Böden wirken als Verstärker der globalen Erwärmung

Bodenkohlenstoff reagiert sensibler auf Klimaerwärmung als bisher erwartet und liefert zusätzliches Treibhausgas in die Atmosphäre Ein internationales Wissenschaftlerteam konnte jetzt erstmals zeigen, auf welche Weise der Erdboden weltweit auf eine mögliche Klimaerwärmung reagieren würde. Die Ergebnisse lassen eine noch schnellere Erwärmung des Weltklimas erwarten als bisher angenommen. Mikroorganismen würden organisches Material in den Böden schneller zersetzen, dadurch zusätzliches Kohlendioxid freisetzen und den Klimawandel beschleunigen. Das Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena, der Universität Bristol, England, und des Nationalen Zentrums für Atmosphärenforschung in Boulder, USA, veröffentlicht seinen Befund in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature (Nature, 20. Januar).

Weltweit befindet sich so viel Kohlenstoff in den Böden, dass sich bei seiner plötzlichen Freisetzung der Gehalt an Kohlendioxid in der Atmosphäre sofort verdrei- oder sogar vervierfachen würde. Auch wenn ein solch abruptes Szenario extrem unwahrscheinlich ist, würde schon eine sich allmählich beschleunigende Zersetzung in Folge der globalen Klimaerwärmung – chemische Reaktionen verlaufen bei höheren Temperaturen schneller -zusätzliche Mengen an Kohlendioxid in die Atmosphäre entlassen und das Klima weiter anheizen.

In letzter Zeit hatten sich Berichte gehäuft, wonach sich die für die Kohlenstoffzersetzung im Boden verantwortlichen Mikroorganismen allmählich an die wärmeren Bedingungen gewöhnen und die Abbaurate dabei an die höheren Temperaturen anpassen würden. Die Folge wäre, dass das Kohlendioxid in praktisch konstanten Raten freigesetzt würde. Solche Vorhersagen widersprechen jedoch lang etablierten Gesetzen der physikalischen Chemie, nach denen zusätzliche Wärme die Abbaurate chemischer Prozesse stets beschleunigt.

Dem Forscherteam ist es nun gelungen, diesen Widerspruch aufzulösen und mit theoretischen Vorhersagen in Einklang zu bringen. Konkret haben die Wissenschaftler nachgewiesen, dass der scheinbar simple biologische Anpassungsmechanismus im Boden in Wirklichkeit simplen Regeln der Physik folgt. Es zeigte sich, dass der scheinbar rätselhafte Verlauf des Kohlenstoff-Abbaus bei Erwärmung auf die enorme Bandbreite chemischer Eigenschaften des organischen Bodenkohlenstoffs zurückzuführen ist. Dessen Eigenschaften reichen von zuckerähnlichen labilen Verbindungen bis zu kohleartigen stabilen Komplexen, die für Mikroorganismen schwerer abbaubar sind. Diese extreme Mischung ganz unterschiedlich stabiler Verbindungen hatte bisher die Interpretation der Laborergebnisse erschwert.

Der nächste Schritt besteht nun darin, die neuen Erkenntnisse in komplexe globale Klimamodelle einzubauen und die Auswirkungen eines beschleunigten Abbau des Bodenkohlenstoffs auf die Klimaerwärmung neu zu berechnen. Bisher berücksichtigen die Klimasimulationen nur die leichter messbaren Eigenschaften der labilen Bestandteile des Bodenkohlenstoffs. Man schätzt, dass etwa 90 Prozent des weltweit in den Böden enthaltenen Kohlenstoffs in der chemisch stabilen Variante vorliegt. Die neuen Forschungsergebnisse sagen nun vorher, dass diese stabilen Anteile wesentlich sensibler auf die Klimaerwärmung reagieren, als die bisher betrachteten etwa 10 Prozent labilen Verbindungen. Die Folge: Bei einer globalen Erwärmung gelangt mehr zusätzliches Kohlendioxid in die Atmosphäre als bisher angenommen, und die Klimaerwärmung beschleunigt sich zusätzlich.

Media Contact

Dr. Andreas Trepte idw

Weitere Informationen:

http://www.mpg.de/

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