Versorgungskosten von Demenzpatienten verdoppeln sich im Krankheitsverlauf

Bedingt durch den demografischen Wandel müssen wir in Deutschland in den nächsten Jahrzehnten mit einer stark wachsenden Zahl an Demenzpatienten rechnen. Derzeit leben bereits 1,1 Millionen Menschen mit Demenzen in Deutschland. Bei gleichbleibenden Vorbeugemöglichkeiten und Behandlungsbedingungen wird sich diese Zahl innerhalb der kommenden 30 Jahre verdoppeln.

In Rahmen der multizentrischen „German Study on Ageing, Cognition and Dementia“ (AgeCoDe), die im Rahmen des Kompetenznetzes Degenerative Demenzen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, werden erstmals die durch Demenz verursachten Krankheitskosten in Deutschland im Zeitverlauf und für die verschiedenen Krankheitsstadien ausgewertet. Die von Versicherungen getragenen Kosten werden ebenso berücksichtigt wie auch die unbezahlte, sog. informelle Pflege, die von Angehörigen geleistet wird. Durch den Vergleich mit gleichaltrigen Studienteilnehmern ohne Demenz wurden zudem erstmals in einer deutschen Studie die ausschließlich durch die Demenzerkrankung verursachten Kosten geschätzt.

Danach liegen die durchschnittlichen durch Demenz verursachten Kosten aus gesellschaftlicher Perspektive im leichten Krankheitsstadium pro Patient bei ca. 15.000 Euro jährlich und steigern sich bei schwerer Demenz auf rund 42.000 Euro pro Jahr. Diese Kostensteigerung resultiert in erster Linie aus dem steigenden Pflegebedarf bei fortgeschrittener Krankheit, der im Durchschnitt zur Hälfte durch informelle Pflege gedeckt wird. Die oft diskutierten Ausgaben für Medikamente verursachen dagegen deutlich weniger als fünf Prozent der insgesamt anfallenden Kosten. Dies sind die Ergebnisse einer Auswertung von AgeCoDe-Daten, die kürzlich in der Fachzeitschrift „Acta Psychiatrica Scandinavica“ publiziert worden sind.

Menschen mit einer Demenzerkrankung sind in ihrem Alltag bereits früh auf Unterstützung angewiesen. Die Hauptlast tragen dabei die Familien. Wie wichtig eine Pflege durch Angehörige ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sich das geistige Leistungsvermögen des Demenzkranken unmittelbar nach einer Verlegung ins Pflegeheim meist nachweislich verschlechtert. Durch den zunehmenden Anteil alter Menschen an der Bevölkerung wird die Zahl derer zurückgehen, die Angehörige in den nachfolgenden Generationen selbst pflegen können. Die Folgen sind schwer abschätzbar. Die gesellschaftlichen Kosten der Demenzversorgung waren bislang nicht kalkulierbar, da verlässliche und repräsentative Schätzungen über alle anfallenden Kostenarten (einschließlich der Leistungen von Familien) fehlten.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zeigen die Ergebnisse aus der Studie die ökonomische Dimension der Demenz und verdeutlichen die Notwendigkeit, Strukturen für die Pflege von Demenzpatienten zu entwickeln, die Ersatz für den bisher hohen Anteil an informeller Pflege schaffen können.

Media Contact

Christine Jähn idw

Weitere Informationen:

http://www.uke.uni-hamburg.de

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