Genfluss von Kulturpflanzen in verwandte Wildarten

Beispiel Mais: Insbesondere dort, wo die Kulturpflanzen ursprünglich beheimatet sind und es daher viele Wildverwandte gibt, ist es von besonderem Interesse, den vorhandenen Genpool mit seiner hohen Diversität zu bewahren und zu schützen.

Ausbreitung auch ohne Vorteil

US-amerikanische Wissenschaftler haben anhand mathematischer Modelle den Genfluss von Kulturpflanzen in verwandte Wildarten berechnet. Ihr Fazit: Innerhalb nur weniger Generationen können sich Kulturpflanzen-Gene in Wildpopulationen etablieren – auch dann, wenn die Pollenmenge nicht sehr hoch ist und diese Gene der Pflanze keinen Vorteil bringen.

Mit dem Pollen können Gene aus Kulturpflanzen in den Genpool ihrer wilden Verwandten gelangen und sich dort ausbreiten. Das ist nicht neu, aber im Hinblick auf die Freisetzung transgener Pflanzen hat dieser natürliche Vorgang eine besondere Brisanz. Schließlich könnten sich auch die Transgene in Wildpopulationen ausbreiten. Über die Wahrscheinlichkeit der Ausbreitung gentechnisch eingeführter Gene und insbesondere die Bewertung möglicher Folgen wird immer wieder heftig diskutiert.

Einen Beitrag zu dieser Debatte wollen sie liefern, die Wissenschaftler der Universitäten Wisconsin und Minnesota, die die Ergebnisse ihrer Untersuchungen vor kurzem in den „Proceedings of the Royal Society of London“ veröffentlicht haben.

Sie interessierten sich bei der Entwicklung ihrer Modelle für zwei Prozesse, die bei der Evolution von Pflanzengemeinschaften eine entscheidende Rolle spielen: die „genetische Assimilation“, bei der Gene der Wildpflanzen durch Kulturpflanzen-Gene ersetzt werden und die „demographische Überschwemmung“, in deren Folge eine Wildpopulation abnimmt, weil die Kreuzungsnachkommen weniger überlebensfähig sind. Mit Hilfe der Modelle sollte es möglich sein zu berechnen, in welcher Weise diese beiden natürlichen Vorgänge durch Pollenflugraten und die Mechanismen der Selektion beeinflusst werden.

In einem ersten vereinfachten Basismodell gingen die Wissenschaftler aus von einer großen Wildpopulation mit konstanter Größe, die Pollen empfängt von einer Nutzpflanze, die sich nur in einem Gen von den Wildverwandten unterscheidet. Bei einer Entfernung von zehn bis hundert Metern zwischen Nutz- und Wildpflanzen ergaben die Berechnungen, dass sich dieses Gen mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent innerhalb von 16 bis 20 Generationen in der Wildpopulation verbreitet (etabliert).

In erweiterten Modellen wurden die natürlichen Vorgänge komplexer und realistischer simuliert. Die Größe der Wildpopulation, die Anzahl der abweichenden bzw. neuen Gene, die Stärke des Pollenflugs und weitere Parameter wurden variiert.

Im Hinblick auf genetische Assimilation zeigte sich in allen Modellen, dass sich die Kulturpflanzen-Gene innerhalb weniger Generationen in Wildpopulationen etablieren können. Manchmal kann selbst ein nur geringer Anstieg der Pollenflugrate einen großen Unterschied in der Ausbreitung des Gens ausmachen. Selbst Gene, die der Pflanze keinen Selektionsvorteil verschaffen, können sich unter bestimmten Bedingungen etablieren.
Für eine demographische Überschwemmung kann schon ein kleiner Anstieg des Polleneintrags ausreichen. Im Extremfall kann das zu einer drastischen Abnahme der Wildpopulation – einem „migrational meltdown“ – führen. Insbesondere Wildpopulationen mit geringer Wachstumsrate scheinen besonders empfindlich gegenüber dem Genfluss aus Nutzpflanzen zu sein.

Beide Prozesse greifen ineinander und können sich gegenseitig verstärken.

Die Autoren der Studie betonen, dass ihre Modelle nicht zwischen gentechnisch hergestellten und konventionell gezüchteten Kulturpflanzen unterscheiden. Laut Ralf Haygood, einem der Autoren, spiele es keine Rolle, wie die Gene in die Pflanzen kommen. Nur ihre Funktion sei von Bedeutung.

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