Weltweit stehen Automobilzulieferer vor der größten Krise ihrer Geschichte

– Ausgewertet wurden Zahlen von 400 Automobilzulieferern, aktuelle Schätzungen zum Finanzergebnis 2008 sowie Befragungen von 100 Vorständen von Zulieferern rund um den Globus

– Umsatz der Zulieferer bricht um 20% bis 40% ein

– Rentabilität im Schnitt so niedrig wie nie

– nach exzellenten Zahlen für 2007 und das erste Halbjahr 2008

– 20 Insolvenzen allein in Deutschland zwischen November 2008 und Ende Januar 2009, über 300 Zulieferer in der Triade in Gefahr

– Krise als Auslöser einer Konsolidierung; gut positionierten Zulieferern eröffnen sich neue strategische Optionen

Drei zeitgleich ablaufende Ereignisse setzen derzeit die weltweite Automobilindustrie massiv unter Druck: Neben dem globalen Abschwung auf den Pkw- und Lkw-Märkten sind das die Umorientierung der Verbraucher hin zu Klein- und Kompaktwagen sowie massive Finanzierungsengpässe in der Autobranche. Weltweit ist der Autoabsatz 2008 um 3% geschrumpft. Besonders hart trifft es die NAFTA, Europa und Japan.

Anfang 2009 liegen die Absatzmengen um 25% bis 35% unter dem Vorjahresniveau. Kaum nachhaltigen Einfluss dürften die in Europa lancierten Förderprogramme haben. Die Folge: Frühestens 2012/2013 wird die Branche an ihr herausragendes Ergebnis von 2007 anknüpfen können. Aber es gibt auch Gewinner. Sie sind im Kleinwagensegment zu finden, das selbst 2008 zulegte, während Luxusautos und SUV dramatisch an Boden verloren haben. Das hat erhebliche Folgen für die Marktanteile einzelner OEMs. Im Zuge dieser Entwicklungen ist die Rentabilität der Zulieferer auf ein neues historisches Tief gefallen.

„Automobilzulieferer sehen sich der bislang größten Krise ihrer Geschichte gegenüber.“ So lautet das Fazit von Marcus Berret, Partner im Automotive Competence Center bei Roland Berger Strategy Consultants. „20 Zulieferer haben allein in Deutschland in den letzten drei Monaten die Waffen gestreckt. Mit deutlich mehr Insolvenzen ist zu rechnen, wenn die Produktionszahlen in der zweiten Jahreshälfte 2009 nicht wieder kräftig zulegen.“

Zurzeit sieht sich die globale Automobilindustrie mit drei weitreichenden Verwerfungen gleichzeitig konfrontiert. Bedingt durch die weltweite Rezession und das hieraus resultierende nachlassende Verbrauchervertrauen sind die Absatzzahlen an den etablierten Märkten um 20% bis 30% eingebrochen. Selbst in einigen BRIC-Ländern gehen die Verkaufszahlen zurück. Zweitens werden wegen geltender CO2-Bestimmungen und sich ändernder Präferenzen der Verbraucher deutlich mehr Klein- und Kompaktwagen zu Lasten größerer Fahrzeuge nachgefragt.

Und drittens haben die Firmen aus dem Automobilsektor derzeit massive Finanzierungsprobleme, die „Liquiditätsengpässe zur Folge haben und es ihnen erschweren, sich Finanzmittel für dringend notwendige Restrukturierungsmaßnahmen zu beschaffen“, weiß Thomas Kästele, Managing Director bei Rothschild.

Weltweiter Abschwung – Autoabsatz im freien Fall

Der weltweite Autoabsatz ist 2008 um 3% geschrumpft, vor allem wegen des desaströsen vierten Quartals. Während der Verkauf von Neuwagen in der NAFTA-Region um 16% und in Westeuropa um 9% zurückging, verzeichneten die Märkte in Russland und der Ukraine noch Zuwächse von 16%. Inzwischen deuten die Absatzzahlen für Januar 2009 eine weitere Beschleunigung des Abwärtstrends an. „Frühestens 2012/2013 werden die Absatzzahlen an das gute Jahr 2007 anknüpfen können“, meint Felix Mogge, Project Manager bei Roland Berger. Unterdessen haben mehrere europäische Staaten Förderprogramme für die Autobranche aufgelegt. „Nachhaltige Auswirkungen aber werden diese Programme nicht haben“, dämpft Mogge die Erwartungen. „Im unteren Segment tätige OEMs mit Niedrigkostenstruktur dürften kurzfristig profitieren. Auf Anbieter aus dem Premium-Segment aber werden sich die Programme vermutlich kaum auswirken.“

Abspecken – Luxuswagen und SUV verlieren an Boden

Zu den Folgen der Krise gehört auch, dass sich die Zusammensetzung des globalen Autoabsatzes spürbar verändert. Während das Kleinwagensegment auch 2008 weiter wuchs (+6%), mussten Luxuskarossen (-19%) und SUVs (-11%) kräftig Federn lassen. Und das hat erhebliche Folgen für die Marktanteile einzelner OEMs. Nahezu alle Firmen mit starker Ausrichtung auf das Luxus- und SUV-Segment mussten Marktanteile abgeben. Einige stärker auf Kleinwagen fokussierte OEMs hingegen konnten ihren Absatz sogar steigern: Skoda und Suzuki beispielsweise um rund 10%.

Alles andere als rund läuft es inzwischen weltweit auch für die Nutzfahrzeugsparte. Einst attraktive „Nischen“-Segmente wie Lkw oder Baufahrzeuge stehen heute so stark unter Druck wie noch nie. „Wir verzeichnen Rückgänge von bis zu 80%“, erläutert Berret. „Von Neuaufträgen im ersten Quartal 2009 praktisch keine Spur.“

Rentabilität der Autozulieferer erreicht historisches Tief

Inzwischen müssen die Automobilzulieferer zusehen, wie sich ihre Finanzkennzahlen rapide verschlechtern. So ist ihre Rentabilität weltweit auf eine Rohertragsmarge von nur noch 3% abgeschmolzen – 2007 waren es noch 5,4%. „Für 2009 prognostizieren wir ein Allzeittief mit einer geschätzten EBIT-Marge um null Prozent“, lautet Berrets düstere Prognose.

Anders als in früheren Abschwungphasen können die Zulieferer derzeit fehlenden Kapitalzufluss aus laufender Geschäftstätigkeit nicht durch frisches Kapital seitens der Eigentümer oder der Kapitalmärkte ausgleichen. Immer zurückhaltender zeigen sich zudem die Kreditversicherer, was die bis dato praktizierte Liquiditätssteuerung mittels Factoring praktisch unmöglich macht. „Viele Zulieferer wenden sich auf der Suche nach Liquidität deshalb bereits an ihre Kunden. Aber für alle ist nicht genug Bares da“, sagt Kästele und ergänzt: „Nur systemrelevante Zulieferer mit nachhaltigem Geschäftsmodell werden überleben.“

Prioritäten der Unternehmens- und Finanzvorstände für 2009

Die Krise überstehen wird unter den Zulieferern nur, wer sich auf zwei Dinge konzentriert: Auf das Sicherstellen kurzfristiger Liquidität und die Restrukturierung der Geschäftsabläufe, um die massiven Überkapazitäten am Markt abzubauen. „Krisen eröffnen denen Chancen, die stabil sind und seit Jahren gut wirtschaften“, so Berrets Einschätzung. In etlichen Segmenten der Zuliefererbranche tummeln sich zahlreiche kleine Anbieter. Erhebliche Überkapazitäten sind an der Tagesordnung. „Diese Krise historischen Ausmaßes hält damit für jene Zulieferer Chancen bereit, die die Konsolidierung und Restrukturierung ihrer Unternehmen und Märkte nicht nur mitmachen, sondern diesen Prozess aktiv vorantreiben“, ist Kästele überzeugt.

Die aktuelle Studie können Sie kostenfrei bestellen unter: http://www.rolandberger.com/pressreleases

Roland Berger Strategy Consultants, 1967 gegründet, ist eine der weltweit führenden Strategieberatungen. Mit 36 Büros in 25 Ländern ist das Unternehmen erfolgreich auf dem Weltmarkt aktiv. 2.000 Mitarbeiter haben im Jahr 2007 einen Honorarumsatz von mehr als 600 Mio. Euro erwirtschaftet. Die Strategieberatung ist eine unabhängige Partnerschaft im ausschließlichen Eigentum von rund 180 Partnern.

Rothschild ist eine führende unabhängige Investmentbank, die weltweit Kunden bei Fusionen und Akquisitionen, Anleihe- und Aktienemissionen sowie Restrukturierungsmaßnahmen berät.

Objektivität, ein weltumspannendes Netz und stabile Kundenbeziehungen sind die Eckpfeiler eines Ansatzes, mit dem Rothschild basierend auf Stabilität, Integrität und Kreativität Mehrwert für seine Kunden schafft. Mit seinen rund 1.000 Beratern ist Rothschild das von Unternehmen, Privatpersonen und Regierungen in der ganzen Welt bevorzugte Beratungsunternehmen.

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