VDE fordert Forschungsinitiative "Green IT"

Die Informationstechnik eröffnet große Potentiale, um das gesamte Energiesystem effizienter zu machen. Zugleich müssen aber auch IKT- Systeme (IKT: Informations- und Kommunikationstechnik) selbst energieeffizienter werden. Denn mit den Bandbreiten, mit der zunehmenden Nutzung von Internet und Handys sowie mit der Vielfalt von e-Services wächst der Umfang des Datentransfers und damit auch der Energieverbrauch.

Umso wichtiger wird es unter Kosten- und Klimaschutzaspekten, den Energieverbrauch zu reduzieren und die Energieeffizienz zu steigern. Ansatzpunkte dafür zeigt die aktuelle VDE-Studie „Green IT“ der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE auf. Die Vorschläge reichen von neuen Netzarchitekturen über alternative Gebäudekonzepte und Energieversorgung bis hin zur Performanzbewertung und zum Label für energieeffiziente Systeme. Der VDE plädiert für eine interdisziplinäre Forschungsinitiative, die Universitäten, Forschungsinstitute und die Industrie bei der gemeinsamen Entwicklung weltweit führender Lösungen für energieeffiziente IKT unterstützt.

Rasantes IT-Wachstum mit steigendem Energiebedarf
Allein für „e-Services“ benötigen IKT-Systeme heute weltweit etwa 8 Prozent (160 GW) der global erzeugten elektrischen Leistung. Dieser Anteil wird nach Expertenschätzungen wegen des starken Marktwachstums und der zunehmenden Verbreitung von IKT-Lösungen und bei einem steigenden Anteil von Endgeräten und Data Centern auf etwa 15 Prozent (400 GW) im Jahr 2020 anwachsen. Insbesondere der Energiebedarf der Haushalte für Kommunikationstechnik wird durch den Breitbandausbau deutlich wachsen. Über 50 Prozent des Energieverbrauchs entsteht durch ungenutzte Endgeräte und Netze, da Verfahren zum booten beziehungsweise reaktivieren der Netzverbindungen als zu aufwändig und instabil eingeschätzt werden. Den zweit- und drittgrößten Anteil des Energieverbrauchs der IKT stellen derzeit Datencenter und Netzwerktechnik.

Zurzeit erhöht sich der Datentransfer durch die Datennetzwerke etwa um das Zehnfache pro Jahr, was einer Erhöhung des Energieverbrauchs von circa 16 bis 20 Prozent pro Jahr entspricht. Der Anteil von IKT-Geräten und -Einrichtungen an den CO2-Emissionen wird derzeit auf 2 bis 3 Prozent, die Herstellungsphase der Geräte einbezogen auf 4 Prozent geschätzt. In den vergangenen Jahren verzeichnete das Internet Zuwachsraten von bis zu 100 Prozent pro Jahr. Es ist davon auszugehen, dass dieses Wachstum auch in den nächsten 10 Jahren anhalten wird. Auch mit einer starken Zunahme der Mobilfunkanwendungen ist zu rechnen. Angesichts der prognostizierten Zahlen stellt sich die Frage, wie die Netze der nächsten Generation gestaltet werden müssen, um nicht selbst ein wesentlicher Faktor globaler Emission zu werden. Dies betrifft sowohl den Energieverbrauch an sich als auch die Nachhaltigkeit von Systemen und Komponenten.

Ansatzpunkte und Forderungen für energieeffiziente Lösungen
Vor diesem Hintergrund konstatiert die VDE|ITG-Studie: „Nur wenn Forschung und Entwicklung einen essenziellen Beitrag zur Verbesserung der Energieeffizienz der IT- und TK-Systeme leistet, wird das Wachstum des Internets ohne drastisches Wachstum des Energieverbrauchs, also ohne signifikanten Beitrag der IKT zum CO2 Ausstoß, möglich sein.“ Dementsprechend weitreichend ist auch die Forderung der VDE-Experten: „Energieeffizienz und Nachhaltigkeit muss ein Kriterium der Netzgestaltung und Netzarchitektur der zukünftigen Kommunikationsnetze werden.“

Die Ansatzpunkte für Verbesserungen in Sachen Energieeffizienz sind zahlreich. Im Bereich der Zugangsnetzwerke können insbesondere passive optische Netze die Betriebskosten reduzieren. Für den Bereich der mobilen Funknetze spielen die Verbesserung des Wirkungsgrades der Leistungsverstärker, der passiven HF-Komponenten, der Netzarchitektur und der Protokolle eine dominierende Rolle bei der Reduzierung des Energieverbrauchs. Die Festnetze können durch neue Architekturen und Technologien in ihrem Betriebsverhalten vereinfacht werden. Die Technik des optischen Bypassings elektronischer Prozesse kann Energie sparen und die Komplexität der Netze sowie die Betriebskosten reduzieren. Nicht zuletzt müssen alternative Gebäude- und Energieversorgungskonzepte für die Kommunikationstechnik sowie Verfahren zur Performanzbewertung und Label für energieeffiziente Systeme entwickelt werden.

Gesamtkonzept und Forschungsinitiative dringend nötig
Gerade die Vielfalt möglicher Lösungsansätze zur Reduzierung des Energieverbrauchs in Kommunikationsnetzen und die Komplexität der Thematik zeigen aber auch die Notwendigkeit eines koordinierenden Gesamtkonzepts. Das weitere Vorgehen sollte daher laut VDE in einem interdisziplinären Forschungsprojekt mit Netzwerkbetreibern, Systemherstellern und -integrationshäusern sowie Halbleiterkomponentenherstellern und durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Computer-, Netzwerk-, Nachrichten- und Informationstechnikern, sowie Energie- und Gebäudeexperten abgestimmt werden. Der VDE regt dazu an, eine themenübergreifende Forschungsinitiative zu starten. Sie soll Universitäten, Forschungsinstitute und die Industrie dabei unterstützen, gemeinsam wegweisende Lösungen für energieeffiziente IKT zu entwickeln.

Die VDE-Studie räumt der Forschung und Industrie gute Chancen im internationalen Wettlauf um die Spitzenposition bei „Green IT“ ein, mahnt aber auch zu Eile und zu entschlossenem Handeln: „Deutschland hat hinsichtlich dieses Themas sehr gute Startbedingungen im internationalen Wettbewerb. Allerdings werden derzeit weltweit eine Reihe von Initiativen gestartet, so dass Deutschland Anstrengungen unternehmen muss, den Entwicklungsvorsprung aufrecht zu erhalten. Die Informationstechnische Gesellschaft im VDE bietet ihre Unterstützung für die Definition einer Forschungsinitiative und der erforderlichen Projektcluster an“, fasst Prof. Dr.-Ing. Ingo Wolff, Mitglied im VDE-Präsidium und Vorsitzender der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE zusammen.

Die Studie kostet 250 Euro, für VDE-Mitglieder ist sie kostenlos.

Der Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik (VDE) ist mit 35.000 Mitgliedern, davon 1.300 Unternehmen, und 800 Mitarbeitern einer der großen technisch-wissenschaftlichen Verbände Europas. Der VDE vereint Wissenschaft, Normung und Produktprüfung unter einem Dach. VDE-Tätigkeitsfelder sind der Technikwissenstransfer, die Forschungs- und Nachwuchsförderung der Schlüsseltechnologien Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik und ihrer Anwendungen. Die Sicherheit in der Elektrotechnik, die Erarbeitung anerkannter Regeln der Technik als nationale und internationale Normen, Prüfung und Zertifizierung von Geräten und Systemen sind weitere Schwerpunkte. Das VDE-Zeichen, das 60 Prozent der Bundesbürger kennen, gilt als Synonym für höchste Sicherheitsstandards. Die Technologiegebiete des VDE sind: Informationstechnik, Energietechnik, Medizintechnik, Mikroelektronik, Mikro- und Nanotechnik sowie Automation.

Die Informationstechnische Gesellschaft im VDE (ITG) mit rund 11.000 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik engagiert sich für die Förderung der Informations- und Kommunikationstechnik sowie ihrer Anwendungen und für den technisch-wissenschaftlichen Nachwuchs.

Pressekontakt: Melanie Mora, Tel. 069-6308461, melanie.mora@vde.com

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