Aktiver Erhalt des Fachwissens trotz Energiewende nötig

Der Radiochemiker leitet seit dem 1. Oktober das Institut für Ressourcenökologie am HZDR. An seinem neuen Institut setzt Stumpf auf drei Forschungsschwerpunkte: die Endlagerforschung, das Recycling strategischer Elemente (Seltene Erden) und die Reaktorsicherheit.

Auf dieser Grundlage könnte sich seiner Ansicht nach zusammen mit den Helmholtz-Partnern KIT und dem Forschungszentrum Jülich ein deutsches Kompetenzzentrum für Endlagerforschung entwickeln.

„In unserem Institut für Ressourcenökologie können wir den Bogen von den Kernkraftwerken, über die Endlagerung des radioaktiven Abfalls bis hin zum Recycling dieser Stoffe spannen“, fasst Thorsten Stumpf die Forschungsleistungen seiner neuen Wirkungsstätte zusammen.

„Wir setzen uns hier mit Themen auseinander, die unsere Gesellschaft noch sehr lange beschäftigen werden.“ Denn trotz der Energiewende bleibt beispielsweise die Reaktorsicherheitsforschung ein wichtiges Feld, ist sich der Radiochemiker sicher: „Auch wenn Deutschland in Zukunft auf die Kernenergie verzichtet, müssen wir trotzdem die Kompetenz, die wir uns in diesem Bereich erarbeitet haben, erhalten. Zum einen geht nach derzeitigem Stand das letzte deutsche Kernkraftwerk erst 2022 vom Netz.

Zum anderen setzen viele unserer Nachbarländer weiter auf die Atomkraft und bauen sogar neue Kraftwerke. Deshalb ist es wichtig, sich auch weiterhin mit den Technologien und vor allem potentiellen Störfällen auszukennen.“ Das ist aber nur durch fortlaufende Forschung möglich.

Die Rossendorfer Kompetenz will Stumpf besonders bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle einbringen. Dem neuen Institutsdirektor geht es darum, die Prozesse, die sich auf molekularer Ebene abspielen, genau zu erforschen: „Erst wenn wir verstehen, wie radioaktive Stoffe langfristig mit der Umgebung reagieren, wenn sie in Salzstöcken, Granit oder Tonformationen gelagert werden, können wir eine Empfehlung für die Wahl eines Standorts geben. Gerade bei diesen langen Zeiträumen, von denen wir hier sprechen, müssen wir wissen, welche Verbindungen die Stoffe eingehen und unter welchen Umständen sie wieder freigesetzt werden.“

Bislang beruhen Ausbreitungsberechnungen meist auf sogenannten Verteilungskoeffizienten, die durch die Konzentration des Stoffes in der festen und in der flüssigen Phase ermittelt werden. Für längere Zeiträume sind diese Werte jedoch unsicher. „Wie genau die radioaktiven Atome auf ihre Umgebung im Endlager reagieren, kann auf diese Weise nicht bestimmt werden“, erläutert Stumpf.

Der Dresdner Forscher setzt deswegen auf spektroskopische Verfahren wie zum Beispiel die Fluoreszenz-Spektroskopie, die schon seit Jahren intensiv am HZDR genutzt wird, um Strukturinformationen zu erhalten. Sie beruht auf der Eigenschaft einiger radioaktiver Stoffe, Licht auszusenden, nachdem sie bestrahlt wurden. Dadurch lassen sich Proben mittels Laser zum Leuchten anregen. Die abgegebene Strahlung enthält detaillierte Informationen zum zeitlichen Ablauf der Reaktion und der Struktur der entstandenen Verbindung. Auf diese Weise lässt sich ermitteln, ob radioaktive Stoffe tatsächlich fest in Minerale eingebaut werden können. „Wenn sie in der Kristallstruktur verankert sind, können sie über sehr lange Zeiträume von der Ökosphäre ferngehalten werden“, erklärt Stumpf. Neben der Endlagerforschung sieht der Chemiker für das HZDR-Institut aber auch ein großes Potential im Bereich des Abtrennens radioaktiver Stoffe.

Hier sollte sich nach Stumpfs Ansicht der Fokus besonders auf die chemischen Grundlagen für die Trennung der Lanthaniden – eine Gruppe ähnlicher Elemente, zu denen unter anderem die Seltenen Erden Neodym und Europium zählen – von der radioaktiven Gruppe der sogenannten Actiniden richten. „Wenn es uns gelingt, die Actiniden in gewissem Sinne zu säubern, könnten wir zum einen diese hochradioaktiven, langlebigen Stoffe separat lagern. Zum anderen kann diese Technik genutzt werden, um die Seltenen Erden aus konventionellem Abfall, wie dem Elektroschrott, abzutrennen und anschließend wiederzuverwenden.“ In diesem Bereich erkennt der Chemiker Anknüpfungspunkte für gemeinsame Projekte mit dem Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF). So liegt ein Forschungsschwerpunkt des HIFs auf der Entwicklung neuer Methoden, um Seltene Erden und andere versorgungskritische Technologiemetalle wie Gallium, Indium oder Germanium zu gewinnen, aufzubereiten und zu recyclen.

Weitere Informationen
Prof. Dr. Thorsten Stumpf
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
Institut für Ressourcenökologie
Tel.: 0351 260 3210
t.stumpf@hzdr.de
Pressekontakt
Dr. Christine Bohnet
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf
Pressesprecherin
Tel.: 0351 260 2450
c.bohnet@hzdr.de
Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
• Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
• Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
• Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?

Zur Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragen werden fünf Großgeräte mit einzigartigen Experimentiermöglichkeiten eingesetzt, die auch externen Nutzern zur Verfügung stehen.

Das HZDR ist seit 2011 Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Es hat vier Standorte in Dresden, Leipzig, Freiberg und Grenoble und beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter – davon ca. 450 Wissenschaftler inklusive 160 Doktoranden.

Media Contact

Dr. Christine Bohnet Helmholtz-Zentrum

Weitere Informationen:

http://www.hzdr.de/presse/stumpf

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