Internationaler Saatgutvertrag tritt heute in Kraft

Öko-Institut: Wichtiger Beitrag für Welternährung und Agrobiodiversität

Die Welternährung basiert heute zu einem Großteil auf zehn Kulturpflanzenarten. Schätzungen gehen davon aus, dass derzeit nur 25 Prozent der Pflanzensorten angebaut werden, die noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts genutzt wurden. Um einen weiteren Verlust der Arten und Sorten zu verhindern, müssen Züchter Zugang zu so genannten „pflanzengenetischen Ressourcen“ haben, und es müssen die Rechte der Landwirte gesichert werden. Dies soll der internationale Saatgutvertrag gewährleisten, der heute in Kraft tritt. Er wurde über Jahre hinweg im Rahmen der UN Welternährungsorganisation FAO verhandelt. Nun haben ihn 48 Vertragsstaaten ratifiziert.

„Der Vertrag leistet einen wichtigen Beitrag für die Welternährung und die landwirtschaftliche Biodiversität“, sagt Franziska Wolff, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Umweltrecht des Öko-Instituts e.V. „Vor allem für Menschen in kleinbäuerlichen Strukturen bildet die Vielfalt in der Landwirtschaft zusammen mit dem Zugang zu Wasser und fruchtbarem Boden die Existenzgrundlage. Landwirtschaftliche Vielfalt hat einen unmittelbaren Nutzen für Nahrung, Lebensunterhalt, Ökosysteme und mindert Risiken wie Missernten, Schädlings- oder Krankheitsanfälligkeit“, so die Wissenschaftlerin. Ob der Vertrag wirkungsvoll vor Biopiraterie schützen kann, bleibt jedoch abzuwarten.

Der internationale Saatgutvertrag regelt den Zugang von Züchtern zu Saatgut, das in den öffentlichen Genbanken der Vertragsstaaten und in internationalen Sammlungen lagert. Dieses Saatgut, das überwiegend aus biodiversitätsreichen Ländern des Südens stammt, ist für Züchter im Norden wichtig, um hiesige Sorten weiterzuentwickeln. In Zukunft wird es für eine Liste der 65 weltweit wichtigsten Nahrungs- und Futterpflanzen, die 80 Prozent der Kalorienaufnahme der Weltbevölkerung repräsentieren, einen erleichterten Zugang geben: Die Züchtungsunternehmen werden nicht erst mit den Herkunftsländern des Keimplasmas verhandeln müssen, sondern sie können das Material der Liste frei beziehen.

Nur wenn Züchter aus dem Genbankmaterial kommerzielle Sorten entwickeln und diese mit geistigen Eigentumsrechten (vor allem Patenten) schützen lassen, sollen sie künftig einen Gewinnanteil zahlen. Das Geld wird in einen Fonds fließen, aus dem Programme zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Vielfalt vor allem in Entwicklungs- und Transitionsländern finanziert werden. Weitere Mittel sollen von den Regierungen der Industrieländer zur Verfügung gestellt werden.

Schließlich stärkt der Vertrag die Rechte der Landwirte: Traditionelles, mit den genetischen Ressourcen verbundenes Wissen der Bauern vor allem in den so genannten Entwicklungsländern soll vor Aneignung (Biopiraterie) geschützt werden. Zudem sollen Landwirte an den Vorteilen aus der Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen beteiligt und in die Entwicklung staatlicher Politik einbezogen werden.

Der Erfolg des Saatgutvertrags hängt allerdings davon ab, wie er im Einzelnen ausgestaltet wird. Noch ist unklar, ob genetisches Material auf der Liste des Vertrags in Zukunft patentiert werden kann oder weiterhin öffentlich bleibt. Aktuelle Studien zeigen, dass mit der Patentierung von Genressourcen der Landwirtschaft und Ernährung weitere Züchtungsbemühungen behindert würden. Dies würde eine Gefahr für die Ernährungssicherung darstellen.

Das Öko-Institut empfiehlt daher, dass

das Steuerungsgremium des Vertrags die Bestimmungen zur Patentierung zurückhaltend auslegt und internationale Leitlinien geschaffen werden, die die effektive nationale Ausgestaltung der Rechte der Landwirte gewährleisten.

Für deren Umsetzung sind nach dem Saatgutvertrag die Nationalstaaten zuständig. Insbesondere ein Recht auf freien Austausch und Wiederaussaat von Saatgut ist in den Ländern des Südens ein Garant für Ernährungssicherheit und Vielfalt im Anbau.

Entscheidend wird künftig auch sein, in welchem Verhältnis die Regelungen des Saatgutvertrags zu Regelungen der Welthandelsorganisation (WTO) und insbesondere des TRIPS-Abkommens zu geistigen Eigentumsrechten stehen werden.

Das Öko-Institut hat sich in dem kürzlich abgeschlossenen Verbundprojekt „Agrobiodiversität entwickeln: Handlungsstrategien und Impulse für eine nachhaltige Tier- und Pflanzenzucht“* mit den institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen beschäftigt, die für den Erhalt der Nutzpflanzen- und Nutztiervielfalt notwendig sind.

Media Contact

idw

Weitere Informationen:

http://www.oeko.de

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