze zukünftiger Moornutzung“
Prof. Michael Succow (Universität Greifswald)
Präsentation der Forschungsergebnisse
Moderation: Prof. Ulrich Hampicke (Universität Greifswald)
15.30 Uhr – „Ökologische Vielfalt mitteleuropäischer Erlenwälder“
Dipl.-BioI. Ingo Koska (Universität Greifswald)
15.50 Uhr – „Umweltverträglichkeit des Erlenanbaus auf Niedermooren“
Alexandra Barthelmes (Universität Greifswald); Jürgen Augustin (Leibniz-Zentrum für Agrarlandschafts- und Landnutzungsforschung e.V., Müncheberg)
16.10 Uhr – „Erlenanbau auf Niedermoor: Rahmenbedingungen in Mecklenburg-Vorpommern – Grundzüge der Wachstumsmodellierung und waldbauliche Aspekte“
Dr. Peter Röhe (Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei M-V, Schwerin), Dipl. Forstw. Jörg Schröder (Landesamt für Forsten und Großschutzgebiete); Prof. Paul Nagel (Niedersächsische Forstliche Versuchsanstalt, Göttingen)
17.00 Uhr – „Eignungsprüfung und Auswahl von Aufforstungsflächen“
Dipl-Biol. Andreas Kaffke (Universität Greifswald); Dr. Ralf Dannowski; Dr. Ottfried Dietrich (Leibniz-Zentrum für Agrarlandschafts- und Landnutzungsforschung (ZALF) e. V.)
17.20 Uhr – „Ökonomie von Wertholzproduktion und ökologischen Leistungen“
Dipl.-Oec. Achim Schäfer (Institut für Dauerhaft Umweltgerechte Entwicklung von Naturräumen der Erde (DUENE) e. V. Greifswald)

17.45 Uhr – Abschlussdiskussion

18.30 Uhr – Buffet

Freitag, 23. September 2005

Forschungsansätze und Umsetzungsbedarf für alternative Nutzungen von Niederungsstandorten
Moderation: Dr. Tiemo Timmermann (Universität Greifswald)

08.30 Uhr – „Das Landschaftswasserhaushaltsprogramm in Brandenburg“
Prof. Matthias Freude (Landesumweltamt Brandenburg, Potsdam)
08.50 Uhr – „Das Moorschutzprogramm in Schleswig-Holstein“
Dr. Michael Trepel (Landesamt für Natur und Umwelt Schleswig-Holstein, Flintbek)
09.10 Uhr – „Das Moorschutzprogramm in Mecklenburg-Vorpommern“
Dr. Uwe Lenschow (Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie M-V, Güstrow)
09.40 Uhr – „Wiedervernässungsprogramme in Polen“
Dr. Leslaw Wolejko (Katedra Botaniki i Ochrony Przyrody, Szczecin)
10.00 Uhr – „Wiedervernässung und alternative Nutzung in den Niederlanden“
Dr. A.P. Grootjans (Community and ConservationEcology Group, Groningen)
10.20 Uhr – Diskussion

Impulsreferate zu möglichen Alternativnutzungen
11.00 Uhr – „Das Peenetal – Nationalpark oder Biosphärenreservat?“
Dipl.-Biol. Kees Vegelin (Förderverein Naturschutz im Peenetal, Quilow)
11.20 Uhr – „Stoffliche und energetische Verwertung der Biomasse“
Dipl. Agr.-Ing. Henning Holst (LEDA, Greifswald) & Dr. W. Wichtmann (DUENE e.V., Greifswald)
11.40 Uhr – „Beweidung mit Robustrindern und Wasserbüffeln“
Dr. Michael Rühs (DUENE e.V., Greifswald)
12.00 Uhr – Abschlussdiskussion

12.30 Uhr – Ende der Veranstaltung

13.00 Uhr – Gemeinsames Mittagessen

Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Institut für Dauerhaft Umweltgerechte Entwicklung
von Naturräumen der Erde (DUENE) e. V.
Achim Schäfer
Grimmer Str. 88, 17487 Greifswald
T +49 (0)3834/86 41 18
F +49 (0)3834/86 41 07
E schaefea@uni-greifswald.de

Media Contact

Constanze Steinke idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer