Vögeln und Meeressäugern bleibt nur mehr Junkfood

Die weltweite Überfischung und die Auswirkungen des Klimawandels setzen eine Reihe von Tieren, die im und am Meer leben, einer einseitigen Diät aus.

Statt der für sie wertvollen Nahrungsquelle bleibt ihnen praktisch nur noch „Junkfood.“ Zu diesem Schluss kommen Forscher der Universität von Stockholm. Das Ergebnis sind abgemagerte Vögel, berichtet das Wissenschaftsmagazin New Scientist in seiner Online-Ausgabe.

Räuberische Fische wie etwa der Dorsch sind durch die nicht nachhaltige Fischerei praktisch aus den Meeren verschwunden, dafür haben sich ihre Beutetiere wie etwa Sprotten stark vermehrt. Sprotten sind als Nahrung für Seevögel aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts nur ein magerer Ersatz. Die Biologen um Henrik Österblom argumentieren, dass das schlechte Nahrungsangebot für Raubvögel und Meeressäuger zu einem rapiden Gewichtsverlust der Räuber führt, da ihnen die notwendige Energie fehlt.

In den 1990er Jahren hatten Österblom und seine Forscherkollegen festgestellt, dass die 20 Tage alten Küken von Trottellummen in der Ostsee ein viel geringeres Gewicht aufwiesen als in den Jahren zuvor. „Wir waren sehr überrascht darüber, denn zur gleichen Zeit nahm die Dorsch-Fischerei in der Region deutlich zu“, meint Olof Olsson von der schwedischen Umweltforschungsstiftung Mistra.

„Weniger Dorsch bedeutet mehr Sprotten und die Lummeneltern fütterten die Jungen fortan mit Sprotten.“ Doch auch die Sprotten erwiesen sich in den folgenden Untersuchungen als abgemagert. Dadurch, dass ihnen der Fressfeind fehlte, nahmen sie zwar mengenmäßig zu, mussten sich aber mit anderen Tieren ihre Nahrungsquelle – das Zooplankton – teilen. Mengenmäßig bekamen die Lummenjungen zwar gleich viel Fisch, allerdings deutlich weniger Kalorien.

Diese Erkenntnisse seien nichts Neues, meint der Fischereiexperte Michael Fogerty vom US-National Marine Fisheries Service (NOAA). Ähnliches habe man an der Ostküste der USA bei den Blauflossen-Tunfischen festgestellt, die deutlich abnahmen, weil auch ihre Beutefische, die Heringe, immer dünner wurden. Auch die Heringe nahmen durch den Wegfall ihrer Fressfeinde mengenmäßig zu, gewichtsmäßig allerdings deutlich ab.

In den Jahren 2000 bis 2004 nahm man in der Ostsee die Jagd nach Sprotten vermehrt auf, damit stieg auch das Gewicht der Lummenküken wieder an. Die schwedischen Forscher wurden damit Zeugen der „Junkfood-Hypothese“. Eine Meta-Analyse von 47 Studien über die Auswirkungen der „Nahrungsquantität und Qualität auf Meeressäuger und Vögel“ kommt zu ähnlichen Ergebnissen.

Aber auch Klimaänderungen können massive Auswirkungen auf Meeressäuger haben, wie sich an den Stellar-Seelöwen an der Westküste Amerikas zeigt. Zwischen den späten 1970er und späten 1990er Jahren sank die Zahl der Tiere um 80 Prozent. Das Forscherteam um den Meeressäugetier-Experten Andrew Trites von der University of British Columbia in Vancouver glaubt, dass Veränderungen der Meeresströmungen den Seelöwen eine neue Fischart brachten: den fettarmen Seelachs.

Für den Forscher sind die Arbeiten des schwedischen Teams eine Erleichterung. „Jahrelang haben wir so ziemlich als einzige die Meinung vertreten, dass die Qualität der Nahrung eine mindestens genauso wichtige Rolle spielt wie die Quantität.“

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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