Studie gelang der neuronale Nachweis für den Geistesblitz!

Häufig wird angenommen, dass Tiere Assoziationen zwischen sensorischen Ereignissen, dem eigenen Verhalten und den Umweltkonsequenzen (z.B. Belohnung) in einem langsamen, schrittweisen Prozess durch häufige Wiederholung aufbauen. Im Gegensatz dazu können Menschen Regelmäßigkeiten in Ereigniszusammenhängen in nur wenigen Schritten durch „plötzliche Einsicht“ erschließen.

In der Ausgabe der Fachzeitschrift Neuron vom 13. Mai 2010 untersuchten Daniel Durstewitz vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim und sein Kollege Jeremy Seamans von der University of British Columbia, Vancouver, Kanada, die Aktivität von Gruppen präfrontaler kortikaler Neurone bei Ratten während eines Lernprozesses, in dem die Tiere von einer bekannten „visuellen“ Regel zu einer neuen „räumlichen“ Regel wechseln mussten, ohne dass den Tieren andere Hinweise über den plötzlichen Wechsel der Regel zugänglich waren als die veränderte Assoziation ihres Verhaltens mit Futterbelohnungen.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Neuronengruppen der beteiligten kortikalen Areale oft plötzliche Wechsel in ihren Aktivitätsmustern in enger zeitlicher Assoziation mit plötzlichen Änderungen in der Verhaltensstrategie der Tiere zeigten. Diese Ergebnisse unterstützen die Idee, dass Lernen auch bei Tieren oft ein aktiver Entscheidungsprozess ist und weniger durch die stufenweise Verstärkung neuronaler Verbindungen mit wiederholter Erfahrung erklärt werden kann.

Im Kontext der untersuchten Problemlösesituation, in der die Tiere eine neue Regel durch Versuch und Irrtum erschließen mussten, könnten solche relativ plötzlichen Änderungen der neuronalen Antwortmuster und im Verhalten möglicherweise mit Momenten plötzlicher Einsicht korrespondieren, spekuliert

Dr. Daniel Durstewitz vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim.

Auch beim Menschen spielt der präfrontale Kortex eine zentrale Rolle bei höheren kognitiven Prozessen der Entscheidungsfindung, Planung und Problemlösung. Ein wichtiges diagnostisches Tool für präfrontale Störungen (z.B. bei der Schizophrenie) ist der sogenannte Wisconsin-Card-Sorting-Test, der analog zu dem Versuch mit Ratten das Erschließen neuer Regeln durch Versuch und Irrtum erfordert. Die in der Neuron-Arbeit beschriebenen Experimente könnten daher wichtige Erkenntnisse in Bezug auf die Problemlöseverhalten zugrundeliegenden neuronalen Prozesse und deren mögliche Störungen liefern.

Publikation
Abrupt Transitions between Prefrontal Neural Ensemble States Accompany Behavioral Transitions during Rule Learning. Neuron 66, 438-448.
Durstewitz, Daniel 1,4, Vittoz, Nicole M. 2,4, Floresco, Stan B. 3 and Seamans Jeremy K. 2

1RG Computational Neuroscience, Central Institute of Mental Health and Interdisciplinary Center for Neurosciences, University of Heidelberg, J 5, 68159 Mannheim, Germany; 2Brain Research Centre, Psychiatry, Faculty of Medicine, University of British Columbia, Vancouver, BC V6T 2B5, Canada; 3Psychology Department, University of British Columbia, Vancouver, BC V6T 2B5, Canada; 4These authors contributed equally to this work

Kontakt:
Dr. Daniel Durstewitz
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
Tel.: 0621 / 1703-2361
E-Mail: daniel.durstewitz@zi-mannheim.de

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