"Umwelt-Spion am Himmel" beobachtet zunehmende Luftverschmutzung über Asien

Die vergangenen zehn Jahre brachten eine starke Zunahme der Luftverschmutzung über Ost-Asien. Im Gegensatz dazu wurde die Luft über Teilen Europas und Nordamerikas sauberer. Dies ist eines der wichtigen Ergebnisse aus Satelliten-Messungen von Stickstoffdioxid und anderer Luftschadstoffe im Rahmen des SCIAMACHY-Projekts.

Die atmosphärische Zusammensetzung verändert sich schneller als erwartet, sowohl als Folge menschlichen Handelns als auch durch veränderte natürlicher Prozesse infolge des Klimawandels. SCIAMACHY — ein Umwelt-Instrument an Bord des ESA-Satelliten ENVISAT — ist ein Gemeinschafts-Projekt aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Seinen sechsten Geburtstag im All feiert SCIAMACHY am 19. Mai 2008 in Vaals (Niederlande), nahe dem deutsch-belgisch-niederländischen Dreiländereck. Das SCIAMACHY-Projekt wurde von Professor John Burrows, Institut für Umweltphysik der Universität Bremen, in den 1980er Jahren initiiert. Die wissenschaftliche Leitung des Projektes liegt beim Institut für Umweltphysik der Universität Bremen.

Luftverschmutzung in Asien und Europa

Eine starke Zunahme bei Stickstoffdioxid sieht SCIAMACHY in Ländern und Gebieten mit sehr stark wachsender Wirtschaft, insbesondere in China. Die Zunahme der Luftverschmutzung ist ein ernstes Problem für die öffentliche Gesundheit, und so erhält sie — auch im Angesicht der bevorstehenden Olympischen Spiele — erhöhte Aufmerksamkeit seitens der chinesischen Regierung.

In Westeuropa erkennt SCIAMACHY — nach einer Phase der Verbesserung in den neunziger Jahren aufgrund wirksamer EU-Verordnungen — nunmehr eine Stagnation des Stickstoffdioxid-Rückgangs, die großenteils dem gestiegenen Verkehrsaufkommen geschuldet sein dürfte. In den östlichen USA beobachtete SCIAMACHY jüngst einen Rückgang der Stickoxid-Emissionen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Stickoxidfiltern in Kohlekraftwerken zur Umsetzung verschärfter Umwelt-Auflagen.

Trotz aller Verbesserung in Europa detektierte SCIAMACHY während des extrem warmen Sommers 2003 eine Kombination von Luftschadstoffen aus anthropogenen und erhöhten natürlichen Emissionen sowie Waldbränden, die sich zu einem gefährlichen Cocktail mischten und wesentlich die Zahl der Todesopfer erhöhten. Klima-Studien gehen davon aus, dass derartig warme Sommer zukünftig häufiger auftreten werden.

SCIAMACHY überwacht Schlüsselkomponenten der Luftverschmutzung insbesondere Stickstoffdioxid; es entsteht als Abgas beim Verkehr, bei der Energieerzeugung sowie in Industrie und landwirtschaftlicher Produktion. Außerdem ist Stickstoffdioxid an der Entstehung von Sommersmog beteiligt und damit ein wichtiger Indikator für die Verunreinigung der Luft.

Die Überwachung der Ozonschicht

SCIAMACHY liefert einzigartige Informationen über die Ozonschicht — einschließlich des Ozonlochs über der Antarktis. So erkennt SCIAMACHY erste Anzeichen für eine Stabilisierung der Ozonkonzentration als Ergebnis der Maßnahmen, die mit dem Montreal-Protokoll und seinen Erweiterungen in Kraft gesetzt wurden. Eine Erholung der Ozonschicht lässt sich noch nicht eindeutig feststellen. Bemerkenswert große jährliche Schwankungen konnte SCIAMACHY beim Ozonloch über der Antarktis und über arktischen Gebieten beobachten. Sie stehen im Zusammenhang mit Veränderungen in der Dynamik der Atmosphäre. Im September 2002 beobachtete SCIAMACHY sogar weltweit erstmalig ein Auseinanderbrechen des Ozonlochs. Mit SCIAMACHY leisten Deutschland, die Niederlande und Belgien einen wichtigen Beitrag zur Überwachung der Ozonschicht, wie von den Vereinten Nationen gefordert.

Treibhausgase treiben den Klimawandel an

Kohlendioxid- und Methan-Messungen von SCIAMACHY haben zu neuen Erkenntnissen über Methan-Entstehung im tropischen Regenwald und in Feuchtgebieten geführt sowie über die saisonalen und regionalen Schwankungen von Kohlendioxid über Land. Dies ist eine bahnbrechende Anwendungen der Atmosphären-Fernerkundung und ein Meilenstein der Erdsystem-Forschung mit direkter gesellschaftlicher Bedeutung. SCIAMACHY ist das erste und bisher einzige Satelliten-Instrument das die Konzentration dieser Treibhausgase vom oberen Rand der Atmosphäre bis hinunter auf die Erdoberfläche messen kann, wo die Emissionen entstehen.

Weitere wissenschaftliche Anwendungen von SCIAMACHY

Zusätzlich zu den Messungen von Luftschadstoffen, Ozon und Treibhausgasen liefert SCIAMACHY einzigartige Messungen über die Veränderung der Sonnenstrahlung, über die Wechselwirkung ihrer koronaren Ausbrüche mit der oberen Atmosphäre, über durch Meteoriten verursachte Verunreinigungen in der Atmosphäre, sowie weitere Phänomene der oberen Atmosphäre. Darüber hinaus lassen sich mit SCIAMACHY-Daten Informationen über den Austausch von Spurengasen zwischen Ozean, Eis und Atmosphäre gewinnen.

Zukunft

Der Nachschub an SCIAMACHY-Daten ist derzeit bis 2010 gesichert. Darüber hinaus sind Diskussionen zwischen der ESA und den nationalen Agenturen im Gange, die eine Verlängerung der ENVISAT-Mission bis 2013 zum Ziel haben. Im Zuge des EU-Programms GMES (Global Monitoring for Environment and Security) bereitet sich Europa auf die routinemäßigen Beobachtung der Atmosphären-Zusammensetzung mit Hilfe der sogenannten Sentinel-Satelliten in Kombination mit dem operationellen Wettersatellitenprogramm vor. SCIAMACHY dient für diese zukünftigen Missionen als Blaupause. Um jedoch zu vermeiden, daß im Jahrzehnt 2010-2020 Datenlücken entstehen, sind ergänzende Missionen notwendig.

„Umweltveränderung erkunden“: SCIAMACHY — Sechs Jahre im Weltraum

Am 19. Mai wird in Vaals die sechsjährige erfolgreiche Arbeit im Weltraum gefeiert, und es werden die herausragenden Ergebnisse dieses einmaligen Projektes vorgestellt. Die Veranstaltung findet in Anwesenheit des deutschen Parlamentarischen Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium Peter Hintze, des Generalsekretärs der niederländischen Wirtschaftsministerin Chris Buijink, sowie Vertretern der der Raumfahrt-Agenturen, zum Beispiel des Direktors der belgischen Agentur Noël Parmentier und des ESA-Direktors für Erdbeobachtung Volker Liebig, sowie Vertretern des Wissenschafts-Teams statt. Der Nobelpreisträger Professor Paul Crutzen nimmt als Ehrengast an der Veranstaltung teil. Professor John P. Burrows, Universität Bremen, und sein Team werden die Ergebnisse des SCIAMACHY Projekts zusammenfassen.

Hintergrundinformation zu SCIAMACHY gibt es unter: http://www.sciamachyevent.com
Weitere Informationen sind erhältlich bei:
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR),
Achim Friker: Fon: +49-228-447-397
Universität Bremen
Institut für Umweltphysik/Institut für Fernerkundung
John P. Burrows,
Tel. 0421-218 4548
E-Mail: burrows@iup.physik.uni-bremen.de
Heinrich Bovensmann
Tel. 421-218 4081
E-Mail: bov@iup.physik.uni-bremen.de

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