Vulkane gefährden die Schilddrüse

Menschen, die in unmittelbarer Nähe zu einem Vulkan leben, dürften ein höheres Risiko für Schilddrüsenkrebs haben.

Das berichten italienische Forscher im Journal of the National Cancer Institute. Sie registrierten alle neu diagnostizierten Schilddrüsenkarzinome innerhalb von drei Jahren in der sizilianischen Provinz Catania, in der sich auch der Ätna, Europas größter Vulkan, befindet.

Dabei verhärteten sich bisherige Hinweise, dass das Wohnen in der Nähe bestimmter Vulkantypen häufiger zu Krebserkrankungen führt.

„Schon früher stellte man in Island, in den USA oder auf den Philippinen vermehrtes Auftreten von papillärem Schilddrüsenkarzinom in vulkanischer Umgebung fest. In Sizilien gelang nun die erste Kontrollstudie“, berichtet Forschungsleiter Studienautor Riccardo Vigneri von der medizinischen Universität Catania im pressetext-Interview.

Sein Team verglich die Erkrankungen unter den eine Mio. Menschen, die im Umkreis des Ätnas leben, mit denen im Rest Siziliens. „Diese Menschen haben gleiche demografische Merkmale und einen ähnlichen Lebensstil. Rund um den Ätna war der Schilddrüsenkrebs doppelt so häufig“, so Vigneri.

Auch andere Tumore könnten betroffen sein

Besonders häufig zeigten sich papilläre Tumoren mit einer bestimmten Genmutation namens BRAF-positiv, bei der veränderte molekuläre Zellwege Krebszellen entstehen lassen. Das ist ein Hinweis auf eine aggressivere Form der Krankheit. „Auch andere Tumorerkrankungen treten oft in diesem BRAF-positiv-Weg auf, beispielsweise Melanome. Wir möchten daher in ähnlichen weiteren Forschungen beobachten, ob auch der schwarze Hautkrebs in der Provinz Catania auftritt“, berichtet der Studienleiter.

Erreger schlummern in der kalten Lava

Vulkane werden mit einer Vielzahl giftiger Substanzen in Verbindung gebracht (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/090506001/ ). Besonders bedenklich sind dabei Feinstaub- und Nanopartikel sowie zahlreiche andere Gase und Stoffe, die die Atemluft oder das Trinkwasser verseuchen. Vigneri verdächtigt vor allem Letzteres als Überträgermedium für die Krebsauslöser. „Besonders betroffen waren die Menschen der Provinz, deren Trinkwasser aus den Quellen des Ätnas stammt. Das Regenwasser dringt dabei bis zu 150 Meter tief in das Lavagestein ein, erwärmt sich und löst bestimmte Metalle.“

Ebenfalls nur Vermutungen gibt es bisher darüber, welche konkreten Inhaltsstoffe der Lava die Auslöser sind. „Die Werte von Bor, Mangan, Eisen, Vanadium und vom radioaktiven Isotops Radon 222 im Trinkwasser übersteigen in der Provinz Catania häufig die erlaubten Höchstwerte, anders als im restlichen Sizilien. Es ist jedoch ebenso möglich, dass andere, bisher nicht beachtete Elemente den Ausschlag geben“, so der Mediziner.

Eine halbe Milliarde Menschen leben bei Vulkanen

Bedeutung hat die Erforschung allemal, leben doch 500 Mio. Menschen weltweit in direkter Nachbarschaft zu Vulkanen. Allerdings müsse man zwischen den Vulkantypen unterscheiden, betont Vigneri. „Der Ätna ist ein Basaltvulkan und ähnelt damit Vulkanen etwa auf Hawaii oder in Island. Andere Vulkantypen dürften jedoch ganz andere Substanzen freisetzen.“

Abstract des Originalartikels unter http://jnci.oxfordjournals.org/cgi/content/abstract/djp354

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Johannes Pernsteiner pressetext.austria

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