Was verursacht Lungenentzündungen im Pflegeheim?

Sie wollen herausfinden, ob das Bakterienspektrum, vor allem die Pneumokokken-Typen, vom allgemeinen Gesundheitszustand der Senioren abhängt. Die gewonnenen Daten können zum einen zur Weiterentwicklung von Impfstoffen beitragen und zum anderen wichtige Hinweise für die Behandlung von Lungenentzündungen bei Patienten aus Pflegeheimen geben.

Obwohl sie viel von ihrem Schrecken verloren hat, muss man die Lungenentzündung mit jährlich etwa 800.000 Erkrankungen und 20.000 Todesfällen allein in Deutschland immer noch zu den Volkskrankheiten zählen. Betroffen sind vor allem Menschen mit noch nicht ausgereiftem oder geschwächtem Immunsystem: Neben Säuglingen und Kindern sind das vor allem ältere Menschen.

Typische Erreger von Lungenentzündungen sind Pneumokokken, Bakterien, die auch Mittelohr- und Hirnhautentzündungen verursachen können und von denen man über 90 Unterarten unterscheidet. „Während das Vorkommen von Pneumokokken bei Kindern und jungen Erwachsenen gut untersucht ist, weiß man nur wenig darüber bei Senioren und fast nichts bei Bewohnern von Pflegeheimen“, so Dr. Anja Kwetkat, Chefärztin der Klinik für Geriatrie am Jenaer Uniklinikum. Die Internistin untersucht deshalb in der PneumoCaRe-Studie zusammen mit einem achtköpfigen Team, welche Pneumokokken- und anderen Bakterienarten bei den Bewohnern von stationären Pflegeeinrichtungen verbreitet sind. Aktuell beteiligen sich mehr als zehn Einrichtungen in Thüringen an diesem Projekt. Unterstützt wird die Studie von der Robert-Bosch-Stiftung und Pfizer.

Darin erfassen die Mediziner auch, unter welchen chronischen Erkrankungen die Senioren leiden, welche Medikamente sie einnehmen, den Impfstatus, die Häufigkeit von Antibiotikagaben und Krankenhausaufenthalten sowie Angaben zum allgemeinen Gesundheitszustand. „Unsere zentrale Frage dabei ist, inwieweit das Keimspektrum im Rachenraum vom Gesundheitsstatus abhängt“, erklärt Anja Kwetkat. „Wir nehmen an, dass wir bei Bewohnern mit einem hohen pflegerischen und medizinischen Versorgungsaufwand andere Bakterien im Nasenrachenraum finden als bei Bewohnern, die aktiv sein können und z.B. regelmäßigen Kontakt zu den Urenkeln haben.“

Die Befragung der Studienteilnehmer dauert etwa eine Stunde, der Abstrich aus Nase und Mund ist völlig schmerzfrei. In mikrobiologischen Untersuchungen am Universitätsklinikum werden daraus die Bakterienstämme und eventuelle Resistenzen bestimmt. Sind Pneumokokken nachweisbar, so ermittelt das nationale Referenzzentrum in Aachen den genauen Untertyp. Damit ist eine Einschätzung möglich, ob die vorhandenen Pneumokokkenimpfstoffe die bei Pflegeheimbewohnern vorkommenden Pneumokokkentypen ausreichend erfassen.

„Auch für die Behandlung von Lungenentzündungen bei Pflegeheimbewohnern wird unsere Studie wichtige Daten liefern“, ist sich Anja Kwetkat sicher. Die erste Antibiotikagabe richtet sich dabei nach dem erwarteten Keimspektrum, und das unterscheidet sich möglicherweise für ambulant erworbene Lungenentzündungen und solche, die im Pflegeheim auftreten. „Das erfasste Erregerspektrum und vor allem die Beurteilung der Bakterienresistenzen werden die Einschätzung unterstützen.“

Kontakt:
Dr. Anja Kwetkat
Klinik für Geriatrie, Universitätsklinikum Jena
Tel. 03641/934901
E-Mail: anja.kwetkat[at]med.uni-jena.de

Media Contact

Dr. Uta von der Gönna idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

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