Studie startet: Zahnerkrankungen als Risikofaktoren für herzkranke Patienten ergründen

In einer weltweit einmaligen Studie wollen Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg den Zusammenhang von Erkrankungen des Zahnhalteapparates mit kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkt und Schlaganfall bei Patienten mit koronaren Herzerkrankungen (Beeinträchtigung der Durchblutung und damit der Sauerstoffversorgung des Herzmuskels durch Ablagerungen in den Gefäßwänden durch Atherosklerose) ergründen. Die Studie startet am 1. Oktober 2009.

Bei insgesamt 1.000 stationären Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung der Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin III sollen dabei in Kooperation mit der Universitätsklinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie Zähne und der Zahnhalteapparat untersucht werden. Dabei erfolgt auch ein spezieller DNA-Test, mit dem das Vorhandensein von bestimmten Bakterien überprüft wird.

Die Studie wird unter anderem von der Deutschen Herzstiftung gefördert und erfolgt in Kooperation mit dem Institut für Medizinische Mikrobiologie. Projektleiter sind PD Dr. Axel Schlitt (KIM III: Direktor: Prof. Dr. K. Werdan) und OA Dr. Stefan Reichert (Zahnerhaltungskunde und Parodontologie Direktor: Prof. Dr. H.-G. Schaller). „Ziel der Studie ist es herauszufinden, ob sich die Infektion mit den bestimmten Erregern oder eine Erkrankung des Zahnhalteapparates als Risikofaktoren für Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung erweisen“, sagen die beiden Studienleiter. Sollte dem so sein, könnte durch eine frühzeitige Diagnose und Therapie dieser Risikofaktoren erreicht werden, dass die Patienten länger von solchen Ereignissen wie einem Herzinfarkt verschont bleiben.

Hintergrund: Die Atherosklerose (Verkalkung der Arterien) ist eine Erkrankung, die schon im Kindes- und Jugendalter beginnt. Die Behandlung von atherosklerosebedingten Erkrankungen ist eine der häufigsten ärztlichen Aufgaben in der westlichen Welt. Obwohl es schwierig ist zur Gesamthäufigkeit atherosklerotischer Gefäßkrankheiten verlässliche Zahlen zu finden, wird angenommen, dass mindestens 30 Prozent der mitteleuropäischen Bevölkerung an der häufig noch unentdeckten Erkrankung, insbesondere in Form der koronaren Herzerkankung (Verkalkung der Herzkranzarterien) leiden. Als schwerwiegendste Komplikationen der Systemerkrankung Atherosklerose repräsentieren Herzinfarkte und Schlaganfälle die Haupttodesursachen in entwickelten Ländern.

Heutzutage versteht man diese Erkrankung nicht nur als Verkalkung, sondern mehr und mehr als chronisch-entzündliche Veränderung der Gefäßinnenhaut, wobei die Entzündungsreaktion durch verschiede Faktoren verursacht beziehungsweise verstärkt werden kann. Hierbei stehen die so genannten klassischen Risikofaktoren Diabetes mellitus, arterieller Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen an erster Stelle, jedoch ist heutzutage bekannt, dass weitere Faktoren an der Entstehung und insbesondere dem Fortschreiten dieser Krankheit beteiligt sind. Häufige und/oder chronische Infektionen scheinen hierbei eine wesentliche Rolle zu spielen.

In den vergangenen Jahren konnten zahlreiche Studien aufzeigen, dass speziell Entzündungen des Zahnhalteapparates unter anderem mit der chronischen Entzündungsreaktion im Krankheitsbild der Atherosklerose assoziiert sind. Die Bakterien Porphyromonas gingivalis, Aggregatibacter actinomycetemcomitans, Tannerella forsythensis, Treponema denticola, Prevotella intermedia (und andere) sind maßgeblich verantwortlich für diese Erkrankungen. Bisherige Studien konnten in Vergleichen zwischen an Atherosklerose Erkrankten und Gesunden nachweisen, dass die Erkrankungen des Zahnhalteapprates und die Infektion mit oben genannten Bakterien ein Risikomarker für atherosklerotische Erkrankungen sind.

In der vorliegenden Studie soll erstmalig überprüft werden, ob zum einen das Vorliegen einer Erkrankungen des Zahnhalteapprates, zum anderen die in der Mundschleimhaut nachgewiesenen Infektionen mit den genannten Erregern nicht nur mit dem Auftreten kardiovaskulärer Erkrankungen, sondern auch mit zukünftigen schwerwiegenden Ereignissen (Schlaganfall, Herzinfarkt, Tod) bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung im Gesamtbeobachtungszeitraum von zwei Jahren assoziiert sind.

Alle Patienten werden nach minimal einem Jahr nach der Erstuntersuchung erneut kontaktiert und zu möglichen Ereignissen im Beobachtungszeitraum befragt. Das Auftreten schwerwiegender Ereignisse wie zum Beispiel erneuter stationärer Aufenthalt bei Herzinfarkt wird im Vergleich der Gruppen mit und ohne Erkrankungen des Zahnhalteapparates verglichen.

Media Contact

Jens Müller idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-halle.de

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