Größe entscheidend: Kieler Forscher zeigen Weg zu nachhaltiger Fischerei

So lautet die Schlüsselbotschaft einer neuen Studie unter Federführung des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel.

Die europäische Fischerei könnte von diesen Erkenntnissen erheblich profitieren, wenn sie die Fische in einer Lebensphase fängt, in der Wachstumsrate und Biomasse das Maximum erreicht hat. Erst dann ist der Fortbestand der Population dauerhaft gesichert und eine Fischerei ökologisch verträglich und ökonomisch sinnvoll. Die internationale Studie ist in der Fachzeitschrift „Fisheries Research“ erschienen.

Die Fischereibiologen analysierten Auswirkungen der Fischerei auf neun verschiedene Arten, von großen Fischen wie Kabeljau, Scholle und Wittling bis hin zu kleinen Fischen wie Sprotte und Hering. Die deutlichsten Folgen stellten sie bei den großen Fischen fest, da heutzutage hauptsächlich Jungfische gelandet werden, die noch nicht geschlechtsreif sind. Die Tiere werden ihrem Lebenszyklus entzogen, noch bevor sie für Nachwuchs sorgen konnten.

„Wir haben festgestellt, dass heutige Fangmethoden dem Ökosystem und den Fischbeständen weitaus mehr Schaden zufügen als nötig, um die gegenwärtigen Quoten zu erzielen“, erzählt Dr. Rainer Froese, Erstautor der Studie und Fischereibiologe am IFM-GEOMAR, „im Grunde genommen würden sowohl die Ökosysteme im Meer als auch die Fischereiwirtschaft gleichermaßen profitieren, wenn einfache Gebote wie die Fangbeschränkung auf erwachsene Fische eingehalten würden.“ Auf Dauer kann ein Fischbestand das Fehlen einer Nachfolgegeneration nämlich nicht überstehen und die Population bricht dann zusammen. Dies geschah auf dramatische Weise in den 90iger Jahren in den früher üppigen Fanggründen des Kabeljaus vor dem kanadischen Neufundland.

Die neue Studie liefert auch eine quantitative Abschätzung der Auswirkungen einer Fischerei in Hinblick auf Nachhaltigkeit. Wenn man bei gleichen Erträgen den Fang auf ausgewachsene Tiere beschränkt, berechnen die Wissenschaftler eine bis zu siebenfache Erhöhung der Wildbestände. Die Fischereiindustrie würde in mehrfacher Hinsicht davon profitieren, zum Beispiel könnte sie ihre Fangquoten in kürzerer Zeit erzielen und somit Kosten sparen. Auch Investitionen für Fanggeräte, die im Einsatz schonender sind, würden durch eine effektivere Fischerei wieder wettgemacht. Da Bestände mit einem größeren Anteil von erwachsenen Tieren auch für mehr Nachwuchs sorgen, könnte eine solch nachhaltige Fischerei auf Dauer größere Fänge gewährleisten. Die Umstellung auf den Fang größerer Tiere könnte schrittweise erfolgen und würde, je nach Art, im Laufe von 3 bis 8 Jahren zu den vorhergesagten Ergebnissen führen. Die Studie entstand im Rahmen des EU Projekts INCOFISH.

Weitere Informationen

Die Fachveröffentlichung „Size matters: How single-species management can contribute to ecosystem-based fisheries management“ von Rainer Froese, Amanda Stern-Pirlot, Henning Winker und Didier Gascuel ist in der Zeitschrift „Fisheries Research“ erschienen. http://dx.doi.org/10.1016/j.fishres.2008.01.005

Ansprechpartner
Dr. Rainer Froese, Tel. 0431 – 600 4579, rfroese@ifm-geomar.de
Mona Botros, Dipl.-Journ., M. Sc., Tel. 0431 – 600 2807, mbotros@ifm-geomar.de

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