Schifffahrtstudie: Drei Viertel der Studienteilnehmer rechnen mit sinkenden Frachtraten in den nächsten zwölf Monaten

– Umfrage unter Linien-Reedereien, Charter-Reedereien, Emissionshäusern und Banken

– 75% der Befragten halten einen erneuten Einbruch der Frachtraten innerhalb der nächsten zwölf Monate für wahrscheinlich / Bulker und Multi Purpose Vessels (MPV) besonders betroffen

– Markterholung auf Vorkrisenniveau für MPV erst ab Mitte 2011 erwartet, für Container und Tanker 2012, für Bulker sogar erst Ende 2012

– Wettbewerb und Marktkonzentration werden weiter zunehmen

– Charterreedereien setzen auf Verlagerung ins Ausland und Spezialschiffe, Linienreedereien auf Größenvorteile durch Allianzen

Die deutsche Schifffahrtsindustrie hat die Krise noch nicht überwunden. Die meisten Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die Frachtraten in den nächsten zwölf Monate wieder sinken werden. Das geht aus einer Umfrage der Strategieberatung Roland Berger unter Linien-Reedereien, Charter-Reedereien, Emissionshäusern und Banken hervor. Die Teilnehmer repräsentieren mehr als 1000 Schiffe, mehr als 3 Mrd. Euro emittiertes Eigenkapital in den letzten fünf Jahren sowie eine Kreditsumme von mehr als 80 Mrd. Euro. Ergebnis: Die Mehrzahl der Studienteilnehmer beurteilt die Situation bei Bulkern und MPV als besonders kritisch, aber auch Containerschiffe und Tanker sind betroffen. Mit einer Markterholung auf das Vorkrisenniveau rechnen die Befragten frühestens Mitte 2011, für Bulker sogar erst Ende 2012.

Einig sind sich die Teilnehmer auch darin, dass Wettbewerb und Marktkonzentration weiter zunehmen werden. Die geplanten Konsequenzen sind unterschiedlich: Charterreedereien wollen verstärkt auf die Verlagerung ins Ausland sowie Spezialschiffe setzen, Linienreedereien dagegen auf Größenvorteile durch Allianzen. Die Schiffsfinanzierung steht vor einem radikalem Umbruch: Die Platzierungen von Schifffonds ist eingebrochen, die Banken haben ihre Eigenkapitalanforderungen deutlich erhöht.

„In der Krise sind die Transportmengen im Schnitt um etwa fünf bis zehn Prozent zurückgegangen“, sagt Nils von Kuhlwein, Partner im Kompetenzzentrum Corporate Performance bei Roland Berger Strategy Consultants. „Und auch wenn sich in den meisten Fahrtgebieten die Nettofrachterlöse langsam wieder erholen, glaubt die Mehrheit der von uns befragten Unternehmen, dass die Frachtraten in den nächsten zwölf Monaten wieder sinken werden.“ Bei Bulkern und Multi Purpose Vessels (MPV) sehen mehr als 75 Prozent der Befragten das Risiko wieder sinkender Charterraten. „Die Brancheninsider bewerten dabei die Marktaussichten für Container und Tanker am besten“, sagt von Kuhlwein.

„Aber auch hier überwiegen mit mehr als 60 Prozent die konservativen Einschätzungen deutlich.“ Die Befragten rechnen damit, dass MPV die Krise am schnellsten hinter sich lassen und bereits ab Mitte 2011 wieder das Vorkrisen-Niveau von Ende 2008 erreichen werden. Den Containern und Tankern trauen sie das erst 2012, Bulkern sogar erst Ende 2012 zu.

Weitere Marktkonsolidierung und mehr Wettbewerb

Charterreedereien, Linien-Reedereien, Emissionshäuser und Banken rechnen übereinstimmend damit, dass Marktkonsolidierung und Wettbewerb weiter zunehmen werden. Die Konsequenzen, die sie daraus ziehen wollen, sind jedoch unterschiedlich. „Charterreedereien setzen auf Verlagerung ins Ausland sowie Spezialschiffe, die Linienreedereien dagegen auf Größenvorteile durch Allianzen“, sagt von Kuhlwein.

Reeder: Zwischen Kostensenkung und Status quo

Die Krise hat bei den Reedern zu Liquiditätsengpässen geführt, auf die die Linienreedereien mehrheitlich mit Kostensenkungsmaßnahmen reagiert haben – besonders in den Bereichen Terminals, Transportkosten und Bunker. Um sich auf die nächste Krise vorzubereiten, setzen sie maßgeblich auf höhere Liquiditätsreserven und stärkeres Kostencontrolling. Die Charterreedereien haben dagegen nur in geringem Ausmaß operative Maßnahmen zur Kostensenkung ergriffen und sich auf finanzielle Maßnahmen wie Liquiditätsmanagement und Tilgungsstundung konzentriert. Die befragten Charterreedereien sehen nur geringen strategischen Handlungsbedarf. „Das legt nahe, dass die Charterreeder überwiegend am Status quo festhalten werden“, sagt von Kuhlwein.

Schiffsfinanzierung vor radikalem Umbruch

In der Krise ist die Platzierung von Schifffonds eingebrochen.
Anleger sind derzeit bestenfalls noch zu Investitionen in Bulker oder Spezialschiffe bereit. Die Emissionshäuser haben die Krise besonders durch Tilgungsstundung überwunden. Sie setzen deshalb operativ auf intensives Controlling und die Bildung von Liquiditätsreserven. Strategisch wollen sie künftig ihre Marktanteile ausbauen und sich in Nischenmärkten positionieren.

„Bei den befragten Banken hat die Krise tiefe Spuren in den Bilanzen hinterlassen“, sagt von Kuhlwein. „Derzeit befinden sich rund 29% ihres Schiffskreditportfolio im Workout, also in der Restrukturierung oder Abwicklung – das summiert sich auf einen Betrag von insgesamt rund 23,7 Mrd. Euro.“ Mit den Maßnahmen ihrer Kunden in der Schifffahrtsindustrie, die Krise zu überwinden, sind die Banken daher überwiegend unzufrieden. Handlungsbedarf sehen sie besonders im Liquiditätsmanagement, bei den operativen Kosten und strategischen Maßnahmen. „Besonders in der Finanzierung von Containerschiffen sind die Eigenkapitalanforderungen deutlich gestiegen. Die Befragten sehen Eigenkapitalquoten von jenseits 50% in Zukunft als durchaus realistisches Szenario. „Durch die Krise haben sich die Bedingungen, unter denen Banken Schiffskredite vergeben, nachhaltig verändert“, sagt von Kuhlwein. „In der Zukunft werden harte Sicherheiten bei der Kreditbesicherung wie etwa Kontenverpfändungen oder Kreditversicherungen immer wichtiger. Bürgschaften durch Bund oder Länder werden dagegen an Bedeutung verlieren.“

Die komplette Studie können Sie kostenfrei herunterladen unter:
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Roland Berger Strategy Consultants, 1967 gegründet, ist eine der weltweit führenden Strategieberatungen. Mit 36 Büros in 25 Ländern ist das Unternehmen erfolgreich auf dem Weltmarkt aktiv. 2.000 Mitarbeiter haben im Jahr 2009 einen Honorarumsatz von mehr als 616 Mio. Euro erwirtschaftet. Die Strategieberatung ist eine unabhängige Partnerschaft im ausschließlichen Eigentum von rund 180 Partnern.

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