Mülldeponien effektiver abdichten: Kieler Forscher arbeiten an neuem System

Deshalb können bisher endgültige Andichtungen erst nach mehreren Jahren aufgebracht werden. Forscher der Uni Kiel wollen jetzt zeigen, dass Rissbildung und Schrumpfung kontrollierbar sind. Ziel des vom Land Schleswig-Holstein und der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein geförderten Projektes ist die Entwicklung eines sicheren Abdichtungssystems, das bereits unmittelbar nach Ende der Mülldeponierung aufgebaut werden kann.

Das Wetter im Januar war nicht unbedingt ideal, um Freilanduntersuchungen vorzubereiten. Doch inzwischen scheint es Petrus mit Imke Janßen und Stephan Gebhardt besser zu meinen. Die Wissenschaftlerin und der Wissenschaftler gehören zum Team von Prof. Rainer Horn am Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde der Uni Kiel, und ein Projekt führt sie derzeit weg von Schreibtisch und Labor auf die Mülldeponie in Rastorf im Kreis Plön. Ihr Interesse gilt dem Wasserhaushalt jener mineralischen Schichten, die der Kooperationspartner und Anlagenbetreiber, die ZMD Rastorf GmbH, zur Abdeckung auf die Deponie gebracht hat.

Eine solche Oberflächenabdichtung schließt den Abfall nach oben ab, um Sickerwasserbildung zu minimieren und den unkontrollierten Austritt von Gasen zu verhindern. Deponien sollen dicht sein, um die Umwelt nicht zu belasten. Das ist leichter gesagt als getan: Im Deponiekörper laufen biologische, physikalische und chemische Prozesse ab, was die Temperatur in der Anlage hoch hält. „Eine Abfalldeponie hat ein faszinierend langes Leben“, sagt Professor Horn. Gängig sei, dass Deponiebetreiber sie zunächst temporär abdichten und erst nach einigen Jahren, wenn die Aktivität im Deponiekörper reduziert ist, ein dauerhaftes Dichtungssystem aufbringen.

Zur Abdeckung werden mineralische Materialien wie Tone, Mergel oder Schluffe verwendet. Auch die von der Bundesregierung 1993 erlassene Technische Anleitung Siedlungsabfall (TASi) sieht den Einsatz dieser Stoffe vor. Allerdings sind nach Angaben des Professors Risse in der eigentlich als dicht definierten Abdichtungsschicht unter der Oberfläche unumgänglich, wenn man sich an die weiteren Vorschriften der TASi hält: Da das im Boden vorhandene Wasser beim Einbau der mineralischen Dichtschichten nicht schnell genug entweichen kann und somit unter Überdruck gerät, zieht es innerhalb recht kurzer Zeiten einzelne Bodenpartikel zusammen, was zur Rissbildung führt. „Dieser Fehler in der TASi ist zwar mittlerweile anerkannt, aber nach wie vor nicht korrigiert.“

Solche Setzungserscheinungen lassen sich nach Ansicht Horns mit Hilfe bodenphysikalischer Grundlagen in einem definierten Rahmen halten. Genau das gilt es in dem Kooperationsprojekt zu zeigen. „Wir wollen praktisch versuchen, die Schrumpfung in den Griff zu bekommen“, sagt Horn. „Ziel ist eine Abdeckung, die dicht genug ist, damit Sickerwasser nicht zum Problem wird, gleichzeitig aber so viel Feuchtigkeit durchtröpfeln lässt, dass die Mikroorganismen arbeiten können.“

Die Abdeckung in Rastorf besteht aus drei unterschiedlich durchlässigen Schichten, die zusammen etwa einen Meter dick sind. Auf Grundlage von Labormessungen der hydraulischen Leitfähigkeiten am Hang sowie der Porengrößenverteilungen der Substrate sollen die Eigenschaften der Bodenschichten quantifiziert werden. Geplant ist, dass an drei Standorten auf der rund zehn Hektar großen Deponie Messgeräte kontinuierlich über Wassergehalt und Wasserbindungskräfte in verschiedenen Bodentiefen informieren. Ist der Boden zu trocken, soll über die Zufuhr von Feuchtigkeit durch ein in 60 Zentimeter Tiefe eingebautes Drainagerohr die mineralische Dichtungsschicht in einem gequollenen Zustand erhalten bleiben, so dass sie langfristig stets flexibel und gleichzeitig wasserdicht ist.

Gelingt die Übertragung des Grundlagenwissens in die Praxis, könnten Deponiebetreibern künftig kostenintensive Nachbehandlungen der aufgebrachten Abdichtung erspart bleiben. Aufgrund dieses Pilotcharakters stellen das Kieler Wirtschaftsministerium und die Innovationsstiftung Schleswig-Holstein (ISH) rund 140.000 Euro aus ihrem Förderprogramm „Hochschule – Wirtschaft – Transfer“ (HWT) für das Projekt bereit. Ergebnisse sollen bis August 2009 vorliegen. So werden Imke Janßen und Stephan Gebhardt wohl noch öfter auf die Deponie fahren.

Media Contact

Sabine Recupero idw

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