Nicht abbaubare Nano-Transportsysteme mit Risiko behaftet

Der Einsatz von Nano-Transportsystemen mit einem Durchmesser unter 100 Nanometern bietet für die Pharmazie und die Kosmetik interessante Perspektiven. Mit diesen Systemen können Wirkstoffe genau dorthin gebracht werden, wo sie gebraucht werden, weil sie zum Beispiel leichter körpereigene Membranen passieren. Das deutsche Öko-Institut hat mit mehreren Partnern nun erstmals eine umfassende Risiko-Nutzen-Analyse erstellt. Demnach gelten nur bestimmte abbaubare Systeme als sicher.

„Es ist sehr oft völlig unklar, was mit Transportsystemen, von denen einige wegen ihrer geringen Größe auch die Blut-Hirn-Schranke überwinden können, im Körper passiert, sobald sie den transportierten Wirkstoff im Organismus abgegeben haben“, erklärt Martin Möller vom Institutsbereich Produkte & Stoffströme vom Öko-Institut gegenüber pressetext. „Weil Nanomaterialien keine homogene Gruppe darstellen, sondern es sich um physikalisch, chemisch und strukturell sehr unterschiedliche Stoffe handelt, müssen Risikobeurteilungen immer fallbezogen sein“, erklärt der Experte. „Der Pharmakonzern Novartis und das Chemikalienunternehmen Ciba Spezialitätenchemie haben daher den Risikodialog mit kritischen Stakeholdern gesucht, der in beiden Unternehmen eine 20-jährige Tradition hat.“ An der Analyse waren unter anderem auch das Österreichischen Ökologie Institut und als Moderator die Schweizer Stiftung Risiko-Dialog beteiligt.

„Das Ergebnis war deutlich, denn die untersuchten abbaubaren Nano-Transportsysteme, die vom Körper zerlegt und ausgeschieden werden können, erhielten gute Noten“, so Möller. Das könne man von nicht abbaubaren Systemen, wie zum Beispiel so genannte Kohlenstoff-Nanoröhrchen oder Fullerenen nicht sagen. Die bisher vorliegenden Daten sind lückenhaft und widersprüchlich, daher müsse im Sinne des Vorsorgeprinzips die Sicherheitsforschung ausgebaut werden und auf nicht abbaubare Nanopartikel solange zu verzichtet werden, bis eine bessere Datenlage aufgebaut sei. „Problematisch ist etwa, dass Fullerene die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Was sie allerdings anrichten können, bleibt aber weitgehend unklar.“ Als erfreulich bezeichnet Möller die Tatsache, dass Ciba und Novartis dieser Empfehlung zum jetzigen Zeitpunkt folgen werden.

An der Risikoanalyse im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts „Conano- Comparative Challenge of Nanomaterials“, das Ende 2007 zu Ende ging, waren Toxikologen, Arbeitsmediziner und Ökologen beteiligt. „Ziel war die möglichst frühzeitige und offene sachliche Auseinandersetzung über Chancen und Risiken der Nanotechnologie an konkreten Produktbeispielen“, erklärt Möller. Zudem galt es eine Methodik zur Produktbewertung zu entwickeln sowie Handlungsempfehlungen für Forschungsstrategien, Produktentwicklung und Unternehmenskommunikation zu erarbeiten.

„Bei der Analyse wurden abbaubare und nicht abbaubare Nano-Transportsysteme für pharmazeutische und kosmetische Anwendungen mit konventionellen Mikrosystemen verglichen“, erklärt Möller. „Untersucht wurden von den Experten Fragen der Toxizität und Exposition über den gesamten Lebenszyklus der Systeme – also von der Produktion über die Anwendung bis zur Entsorgung. „Ein Lebenszyklusansatz ist für robuste Ergebnisse methodisch zwingend notwendig, in der Praxis aber leider immer noch nicht Standard“, kritisiert Möller. Im Rahmen der Ökobilanzen wurden auch Nutzenaspekte herausgearbeitet. „Studien zur externen Risikowahrnehmung vervollständigten die multidimensionale Bewertungsmatrix“, meint Möller. „Der Nutzen von Nano-Transportsystemen liegt vor allem in der verbesserten Wirkung des Produkts und seinen Anwendungseigenschaften für den Nutzer und erst in zweiter Linie in den Einsparungspotenzialen und einer verbesserten Ressourceneffizienz“, erklärt Möller die Vorteile. Die größten Einsparpotenziale liegen demnach auf der Ebene der Formulierungsbestandteile und der Verpackungen.

„Dass Ciba und Novartis die im Rahmen von Conano entwickelten Empfehlungen konsequent umsetzen wollen, zeigt, wie erfolgreich der Risikodialog sein kann“, meint Rainer Grießhammer, stellvertretender Geschäftsführer am Freiburger Öko-Institut. Konstruktiv geführt sei dieser Dialog eine wesentliche Voraussetzung dafür, mögliche Ängste und Unbehagen zu bestimmten Themenfeldern in der Öffentlichkeit, bei den Umweltorganisationen und bei den Behörden im Vorfeld zu erkennen und damit angemessen umzugehen.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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