Vorurteile machen gefräßig

Menschen leiden länger an negativen Vorurteilen als sie diese selbst verspüren. Das haben Forscher der Universität Toronto gezeigt. Nachdem sie ihre Testpersonen mit Stereotypen konfrontierten, zeigten diese mehrere negative Verhaltensweisen.

Sie aßen deutlich mehr, waren aggressiver und unkonzentrierter als die Vergleichsgruppe und besaßen auch geringeren Selbstwert. Dieser Effekt war sogar dann gegeben, wenn die am Vorurteil beteiligten Menschen längst entfernt wurden, berichtet das „Journal of Personality and Social Psychology“.

Furcht vor Stereotypen lähmt

„Zwar sehen wir uns selbst nicht allein so, wie uns andere sehen. Doch wir übernehmen viele der Zuschreibungen von außen“, erklärt der Psychologe Lars-Eric Petersen von der Universität Halle-Wittenberg http://www.psych.uni-halle.de gegenüber pressetext. Gefährlich ist dabei die Furcht, bekannte Stereotypen zu erfüllen. „Werden Vorurteile aktiviert, etwa dass Frauen schlecht in Mathematik sind oder nicht einparken können, so erzeugt das Angst, die ablenkt und Anstrengungen lähmt“, erklärt der Experte. Zur Folge hat dies oft schlechtere Leistungen und manchmal auch übermäßiges Essen oder andere Verhaltensänderungen.

Für die Betroffenen ist die Abwehr dieser negativen Folgemechanismen sehr schwierig. „Wichtig ist, sich auf eine Meta-Ebene zu begeben und Vorurteile als solche zu durchschauen. Diese hohe Herausforderung gelingt am ehesten Menschen, die ständig Stereotypen ausgesetzt sind – wie etwa Migranten oder Minderheiten“, so der Experte. Erst durch solches Vorgehen könne es gelingen, die Ruhe zu bewahren und der selbsterfüllenden Prophezeihung aus dem Weg zu gehen.

Ruhig bleiben oder konfrontieren

Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigt Petersen an einem Beispiel. „Ruft jemand bei einem Wissenschaftler an mit der Einstellung, Forscher seien stets arrogant, so ist er vielleicht auch in seiner Frage kurz angebunden und unhöflich. Reagiert der Wissenschaftler entsprechend gekränkt und legt auf, bestätigt er damit nur das Vorurteil. Bleibt er freundlich wie immer, kann er sich zumindest individuell aus dem Stereotyp herausziehen.“

Eine andere Strategie ist es, andere direkt damit zu konfrontieren, dass sie durch ihre Vorurteile anderen das Leben schwer machen. Das gelingt am ehesten Menschen, die an eine Einstellungsänderung des anderen durch Worte glauben, schreibt die Psychologin Carol S. Dweck von der Stanford University http://www.stanford.edu in der Zeitschrift „Psychological Science“. Dieses Vorgehen ist zwar aufwändig, steigert aber das Wohlbefinden des Opfers und kann im Idealfall sogar die soziale Realität verändern. „Wer jemandem widerspricht, der stereotyp handelt, zeigt Hoffnung auf Wandel“, so die Psychologin.

Media Contact

Johannes Pernsteiner pressetext.deutschland

Weitere Informationen:

http://www.utsc.utoronto.ca

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer