Alarm für seltene Schmetterlinge in Europa

Der Natterwurz-Perlmutterfalters (Boloria titania) kommt bisher vorwiegend in den Alpen und in den Bergen des Balkans sowie im Baltikum vor. Die kältliebende Art ist auf den Wiesenknöterich (Polygonum bistortum) als Nahrungspflanze angewiesen und reagiert damit besonders sensibel auf Veränderungen. Ein &quot;Auseinanderdriften&quot; der Lebensräume von Schmetterling und Nahrungspflanze durch den Klimawandel würde die Art in Zukunft gefährden. Diese kälteliebende Art könnte dann zu den Verlierern des Klimawandels gehören. Foto: © Albert Vliegenthart<br>

Die Gesellschaft für Schmetterlingsschutz (GfS), der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) veröffentlichten am Mittwoch den aktuellen europäischen Schmettterlingsatlas („Distribution Atlas of Butterflies in Europe“), die größte Zusammenstellung zur Verbreitung von Schmetterlingen in Europa.

„Die neuen Daten zeigen den zerbrechlichen Zustand der Tagfaltervorkommen in Europa. Um zerstreute Populationen zu vernetzen und dadurch dauerhaft zu retten, muss der Erhalt ihrer natürlichen Lebensräume dringlicher denn je vorangebracht werden“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Dabei sei insbesondere die europäische Agrarpolitik gefordert, wirksame Maßnahmen sicherzustellen. Allein der Aurorafalter könnte unter heutigen Bedingungen bis zum Jahr 2080 über 85 Prozent seines Lebensraumes verlieren.

Der Atlas beinhaltet Verbreitungskarten aller 441 europäischen Tagfalterarten. Über 400.000 Datensätze aus ganz Europa wurden dafür neu erfasst und erstmals ausgewertet. Neben der umfangreichen Bereitstellung von Informationen für die Taxonomie und Biogeographie soll der Atlas eine Grundlage für den Schutz der europäischen Tagfalter darstellen. Dazu dienen vor allem die Karten, auf denen die „Hotspots“ der Faltervielfalt wie auch des Vorkommens besonders seltener und gefährdeter Arten erkennbar sind. „Betrachten wir uns die Konzentration der endemischen – also nur in Europa vorkommenden – Arten, so sticht die Bedeutung des Alpenraumes, der Kanaren sowie von Teilen des Mittelmeergebietes ins Auge“, erklärte Josef Settele, einer der Mitautoren und Vorsitzender der GfS. „Dies zeigt, dass vor allem dort Veränderungen des Klimas oder auch der Landnutzung gravierende Folgen für Arten erwarten lassen, für die Europa in besonderem Maße verantwortlich ist.“

Von zentraler Bedeutung ist das Engagement der insgesamt 272 ehrenamtlichen Mitarbeiter aus ganz Europa, die die Daten für den Atlas bereitgestellt haben. Die Daten aus Deutschland hat zu großen Teilen die Bundesarbeitsgemeinschaft Schmetterlinge des NABU erhoben, dem neben dem vom UFZ betriebenen „Tagfalter-Monitoring Deutschland“ größten deutschen Netzwerk ehrenamtlicher Schmetterlingsforscher.

Das Atlas-Projekt wurde von Dr. Otakar Kudrna ins Leben gerufen; es ist das Ergebnis seiner langjährigen Arbeit sowie der Arbeit eines von ihm geleiteten Autorenteams. Er wird wiederum als Datenbasis für zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten dienen – ähnlich wie für den „Climatic Risk Atlas of European Butterflies“, der 2008 veröffentlicht wurde und eine aktuelle Antwort auf den laufenden Klimawandel und damit ein Beitrag für die Erhaltung der Tagfalter darstellt.

Publikation:
Otakar Kudrna, Alexander Harpke, Kristian Lux, Josef Pennerstorfer, Oliver Schweiger, Josef Settele, Martin Wiemers (2011). Distribution Atlas of Butterflies in Europe. GfS, Halle, Germany. 576 pp.

Gefördert durch die Projekte STEP, SCALES und CLIMIT sowie durch Spenden vor allem des NABU und des Bayerischen Naturschutzfonds (München), des Fördervereins der ANL (Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege, Laufen/Bayern), von „De Vlinderstichting“ (niederländische Falterstiftung, Wageningen), der European Interests Group (EIG) von Butterfly Conservation UK (Wareham, GB), und vom Wissenschaftlichen Verlag & Delta-Druck Peks (Schwanfeld).

Weitere fachliche Informationen:
PD Dr. Josef Settele
Gesellschaft für Schmetterlingsschutz/Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
E-mail: siehe http://www.ufz.de/index.php?de=817
Werner Schulze
BAG Schmetterlinge im NABU
Tel. 0521/336443
E-Mail: WSchulze@entomon.de
Tilo Arnhold
Pressestelle Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Tel. 0341 235 1635
E-mail: presse@ufz.de
Weiterführende Links:
Homepage der BAG-Schmetterlinge:
http://www.nabu.de/tiereundpflanzen/insektenundspinnen/schmetterlinge/
bagschmetterlinge/index.html
Homepage der GfS
http://www.european-butterflies.ufz.de/
Climatic Risk Atlas of European Butterflies:
http://pensoftonline.net/biorisk/index.php/journal/article/viewArticle/3
Homepages der Projekte CLIMIT, STEP und SCALES:
http://www.climit-project.net; http://www.step-project.net; http://www.scales-project.net;

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) setzt sich seit über 110 Jahren dafür ein, unsere Natur zu schützen und für zukünftige Generationen zu sichern. Mit rund 500.000 Mitgliedern und Förderern ist er Deutschlands mitgliederstärkster Umweltverband. Zu den wichtigsten Aufgaben des NABU zählt der Erhalt der Lebensraum- und Artenvielfalt, die Nachhaltigkeit der Land-, Wald- und Wasserwirtschaft und nicht zuletzt der Klimaschutz.

Die Gesellschaft für Schmetterlingsschutz (GfS) ist ein gemeinnütziger Verein, der sich dem Schutz der europäischen Schmetterlingsfauna (mit Schwerpunkt auf Deutschland) widmet. Ziel des Vereins ist die wissenschaftliche Erarbeitung, Umsetzung und Überwachung von Grundlagen und Maßnahmen zur Erhaltung der wildlebenden Schmetterlinge. Aufgaben der Vereins sind: a) Angewandte (d.h. naturschutz-orientierte) Erforschung der Schmetterlingsfauna, b) Unterstützung der zuständigen Behörden; c) Publikationen über Schmetterlinge, ihre Ökologie, Biogeographie, Biologie und ihren Schutz herauszugeben und zu verlegen; d) Erkenntnisse über Schutz und Erhaltung frei lebender Schmetterlingsarten vor Behörden, Organisationen und Personen zu vertreten, und e) die für die gemeinnützigen Zwecke notwendigen Mittel zu beschaffen.

http://www.european-butterflies.ufz.de/

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 1000 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie sowie Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 31.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 17 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).

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