Fast ein Viertel aller Deutschen (23 Prozent) stigmatisiert Übergewichtige aufgrund ihres Gewichts. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie mit 1001 Teilnehmern, die das Institut für Ernährungspsychologie an der Universitätsmedizin Göttingen zusammen mit TNS Infratest Consumer & Retail, Frankfurt am Main, im September 2012 durchgeführt hat.
Die Ergebnisse der Untersuchung werden am Samstag, dem 6. Oktober 2012, im Rahmen der 28. Jahrestagung der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) e.V. in Stuttgart präsentiert.
"Stigmatisierung hilft übergewichtigen Menschen nicht, Stigmatisierung motiviert sie auch nicht, sondern verschlimmert das Problem", sagt Priv.-Doz. Dr. Thomas Ellrott, Studienleiter und Leiter des Instituts für Ernährungspsychologie an der Universitätsmedizin Göttingen. "Denn Stigmatisierung und Diskriminierung von Übergewichtigen können zu Depressionen, geringem Selbstwertgefühl und zu einer verringerten Wahrscheinlichkeit eines Abnahmeerfolgs führen."
Weitere Ergebnisse der Studie sind: Die Stigmatisierung von Übergewichtigen nimmt mit dem Alter der Befragten zu. Frauen stigmatisieren stärker als Männer. Mit steigender Bildung nimmt die Stigmatisierung deutlich ab. In den alten Bundesländern werden Übergewichtige stärker stigmatisiert (25 Prozent) als in den neuen Ländern (15 Prozent). Auch das eigene Gewicht der Befragten hat erheblichen Einfluss auf die Bewertung. Unter- und Normalgewichtige stigmatisieren stärker als Übergewichtige oder stark Übergewichtige. Selbstbetroffene haben ein besseres Verständnis für die Situation von Übergewichtigen. Darüber hinaus ergab die Studie einen klaren Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Stigmatisierung und einer möglichen Benachteiligung im Berufsleben. 14 Prozent der Bevölkerung würden, wenn sie Personalentscheidungen zu treffen hätten, Übergewichtige wegen deren Gewichts nicht einstellen.
Übergewicht allein als Folge von Willensschwäche und Faulheit anzusehen, sei wissenschaftlich widerlegt, so Studienleiter Priv.-Doz. Dr. Ellrott. Es gäbe sowohl genetische Ursachen als auch Umwelteinflüsse, die erheblichen Einfluss auf das individuelle Gewicht haben. "Teile der Gesellschaft dürfen Übergewichtige nicht länger als Menschen zweiter Klasse betrachten, sondern müssen ihnen ohne Vorurteile fair begegnen", sagt Ellrott. "Das gebietet allein die Menschenwürde und das ist auch eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Therapie."
HINTERGRUND - DAS PROBLEM DER STIGMATISERUNG
Figurbezogene Diskriminierung und Stigmatisierung werden von vielen, vor allem stark Übergewichtigen häufig erlebt und haben erhebliche Konsequenzen. Stigmatisierung wird als Ablehnung und sozialer Ausschluss empfunden und erfüllt somit viele Charakteristika von körperlichen Schmerzen. Eine gewichtsbezogene Stigmatisierung ist oft mit Depression und geringem Selbstwertgefühl verbunden und führt gerade nicht zu einer gesteigerten Motivation abzunehmen. Im Gegentei: Eine starke Stigmatisierung reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass Übergewichtige erfolgreich ihr Verhalten ändern. In einer kürzlich veröffentlichten Studie konnte gezeigt werden, dass stark Übergewichtige wesentlich mehr aßen, während ihnen - im Vergleich zu neutralen Filmen - Filmmaterial mit Stigmatisierung von Übergewichtigen gezeigt wurde (Schvey et al. 2011). Stigmatisierung von Übergewicht verschlimmert daher die Situation der Betroffenen, anstatt sie zur Verhaltensänderung zu motivieren. Stephan Zipfel und Ansgar Thiel von der Universität Tübingen konnten in einer weiteren aktuellen Studie zeigen, dass vor allem übergewichtige Frauen von Personalentscheidern erheblich stigmatisiert werden und so auch in der Arbeitswelt schlechtere Chancen haben (Giel et al. 2012).
Schvey NA, Puhl RM, Brownell KD: The impact of weight stigma on caloric consumption. Obesity 2011, 19:1957-1962Katrin E Giel, Stephan Zipfel, Manuela Alizadeh, Norbert Schäffeler, Carmen Zahn, Daniel Wessel, Friedrich W Hesse, Syra Thiel and Ansgar Thiel: Stigmatization of obese individuals by human resource professionals: an experimental study. BMC Public Health 2012, 12:525
Weitere Informationen zur DAG-Jahrestagung: http://www.adipositas2012.de/
WEITERE INFORMATIONEN:
Stefan Weller | Uni Göttingen
Weitere Informationen:
http://www.ernaehrungspsychologie.org
http://www.uni-goettingen.de
Weitere Berichte zu: > Consumer Research > Depression > Diskriminierung > Ernährungspsychologie > Infratest > Retail > Selbstwertgefühl > Stigmatisierung > TNS > Universitätsmedizin > Wahrscheinlichkeit > Übergewicht > Übergewichtig
Tabakrauchen verkalkt Arterien stärker als reiner Cannabis-Konsum
11.04.2018 | Universität Bern
»Zweites Leben« für Smartphones und Tablets
16.03.2018 | Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT
Physiker des Labors für Attosekundenphysik, der Ludwig-Maximilians-Universität und des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik haben eine leistungsstarke Lichtquelle entwickelt, die ultrakurze Pulse über einen Großteil des mittleren Infrarot-Wellenlängenbereichs generiert. Die Wissenschaftler versprechen sich von dieser Technologie eine Vielzahl von Anwendungen, unter anderem im Bereich der Krebsfrüherkennung.
Moleküle sind die Grundelemente des Lebens. Auch wir Menschen bestehen aus ihnen. Sie steuern unseren Biorhythmus, zeigen aber auch an, wenn dieser erkrankt...
Physicists at the Laboratory for Attosecond Physics, which is jointly run by Ludwig-Maximilians-Universität and the Max Planck Institute of Quantum Optics, have developed a high-power laser system that generates ultrashort pulses of light covering a large share of the mid-infrared spectrum. The researchers envisage a wide range of applications for the technology – in the early diagnosis of cancer, for instance.
Molecules are the building blocks of life. Like all other organisms, we are made of them. They control our biorhythm, and they can also reflect our state of...
Schweißen ist noch immer die Standardtechnik, um Metalle miteinander zu verbinden. Doch das aufwändige Verfahren unter hohen Temperaturen ist nicht überall...
Ein computergestütztes Netzwerk zeigt, wie die Ionenkanäle in der Membran von Nervenzellen so verschiedenartige Fähigkeiten wie Kurzzeitgedächtnis und Hirnwellen steuern können
Nervenzellen, die auch dann aktiv sind, wenn der auslösende Reiz verstummt ist, sind die Grundlage für ein Kurzzeitgedächtnis. Durch rhythmisch aktive...
Von einer einzigen Stammzelle zur Vielzahl hochdifferenzierter Körperzellen: Den vollständigen Stammbaum eines ausgewachsenen Organismus haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Berlin und München in „Science“ publiziert. Entscheidend war der kombinierte Einsatz von RNA- und computerbasierten Technologien.
Wie werden aus einheitlichen Stammzellen komplexe Körperzellen mit sehr unterschiedlichen Funktionen? Die Differenzierung von Stammzellen in verschiedenste...
Anzeige
Anzeige
Fraunhofer eröffnet Community zur Entwicklung von Anwendungen und Technologien für die Industrie 4.0
23.04.2018 | Veranstaltungen
Mars Sample Return – Wann kommen die ersten Gesteinsproben vom Roten Planeten?
23.04.2018 | Veranstaltungen
Internationale Konferenz zur Digitalisierung
19.04.2018 | Veranstaltungen
23.04.2018 | Physik Astronomie
Sauber und effizient - Fraunhofer ISE präsentiert Wasserstofftechnologien auf Hannover Messe
23.04.2018 | HANNOVER MESSE
Fraunhofer IMWS entwickelt biobasierte Faser-Kunststoff-Verbunde für Leichtbau-Anwendungen
23.04.2018 | Materialwissenschaften